Noch prangt der Schriftzug vor der Schule – aber nicht mehr lange. Foto: Simon Granville

Im Zuge der Umbenennung der Grundschule im Ludwigsburger Ortsteil Oßweil bricht eine Debatte über Bürgerbeteiligung los. Ob der Streit nun befriedet ist, ist fraglich.

Ludwigsburg - Ludwigsburg folgt dem Vorbild anderer Städte im Land und tilgt den Namen August Lämmle zumindest teilweise aus dem Stadtbild. Die Grundschule im Stadtteil Oßweil wird ab dem kommenden Schuljahr nicht mehr den Namen des dort geborenen Heimatdichters (1876-1962) tragen, der für seine schwäbische Mundart bekannt ist. Nach 67 Jahren wird sie in „Grundschule Oßweil“ umbenannt.

Die Entscheidung dazu fiel in der jüngsten Sitzung des Gemeinderats. Für den Vorschlag der Verwaltung, die die Namensänderung vorangetrieben hatte, fand sich eine knappe Mehrheit. Am Ende schlossen sich Oberbürgermeister Matthias Knecht und ein Einzelstadtrat dem Lager der Befürworter aus Grünen, Linken und SPD an, die so auf eine Stimme mehr (20) als die Gegner der Umbenennung kamen. Auch in Leonberg (Kreis Böblingen) war unlängst eine gleichnamige Schule umbenannt worden. In Kusterdingen (Kreis Tübingen) und Rudersberg (Rems-Murr-Kreis) heißen Bildungseinrichtungen, die ehemals den Namen Lämmle trugen, ebenfalls bereits anders.

Heimatdichter mit fragwürdiger Vergangenheit

Im Ludwigsburger Gemeinderat hatten sich CDU, FDP und Freie Wähler für eine Bürgerbefragung ausgesprochen, um über den Namen Lämmle besser entscheiden zu können. Dem Dichter wird vorgeworfen, zu Lebzeiten in einem seiner Texte den sogenannten Arierparagraf der Nationalsozialisten gelobt und die „Beseitigung der Fremdstämmigen aus der Führung des deutschen Volkes und Staates“ befürwortet zu haben.

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Wie das Schaffen und Leben Lämmles aus heutiger Sicht zu bewerten ist, darüber gehen die Meinungen in Oßweil aber auch im Gemeinderat weiterhin weit auseinander, der bereits zum dritten Mal über das Thema beraten hat. Für Grüne, SPD und Linke kann Lämmle aus heutiger Sicht kein Vorbild sein – und damit auf keinen Fall Namensgeber einer Schule. Mit dem Vorbildcharakter eines Namensgebers hatte auch die Verwaltung argumentiert, Lämmle zeichne sich aus heutiger Sicht „durch Licht und Schatten aus“. Sie habe durch August Lämmle „gut schwäbisch“ gelernt, sagte Arezoo Shoaleh (Grüne). Aber die Entscheidung für die Umbenennung sei eine „ gegen jede Form von Rassismus, Antisemitismus und Diskriminierung“. Hubertus von Stackelberg (SPD) nannte den Vorschlag einer Bürgerbefragung eine „pseudo-demokratische Umfrage“. Andere Schulen hätten auch einfach einen Namen bekommen, ganz ohne Befragung. Die Stellungnahmen der Schulkonferenz, des Jugendgemeinderats und des Integrationsrats würden für sich sprechen.

Wann müssen die Bürger befragt werden?

Claus-Dieter Meyer (CDU) verteidigte den Vorschlag seiner Fraktion, es gebe in Oßweil ein „hohes Maß an Identifikation“ mit Lämmle. Indem man den Namen tilge, werde eine Chance vertan, sich tiefgehend mit der Geschichte zu beschäftigen. Dies zu tun, forderte auch Hermann Dengel (Freie Wähler), der Lämmle einen „Mitläufer“ nannte. Sebastian Haag (FDP) konnte die Eile, mit der die Entscheidung nun gefällt wurde, nicht verstehen. Grüne und SPD würden Bürgerbeteiligung offenbar immer dann gerne sehen, wenn die Ergebnisse ihre eigenen Standpunkte bekräftigen.

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Das Gros des Gemeinderats lehnte auch den Vorschlag der Linken ab, die Oßweiler Grundschule in „Astrid-Lindgren-Schule“ umzubennen. Jürgen Müller hatte den Vorschlag eingebracht, weil man so das gängige Kürzel „Also“ hätte beibehalten können. Das hatte sich der Elternbeirat gewünscht.