Der Künstler Shalva Gelitashvili inmitten seiner Glasbilder im Galerieverein. Foto: Simon Granville

Menschen mit düsteren Gesichtern, leuchtende Farben: Der Galerieverein Leonberg zeigt ab Sonntag Arbeiten des georgischen Künstlers Shalva Gelitashvili.

Selbst eine Wand in der Küche des Galerievereins Leonberg ziert jetzt ein Werk von Shalva Gelitashvili. Meint man zunächst eine Frau mit roten Haaren darauf zu entdecken, sieht man in der Figur beim Näherkommen eher einen Mann. Faszinierend, wie sich hier die Grenzen zwischen Mann und Frau vermischen. Ab Sonntag sind Arbeiten des georgischen Künstlers im Galerieverein für die Öffentlichkeit zugänglich.

Eines fällt bei diesem Bild besonders auf – etwas, auf das man bei Gelitashvili immer wieder einmal stößt: die Ränder haben ein Muster wie auf Stoffen. Sie wirken dadurch wie ein Vorhang, der aufgezogen wurde. Letzteres wird bei einem Bild im oberen Stockwerk noch deutlicher, weil die dargestellte Person ihre Hände tatsächlich so hält, als würde sie einen Vorhang aufmachen. Dort erinnern die Muster zu beiden Seiten an portugiesische Fliesen in ihrem charakteristischen Blau.

Zurück zu dem Bild in der Küche: Auffallend ist bei dem Gesicht das dritte kleinere Auge. Allgemein fesseln einen die Augen der Figuren auf Gelitashvilis Arbeiten: Erschrocken aufgerissen erinnern sie an Werke von Edvard Munch. Manche Figuren hat der Maler mit geschlossenen oder schmerzverzerrten Mienen porträtiert oder auch blind. In dieser Welt gibt es keine Fröhlichkeit.

Ein Zebra quert den Zebrastreifen /wk

Die Figuren haben keine fröhlichen Augen

Was soll man von dem jungen Mann auf der Leinwand in einer leuchtend blauen Jacke halten, der den Betrachter kritisch, wenn nicht gar missbilligend anschaut, als hätte er etwas Falsches gesagt. „People are strange“ fährt es einem durch den Kopf. So lautet der Titel der Ausstellung. Vieles kann man in die Werke Gelitashvilis hineindeuten. Sie regen die Fantasie an. Die Szenen, Motive oder Menschen, die der Künstler zeigt, wirken hart und düster. Die leuchtenden Farben mildern dies ab. Viele Bilder wirken surreal oder skurril – so wie das große Bild gegenüber des Eingangs. Dort sitzt ein nackter Mann auf einem grün gestreiften Zebra, das gerade einen Zebrastreifen überquert, dessen Streifen wiederum förmlich schweben. An dem strahlenden Gelb im Hintergrund kann man sich kaum satt sehen. So verbreitet es eine positive Stimmung.

Ein Selbstporträt (rechts) und ein Bild seiner Frau /wk

Auch wenn der Künstler erklärt, dass er nicht religiös ist, verarbeitet er häufig kirchliche Symbole oder religiöse Motive in seinen Bildern. Immer wieder sieht man Fische oder Szenen, die an eine Kreuzigung erinnern, auch ein Apfel ist zu entdecken oder eine Maria, bei der man das Kind nur erahnt. Ein wiederkehrendes Motiv sind allgemein Tiere – besonders rosa Schweine.

Symbole der Kirche und religiöse Motive kehren wieder

Daneben sichtet der Betrachter immer wieder die Zahl 1991 – das Geburtsjahr des Künstlers. Zu sehen beispielsweise auf einem Doppeldecker-Flugzeug, dass ein Junge in der Hand hält, zwei Hunde um ihn herum. Er steht in einer saftig grünen Landschaft. Ein Selbstporträt. Gleich daneben hängt das Bild, das seine Frau als junges Mädchen von hinten darstellt. Mit gepunkteten Gummistiefeln steht sie im Wasser, am Boden ein Teddy, eine Quietscheente und ein Papierschiffchen. Von ihrem Kopf hängt ein weißer Beutel herab, in dem sich, angedeutet, ein Neugeborenes befindet.

Rosa Schweine und andere Tiere sind oft Motive /wk

In der Mitte des Kabinetts im Erdgeschoss sind Glasbilder des Künstlers so zusammengestellt, dass man sie begehen kann. Die Galeristin Katrin Schacher vergleicht den Aufbau mit einem Gewächshaus und erzählt, das diese Werke bereits so bei der Art Karlsruhe 2022 gezeigt wurden. „Die Glasfenster kommen von Abbruchhäusern oder aus dem Sperrmüll“, sagt der Künstler. „Sie bekommen so ein zweites Leben.“ Er bearbeitet sie mit Lackstift und Sprayfarbe. Interessant, wenn sie von beiden Seiten bemalt sind, denn dann spielen sie mit dem Vorne und Hinten und wirken dreidimensional.

Bei den Glasbildern findet sich die Arbeit, die den Bezug zum Titel der Ausstellung herstellt. Neben einer Figur, die sich offensichtlich in einem Raum befindet, hängt ein Bild an der Wand mit einem Clown. Darunter steht: „People are strange / When you‘re a stranger / Faces look ugly! … „not me“. Auch diese leicht veränderten Worte des gleichnamigen Liedes der Band The Doors regen unweigerlich zum Nachdenken an.

Die Bilder regen die Fantasie an

Der Künstler, der in Tiflis an der Kunstakademie studiert hat, ist vor zehn Jahren nach Deutschland gekommen und lebt heute in Stuttgart. „Als ich in Tiflis studiert habe, gab es strenge Regeln“, erzählt er. Es gab keine Verbote, aber einen bestimmten Rahmen, in dem man künstlerisch bleiben musste, weiß Katrin Schacher. Deshalb sei sein Ziel immer ein Studium im Ausland gewesen, so Gelitashvili. „Ich wollte sehen, was ich kann.“ Nach Deutschland zog es ihn, weil es hier mehr moderne Kunst zu erleben gebe. Shalva Gelitashvili gehört zur jungen Generation, die medial beeinflusst sei, betont Katrin Schacher. Comics, Fantasy- und Horrorgeschichten sowie Computerspiele interessieren den Künstler und fließen ebenso in seine Arbeiten ein.

Der Besucher bekommt bei der Ausstellung im Galerieverein viel zu sehen. „Vielleicht sind sie nur etwas für mich“, mutmaßt der Künstler über die Titel, die er seinen Bildern gibt. Er fügt aber hinzu: „Ich lasse da noch Raum, damit der Betrachter selbst etwas herausfinden kann.“

Termine

Vernissage
 Das Amt für Kultur und Sport in Leonberg präsentiert von Sonntag, 24. März, bis Sonntag, 5. Mai, die Ausstellung „People are strange“ mit Arbeiten des Künstlers Shalva Gelitashvili im Galerieverein Leonberg, Zwerchstraße 27 . Die Vernissage am Sonntag beginnt um 11.15 Uhr.

Führung
 Öffentliche Führungen durch die Ausstellung sind am Sonntag, 14. April, um 16 Uhr und Sonntag, 28. April, um 15.30 Uhr vorgesehen.