Blick in das Depot des Amsterdamer Rijksmuseums, das Collectie Centrum (CCNL). Foto: dpa

Der jetzt vergebene Architekturpreis Breeam würdigt Bauten, die ganz der Nachhaltigkeit verschrieben sind. Dabei erweist sich ein Nachbarland Deutschlands als Vorreiter.

Die Kälte im Winter wird gespeichert, um das Gebäude im Sommer zu kühlen. Regenwasser wird gesammelt und unter anderem genutzt, um Toiletten zu spülen. Dieser bewusste Umgang mit Ressourcen hat das Collectie Centrum im niederländischen Amersfoort zu einem Gewinnergebäude gemacht. Das Depot des Amsterdamer Rijksmuseums ist eines der Gebäude, die jetzt in London mit dem sogenannten Breeam-Preis ausgezeichnet wurden.

Breeam steht für Building Research Establishment’s Environmental Assessment Method – die britische gemeinnützige Organisation BRE zertifiziert nach dieser Methode Bauten in aller Welt. Mehr als zwei Millionen Gebäude in mehr als 90 Ländern sind für eine Zertifizierung registriert, mehr als eine halbe Million ist bereits damit durch. Seit einigen Jahren zeichnet die Organisation jährlich Gebäude aus, die in Sachen Nachhaltigkeit als Vorreiter anzusehen sind.

Der deutsche Bausektor schafft die gesteckten Klimaziele nicht

Solche Vorreiter in der Baubranche sind dringend notwendig. Der Gebäudesektor gehört zu den größten Klimasündern und Baustellen auf dem Weg zur Klimaneutralität. In Deutschland riss er im vergangenen Jahr erneut die verbindlichen Sektorziele. Trotz einer Minderung lag er bei rund 115 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten – die gesetzlich erlaubte Jahresemissionsmenge gemäß Klimaschutzgesetz liegt bei 113 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten. Dort sowie im Verkehrssektor bestehe der „größte Handlungsdruck“, sagte der Klima-Staatssekretär Patrick Graichen kürzlich. Nun muss nachgebessert werden.

„Wir müssen deutlich schneller werden“, meint auch der Breeam-Direktor Shamir Ghumra. Er will mit den Auszeichnungen die Aufmerksamkeit auf Positivbeispiele lenken. Die bei der Breeam-Zertifizierung am besten abschneidenden Bauten landen automatisch auf einer Nominierungsliste, eine Jury wählt dann die Sieger aus.

Das Gebäude reguliert die Raumtemperatur selbst

Das Collectie Centrum gewann diesmal in der Kategorie Öffentlicher Sektor. Vier Sammlungen von vier Museen werden hier deponiert. Das Gebäude soll, so schreibt das Rijksmuseum auf seiner Internetseite, so weit wie möglich selbst seine eigene Raumtemperatur regeln. Da nur die Außenwände isoliert sind, aber der Fußboden nicht, schaffen die darunter liegenden Erdschichten eine konstante Temperatur von 12 bis 15 Grad – perfekt für die Lagerung von kostbaren Objekten.

Kluge Nutzung der Restwärme

In der Kategorie kommerzielle Projekte wurde ein Distributionszentrum der Supermarktkette Hoogvliet ausgezeichnet, ebenfalls in den Niederlanden ansässig. Eine Besonderheit des 2020 zwischen Rotterdam und Den Haag eröffneten Zentrums ist sein Kühlsystem: Die Restwärme der Kühlung, mit der etwa die Temperaturen für Tiefkühlprodukte heruntergefahren werden, wird für die Erwärmung der Büros genutzt. Außerdem verfügt das Zentrum mit mehr als 20 000 Quadratmetern Solaranlagen über eine der größten Dachflächen des Landes, die so genutzt werden.

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Um nach den Breeam-Regeln zertifiziert zu werden, müssen Gebäude einen ganzheitlichen Anspruch verfolgen. „Es reicht nicht, wenn ein Gebäude unglaublich energieeffizient ist, aber die Luftqualität in den Räumen nicht gut ist oder die Ressourcennutzung“, sagt Ghumra. Um in der Bewertung der Organisation gut abzuschneiden, müssen alle relevanten Maßstäbe stimmen. Beim Preis spielt außerdem eine Rolle, ob die genutzten Lösungen in anderen Bauten zum Einsatz kommen, also anderen Architekten, Planern oder Eigentümern zur Inspiration dienen.

Dass die holländischen Projekte zu den Spitzenreitern gehören, ist für Shamir Ghumra keine Überraschung. Die Niederländer hätten bereits seit einiger Zeit klimafreundliches Bauen erfolgreich gefördert und damit auch Eigentümern und Investoren die Planung erleichtert. Ghumra rät anderen Regierungen, ähnliche Anreize zu setzen.

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