Zwei Airbus A400M der Luftwaffe landen zu Beginn des internationalen Luftwaffen-Manövers Air Defender 2023 am Fliegerhorst Wunstorf in der Region Hannover Foto: dpa/Julian Stratenschulte

Am Montag hat eine der größten Militärübungen der Nachkriegszeit begonnen. Auch über der Region Stuttgart werden Nato-Kampfjets fliegen. Was genau vor sich geht und mit welchen Flug-Einschränkungen zu rechnen ist, lesen Sie hier.

Bei Air Defender 2023, der größten Verlegeübung von Kampfflugzeugen seit dem Bestehen der Nato, will die Bundesluftwaffe Einschränkungen im Luftraum über Deutschland „so gering wie möglich“ halten. Allerdings werde es in den drei militärisch genutzten Luftübungsräumen täglich zeitversetzt für etwa zwei Stunden keinen zivilen Flugverkehr geben, teilt die Luftwaffe mit.

Was geschieht vom 12. bis 23. Juni?

Der deutsche Luftraum wird vom 12. bis zum 23. Juni Schauplatz der größten Luftwaffenübung seit Ende des Kalten Kriegs sein. Laut Bundeswehr werden 220 Flugzeuge, 23 verschiedene Jet-Typen sowie rund 10.000 Soldaten aus 24 Nato-Staaten teilnehmen. Davon entsenden sechs Länder Beobachter oder sind logistisch beteiligt. 64 Flugzeuge steuert die Bundesluftwaffe bei.

„Wir fliegen an zehn Tagen im gesamten Übungszeitraum. Zehn von 365 Tagen. Ich denke, das ist ein hinnehmbarer Anteil für die Verteidigung unserer aller Freiheit und Demokratie“, betont der Inspekteur der Luftwaffe, Generalleutnant Ingo Gerhartz.

Wo befinden sich die Lufträume im Südwesten, in denen das Militär übt?

Der Großteil von Air Defender 2023 wird im Norden und Osten Deutschlands abgehalten. Die Vielzahl der Flugzeuge aus anderen Nationen wurde dort untergebracht. Allerdings befinden sich auch zwei der Übungslufträume im Süden.

Einer davon beginnt etwa hinter der Grenze zu Rheinland-Pfalz und erstreckt sich bis über das gesamte Saarland. Hier werden die eigentlichen Kriegsspiele stattfinden.

Der andere Luftraum liegt großteils über Bayern, berührt aber auch Teile der baden-württembergischen Landkreise Göppingen und endet in etwa an den Kreisgrenzen zu Esslingen und Rems-Murr.

„Dieser Luftraum ist sozusagen unser Aufmarschgebiet“, sagt Oberstleutnant Jürgen Schönhöfer, der Kommodore des Taktischen Luftwaffengeschwaders 74 in Neuburg an der Donau. Auch Luftbetankungen der Kampfjets werden hier stattfinden. „Wir benutzen für Air Defender in weiten Teilen jene Lufträume, die wir auch bisher für unsere Übungen genutzt haben.“

Inwiefern ist die Region Stuttgart von dem Manöver betroffen?

Flugübungsgebiete in Süddeutschland während Air Defen der 2023. Foto: Yann Lange/Open Street

Sowohl Stuttgart selbst als auch weite Teile der Region liegen in einem speziell eingerichteten Korridor, der die beiden südlichen Übungslufträume miteinander verbindet.

Dieser beginnt etwas südlich der Autobahn A8 und verläuft etwa parallel zu ihr, im Norden endet er in einer Linie zwischen dem Raum Heidelberg und dem Ostalbkreis. „In diesem Korridor werden keine Luftkämpfe und auch keine Luftbetankungen stattfinden“, betont Schönhöfer.

Der Korridor, in dem sich unter anderem der Stuttgarter Airport befindet, werde nie komplett für zivile Flugzeuge gesperrt. „Wir werden dort lediglich auf genau definierten Flughöhen fliegen“, erklärt der Geschwaderkommandant.

Flugbewegungen durch Kampfjets werde es geben, aber keine Tiefflüge. Bei klarer Sicht könnten durchaus Militärjets zu sehen sein. Mit einer großen Lärmbelastung rechne er aber nicht: „Vor allem die amerikanischen A-10, die von Lechfeld aus fliegen, sind nicht besonders laut.“

Kommt es wegen der Übung zu Verspätungen bei Flugreisen?

Die Übungslufträume in Deutschland werden für die Übung niemals alle gleichzeitig, sondern wechselweise für Kampfflugzeuge reserviert. Dies geschieht mit zeitlicher Staffelung – in den südlichen Lufträumen wird beispielsweise von 13 bis 17 Uhr geflogen.

Passagierflugzeuge müssen die betroffenen Gebiete zu diesen Zeiten umfliegen. Die Deutsche Flugsicherung (DFS) hat jüngst bekannt gegeben, dass Simulationen im Vorfeld gezeigt hätten, dass es wohl nicht zu Flugausfällen kommen werde.

Flugverspätungen sowie verlängerte Flugzeiten dagegen werden unausweichlich sein“, heißt es in einer Mitteilung. Im Zeitraum der Übung werde die DFS ihr Personal „in außergewöhnlichem Umfang aufstocken“. Fluggesellschaften und Flughäfen seien schon früh mit allen relevanten Informationen versorgt worden.

Info: Air Defender 2023

Was ist Air Defender 2023?
Es handelt sich dabei um ein multinationales Übungsszenario der Nato-Länder für Luftoperationen verbündeter Luftstreitkräfte. Ziel ist es, die Kooperation der teilnehmenden Nationen zu verbessern, auszuweiten und die Stärke des Bündnisses nach innen und außen zu demonstrieren.

Was bezweckt Air Defender 2023?
Das Szenario ist einem Artikel-5-Beistandsszenario (sogenannter Bündnisfall) der Nato nachempfunden. Das bedeutet: Der Bündnisfall beschreibt eine strategische Lage, in der eine von einem der jetzt 31 Mitgliedstaaten aufgrund eines militärischen Beistandsvertrages eingegangene Verpflichtung wirksam wird. Diese besteht darin, in einen Krieg einzutreten, den der jeweilige Bündnispartner führt, bzw. einen Krieg zum Schutze dieses Partners zu beginnen. Eine solche Möglichkeit der sogenannten kollektiven Verteidigung (Recht auf Selbstverteidigung) wird in Artikel 51 der Charta der Vereinten Nationen explizit vorgesehen, bis der UN-Sicherheitsrat angemessene Maßnahmen trifft.

Was wird bei „Air Defender 2023“ geübt?
Die an Air Defender 2023 teilnehmenden Streitkräfte üben die gemeinsame Reaktionsfähigkeit ihrer Luftstreitkräfte bei einer Krisensituation. Deutschland übernimmt die Rolle eines Verteidigungsknotenpunkts innerhalb Europas. Während der zwei Wochen dauernden Übung verlegt die US United States Air National Guard 100 Flugzeuge nach Europa.