Margaret Qualley (re.) als Jamie und Geraldine Viswanathan als Marian Foto: dpa/Wilson Webb

Mit „Drive-Away Dolls“ liefert Ethan Coen ohne seinen Bruder Joel – dafür mit seiner Frau Tricia Cooke – ein halbes Coen-Brothers-Roadmovie ab, das zum Schmunzeln und sehr alte Schule ist.

Ethan Coen gilt als der Autor in dem sagenhaften Brüdergespann, das der Kinowelt seit den 90er Jahren etliche Meisterwerke geschenkt hat, Joel Coen als der Regisseur. Von ihnen stammen das Drehbuchautoren-Drama „Barton Fink“ (1991), die Krimi-Groteske „Fargo“ (1996), die Späthippie-Farce „The Big Lebowski“ (1998), sowie der Neo-Western „No Country for Old Men“; darin haben die Filmemacher dem amerikanischen Gewaltalbtraum eine ikonische Gestalt gegeben: Javier Bardem als Bolzenschuss-Mörder mit irrer Frisur.

Ethan Coen hat mit „Drive-Away Dolls“ nun erstmals einen Film ohne seinen Bruder gemacht und dabei selbst Regie geführt. Das Ergebnis ist ein halber Coen-Brothers-Film – in jeder Hinsicht. Mit seiner Frau Tricia Cooke, ebenfalls Autorin, hat Ethan Coen ein Skript verfasst, das im Jahr 1999 spielt und hinlänglich vertraut erscheint: Zwei ungleiche Mädchen geraten aus Versehen an ein Auto, in dessen Kofferraum sie Gipsabdrücke prominenter Penisse – und Schlimmeres finden, weshalb ihnen bald ein paar Gangster-Abziehbilder auf den Fersen sind.

Klischeehafte Situationen und Figuren

Mit wunderbarer Nonchalance schweben die beiden Hauptdarstellerinnen über die Vorhersehbarkeiten hinweg. Margaret Qualley („Maid“) macht aus der lebens- und sexhungrigen Jamie eine prototypische Hedonistin, Geraldine Viswanathan („Bad Education“) aus der artigen Marian eine prototypische Spaßbremse. Stereotyp wirken diese beiden nie, auch wenn sie in klischeehafte Situationen geraten, etwa mit einer Frauenfußballmannschaft, deren Spielerinnen allesamt lesbisch sind.

Coen zeigt den Sex unter Mädchen ausführlich und spielt mit den Rachegelüsten einer betrogenen Polizistin (Beanie Feldstein). Pedro Pascal („The Mandalorian“) als Gauner und Matt Damon („The Martian) als Senator haben gewollt peinliche Kurzauftritte. Oft münden Szenen in psychedelische Traumsequenzen. Die behämmerten Gangster führen absurde Dialoge über Stil und Umgangsformen. Marian war als Kind eine Spannerin, begünstigt durch eine ständig nackt am Pool liegende Nachbarin. Und ein Soundtrack von Linda Ronstadt („Blue Bayou“) bis Funkadelic („Maggot Brain“) setzt plakative Akzente.

Weit weg von der Größe der Brüder- Filme

Manches ist da durchaus zum Schmunzeln, aber weit weg von der zum Niederknien präzisen komödiantischen Brillanz der brüderlichen Kollaborationen. Überworfen haben sich die Coens offenbar nicht. Sie seien nach dem grandiosen Episoden-Western „The Ballad of Buster Scruggs“ (2018) nur ein wenig gelangweilt und müde gewesen vom Filmemachen, sagte Ethan Coen der Nachrichtenagentur AP. Es besteht also Hoffnung, dass es eines Tages doch noch einmal einen ganzen Coen-Brothers-Film gibt.

Drive-Away Dolls. USA 2024. Regie: Ethan Coen. Mit Margaret Qualley, Geraldine Viswanathan, Pedro Pascal, Matt Damon. 84 Minuten. Ab 16 Jahren. Start: 7. März