Selbst Wintermäntel kommen in knalligen Farben. In der Männermode geht es ebenfalls farbenfroh zu. Ganz schön bunt: Fashion-Week in Rom Valentino präsentiert einen knallgelben Mantel. Selbst Wintermäntel kommen in knalligen Farben. In der Männermode geht es ebenfalls farbenfroh zu. Ganz schön bunt: Fashion-Week in Rom Valentino präsentiert einen knallgelben Mantel. Selbst Wintermäntel kommen in knalligen Farben. In der Männermode geht es ebenfalls farbenfroh zu. Ganz schön bunt: Fashion-Week in Rom Valentino präsentiert einen knallgelben Mantel. Foto: The Notebook/

Pink, Hellgrün, Orange oder Zitronengelb – auf den Laufstegen der Modenschauen in diesem Jahr sind vor allem knallige Farben zu sehen. „Dopamin Dressing“ heißt der neue Modetrend für die kommende Saison. Auch im Herbst und Winter soll es bunt bleiben.

Während der graue Winter so manchen Blues zutage fördert, erweckt der Sommer mit all seinen reichhaltigen Farben unsere Lebensgeister: bunte Blumenwiesen, sattgrüne Wälder, die leuchtend gelbe Sonne und ein strahlend blauer Himmel. Unsere Stimmung steigt proportional zu vermehrter Lichteinstrahlung und dem Erblühen der Natur. Doch nicht nur Flora und Fauna sprühen nun vor Farben, auch so mancher Mensch sieht aus wie eine blühende Sommerwiese höchstselbst: Man trägt Grün, Pink, Rot, Blau, Gelb, Orange oder alles durcheinander; als Hose, Bluse oder Kleid. Knallbunt ist im Trend – und der ist anscheinend sogar gesund.

Bunte Farben machen uns fröhlich

„Dopamine Dressing“ nennt sich diese Mode, und wie auch beim Lächeln werden beim Anblick bunter Farben Endorphine wie das Dopamin vom Gehirn ausgeschüttet. Die Idee geht zurück auf die US-amerikanische Modepsychologin Dawnn Karen vom Fashion Institute of Technology in New York. Karen nennt sich wohl gerne auch „The Dress Doctor“. Ihre Theorie: Durch die bewusste Auswahl von Kleidung in bunten Farben können man seine Stimmung steigern, denn leuchtende Farben schütteten das Glückshormon Dopamin aus. Sie untersuchte zum Beispiel auch, wie sich während der Corona-Lockdowns das Tragen bunter Kleidung auf die Stimmung von Probandinnen und Probanden auswirkte. Im Ergebnis verbesserte sich die Laune bei allen deutlich.

Eine Studie der Bergischen Universität Wuppertal zeigte zum Beispiel auch, dass sich bunte Wände und Beleuchtung auf der Intensivstation eines Krankenhauses positiv auf das Befinden der Patienten sowie auf die Motivation der Angestellten auswirkten.

Wer nur in grau rumläuft, wird leicht übersehen

„Wenn Sie jemanden anlächeln, lächelt er zurück. Fröhliche Farben funktionieren genauso“, sagt Axel Buether, Professor für Didaktik der visuellen Kommunikation an der Bergischen Universität Wuppertal, internationaler Farbforscher und Autor des Buches „Die geheimnisvolle Macht der Farben“. „Wenn Sie sich grau anziehen, dann werden Sie oft gar nicht gesehen“, weiß der Farbexperte. „Sie können also mit Farben verschwinden oder aber wahrgenommen werden. Bunte Farben wirken sehr fröhlich und lebensbejahend. Das wirkt sich positiv auf den Träger und sein Gegenüber aus.“

Unser Sehnerv überträgt Impulse vom Auge an das Gehirn, wo die visuelle Information verarbeitet wird. Somit haben Farben Einfluss auf unser Nervensystem und beeinflussen unser Denken und Handeln. Sie können beruhigen, anregen oder warnen.

Farben haben immer eine Botschaft

Früher trug Buether, so sagt er, schwarze Kleidung, bis er merkte, damit keinen guten Draht zu seinen Studierenden zu bekommen. Er stieg um auf Rosa, Orange und Violett und schaffte damit sofort eine Nähe. „Mit Farben kann man Ziele verfolgen, seriös, kommunikativ, distanziert, dynamisch oder offen wirken.“

Beim bunten Feuerwerk des „Dopamine Dressings“ macht das Gehirn vermutlich ein paar muntere Hüpfer, und der Träger erweckt den Eindruck, ein sehr freundlicher Zeitgenosse zu sein. Ein Diktator mit Blümchenkrawatte ist unwahrscheinlich anzutreffen.

Auch bei Beerdigungen ist Dopamine Dressing eher unangebracht und ebenso beim Bewerbungsgespräch, will man seriös wirken und möchte gern den Job im Bankenvorstand ergattern. „Doch wenn ich ein sehr offener, kommunikativer Typ bin, darf ich mich natürlich auch beim Bewerbungsgespräch nicht ausschließlich grau anziehen, sondern dann brauche ich ein paar Accessoires, die eine Offenheit und Teamfähigkeit unterstreichen.“ Der alte Spruch „Das Auge isst mit“ gilt nicht nur für die Nahrungsaufnahme, sondern auch für Kleidung. Unser Unterbewusstsein leitet uns. Ein trostloses Porridge auf dem Frühstückstisch regt unser Gehirn weniger an als der bunte Obstsalat. Eine Dame im Bus mit grauem Pulli verblasst neben ihrer Sitznachbarin in bunt gepunkteter Bluse. Bei ihr freut sich unser Gehirn sofort.

Was eine Farbe auslöst, ist recht individuell

Das gilt für Jung und Alt, sagt Buether: „Bunte Farben halten auch Senioren fit. Diese wirken kommunikativer und insgesamt vitaler.“ Die Oma in leuchtendem Pink fällt auf, wirkt lebensfroh und jünger als ihre Altersgenossin in der beigen Kittelschürze. Graue Haare sind zwar authentisch, machen aber deutlich älter als ein bisschen Rot oder Blond. „Es gibt jedoch keine guten und schlechten Farben“, erklärt der Farbpsychologe. „Was genau eine Farbe auslöst, ist individuell und abhängig von Erfahrungen.“

Nun ist es leicht, im Sommer den Mut für knallige Farben aufzubringen. Der Alltag im Winter ist die Krux. Wenn also bald schon die Lebkuchen in den Regalen stehen und die ersten Winterklamotten in den Schaufenstern drapiert werden, dann sollte man die üblichen gedeckten Winterfarben links liegen lassen und farbenfroh für die kalte Jahreszeit shoppen. So können wir unser Gehirn austricksen und uns ganzjährig Blumenwiesen, Laubwälder oder Seerosenfelder in unser Gehirn zaubern.