Trump und Haley lieferten sich in South Carolina erneut ein Duell um die Nominierung ihrer Partei für die Präsidentenwahl am 5. November. Foto: Alex Brandon/AP/dpa

Nikki Haley hatte auf ein Heimspiel gehofft, doch wie erwartet gewinnt Donald Trump die Vorwahlen der Republikaner in South Carolina. Warum fallen seine Versprechungen auf so fruchtbaren Boden?

Charleston/Columbia (dpa) – Nein, mit Reportern wolle sie eigentlich nicht sprechen, sagt Karen Stevens und bleibt dann trotzdem ein wenig unentschlossen auf dem Parkplatz einer Militärakademie in Charleston stehen. Gerade hat dort eine Wahlkampfveranstaltung für den republikanischen Präsidentschaftsbewerber und Ex-Präsidenten Donald Trump geendet. Wo Karen politisch steht, ist auch ohne Worte schnell geklärt: Auf ihrem verwaschenen Käppi prangen die Worte "God, Guns & Trump". In einer durchsichtigen Plastiktasche trägt sie eine Bibel bei sich. Ihr T-Shirt: Trump. Das Schild in ihrer Hand: Trump. 

Am Tag darauf gewinnt der 77-Jährige wie erwartet die Vorwahl der Republikaner im US-Bundesstaat South Carolina gegen seine Konkurrentin Nikki Haley, die ausgerechnet in ihrer Heimat eine weitere Niederlage einfährt. Die 52-Jährige gilt vielen als Inbegriff des Establishments und kann bei der Mehrheit der Parteibasis einfach nicht überzeugen. Trump hingegen schon, mehr noch: "Ich glaube, er wurde von Gott auserwählt", sagt Kathy Mogy vor der Halle in Columbia, wo Trump seinen Wahlsieg feiert. 

Auch Karen auf dem Parkplatz in Charleston lässt sich am Tag vor der Wahl doch auf einige Fragen ein, erklärt, ihr gehe es dieses Jahr primär um den Grenzschutz. Fast beiläufig erwähnt sie aber auch, zuletzt vier Jobs gleichzeitig gehabt zu haben. "Es ist schwer, informiert zu bleiben, wenn man so viel arbeitet", sagt Karen und betont, die Medien würden ohnehin lügen, oder nur sehr selektiv berichten. Diese Haltung kommt in Gesprächen auch jenseits von Wahlkampfveranstaltungen immer wieder vor - besonders auf dem Land. Wie Karen fühlen sich viele Menschen von der Politik missverstanden, hegen großes Misstrauen gegenüber den "Mainstream-Medien" und Washington im Allgemeinen. 

Wahlkampf mit Verlustängsten

Trumps Slogan lautet nicht ohne Grund "Make America Great Again". Er spricht zu einer Sehnsucht in der republikanischen Basis nach vermeintlich verloren gegangenen christlichen Werten, aber auch nach einer Zeit, in der es vielen Menschen wirtschaftlich objektiv besser ging. Seine Anhänger eint die Angst vor Verlust in verschiedener Form. Und der Golf spielende Immobilienmogul mit dem goldenen Wolkenkratzer in Manhattan und einem Schloss in Florida verkauft sich ihnen allen erfolgreich als Erlöser. 

Dabei ist sein Erfolgsrezept seit 2016 im Grunde gleich geblieben: Das politische System brandmarkt er als korrupt und ineffektiv, für komplexe wirtschaftliche Probleme bietet er einfache Erklärungen. Im Gegensatz zu anderen Politikern, die gerne mit hochgekrempelten Hemdsärmeln "Nähe zum Volk" suggerieren, versucht Trump gar nicht erst, so zu tun. Genau das macht ihn für seine Anhänger authentisch. Dass er nun auch noch mit verschiedensten Strafverfahren konfrontiert ist, spielt da perfekt in das Narrativ des selbstlosen Kämpfers für den kleinen Mann. 

"Mein Vater ist Milliardär", betont auch Sohn Don Jr. bei der Wahlkampfveranstaltung in Charleston, zu der Karen gekommen ist. "Und wenn sogar ich im Supermarkt angepisst bin, hat das etwas zu bedeuten." Für die Aussage, US-Steuergelder sollten ins eigene Land fließen und nicht in Form von Hilfen an die Ukraine, bekommt er besonders viel Applaus. Immer wieder verwebt er Verschwörungstheorien etwa über den Kapitol-Sturm in seine Rede. An einer Stelle deutet Don Jr. ohne Bezug zur Realität an, ihm könne wegen der Prozesse gegen seinen Vater die Todesstrafe drohen. Die Implikation: Das System ist gegen uns, und deshalb auch gegen Euch.

Arbeitslosigkeit, stagnierende Löhne, fehlende Infrastruktur

Botschaften wie diese verfangen in South Carolina, wo nahezu die Hälfte aller Menschen inzwischen Schwierigkeiten hat, Grundbedürfnisse wie Miete, Lebensmittel oder Krankenversicherungskosten zu decken. Zwar hat die Wirtschaft des Bundesstaats insgesamt betrachtet seit der Corona-Pandemie einen Aufschwung erlebt. Dieser konzentriert sich jedoch hauptsächlich auf die großen Ballungsräume und die Küstengebiete, die vom Tourismus profitieren. 

Ländliche Regionen bleiben weitgehend abgehängt - dort kämpfen die Menschen mit Arbeitslosigkeit, stagnierenden Löhnen und fehlender Infrastruktur. In fast allen von South Carolinas 46 Landkreisen gibt es sogenannte Lebensmittelwüsten, es fehlt also der Zugang zu frischer und gesunder Nahrung. Überall sind die Menschen mit höheren Preisen als vor der Pandemie konfrontiert. In den USA bedeutet dies, dass viele für lebensnotwendige Ausgaben ihre Kreditkarte zücken müssen und die Schulden von Monat zu Monat weitertragen. 

Anbiederungsversuche bei schwarzen Wählerinnen und Wählern

Am Abend vor der Vorwahl spricht Trump bei einer Spendengala zu einem Publikum aus mehrheitlich schwarzen Republikanern in Columbia. Rund ein Viertel der Bevölkerung des Bundesstaats ist schwarz, wesentlich mehr als im Rest des Landes. "Viele Leute sagen, dass die Schwarzen mich deshalb mögen, weil sie so sehr diskriminiert wurden", versucht Trump, Anknüpfungspunkte zu finden und macht dann einen Vergleich, den unter anderem der Präsident der Bürgerrechtsorganisation NAACP später als rassistisch verurteilt: Er sei ebenfalls Diskriminierung im Justizsystem ausgesetzt, sagt Trump, wegen der Strafverfahren, die gegen ihn laufen. 

Das Publikum klatscht zwar, ist aber nicht wirklich repräsentativ für seinen Rückhalt bei der schwarzen Wählerschaft - die unterstützt in South Carolina sowie landesweit traditionell Demokraten. 

Am Ende unterstreicht Trumps Sieg am Samstag aber nicht nur seine schier ungebrochene Anziehungskraft auf die vornehmlich weiße Parteibasis der Republikaner. South Carolina gilt auch als Schlüsselstaat in den Vorwahlen: Das hiesige Ergebnis sagt gewöhnlich verlässlich voraus, wer am Ende republikanischer Spitzenkandidat wird. Mit einer Ausnahme 2012 bekam der Sieger von South Carolina seit 1980 immer auch die Nominierung der Partei.