Die lateinamerikanischen Staaten wie Brasilien mit seinem Präsidenten Lula fühlen sich von den Europäern oft bevormundet. Foto: AFP/Timon Ramboer

Das Treffen in Brüssel bringt die Unterschiede zwischen der EU und den lateinamerikanischen Staaten zutage, kommentiert unser Korrespondent Knut Krohn.

Der Optimismus ist verflogen. Nach dem Regierungswechsel in Brasilien hoffte man in der EU, dass das Projekt einer europäisch-lateinamerikanischen Freihandelszone nun endlich Realität werden könnte. Doch der zweitägige Gipfel in Brüssel zeigt vor allem, wie groß die Differenzen zwischen beiden Seiten sind. Besonders bitter stoßen bei den Mercosur-Staaten die Nachforderungen zum Schutz des Regenwaldes auf. Die EU vernachlässige die wirtschaftliche Perspektive, heißt es. Auch Brasiliens neuer Präsident und Hoffnungsträger Luiz Inácio Lula da Silva weist die Vorschläge der Europäer als Bevormundung und eine Bedrohung für Lateinamerika zurück. Er wirft Brüssel „grünen Protektionismus“ vor.

Lateinamerika fühlt sich bevormundet

In den Augen von Lateinamerika sollte die Europäische Union nicht mit solchen Forderungen auftreten, sondern sich eher Gedanken über Reparationszahlungen für die Folgen des Klimawandels und die Kolonialzeit machen. Offensichtlich wird, dass die Europäer auf diese Sichtweise keine Antwort haben.

Die Konkurrenz aus den USA und China

Die Mercosur-Staaten wissen, dass sich ihre Verhandlungsposition durch den russischen Überfall auf die Ukraine verbessert hat. In Lateinamerika liegen Ressourcen, die Europa bisher aus Russland bezogen hat und die für die grüne Wende benötigt werden. Erklärtes Ziel der EU ist zudem, die Lieferketten, etwa bei den seltenen Rohstoffen, zu diversifizieren. Auf all diesen Feldern ist die Konkurrenz groß, denn auch China und die USA locken die südamerikanischen Staaten mit Handelsabkommen. Die EU muss also die Mercosur-Länder überzeugen, dass sie eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe bietet, die für beide Seiten Vorteile bringt. Ein ständig erhobener Zeigefinger ist da eher hinderlich.