Alle Chöre des Liederkranz Holzgerlingen auf der Stadthallenbühne. Im Vordergrund (von links): Pianistin Senta Pflieger, die Dirigentinnen Chen Wei-Chen und Martina Pirrota, Dirigent Jonas Kronmüller und Vereinsvorstand Roy Lutze. Foto: Claudia Bauernfeind

„Klangvoll“, „Vocal harmonists“ und „Stimmkraft“: Die drei Chöre des Liederkranz Holzgerlingen beglücken die Stadthalle über drei Stunden lang mit einem Potpourri von Schlagern über Filmmelodien bis hin zu Rocknummern – und präsentieren eine moderne Ausrichtung der Chorleitung.

Der Gesangsverein Liederkranz Holzgerlingen 1842 gilt als ältester Verein der Stadt. Doch was da am Samstagabend von der Bühne der Stadthalle klang, war alles andere als alt, altbacken oder angestaubt.

Bedingt durch die noch eingeschränkten Probemöglichkeiten im Frühjahr hatte sich der Gesamtverein auch in diesem Jahr wieder zu einem gemeinsamen Konzertabend entschieden. Unter dem Titel „Schluss mit dem Novembergrau – Ich höre viele Stimmen“ wurden die Gäste über drei Stunden von den drei Chören des Vereins musikalisch verwöhnt. Der ehemals gemischte Chor, der sich heute „Klangvoll“ nennt, hatte die musikalische Reise unter der Leitung von Chen Wei-Chen mit Schlagern wie „Über den Wolken“ und „Ich war noch niemals in New York“ angetreten. Der klangvollen ersten Stunde mit Fernweh und Freiheit folgte ein Abstecher in die Welt der Traumfabriken.

Die von der 50-köpfigen Formation „Vocal harmonists“ vorgetragenen Filmklassiker wie „Crocodile Rock“ oder „Skyfall“ rissen das Publikum ebenso mit, wie die rhythmischen Einlagen ihrer Dirigentin Martina Pirrotta. Das Publikum war auf Hochtouren und die bis dahin geforderte Pianistin Senta Pflieger, die die beiden Chöre am Flügel begleitet hatte, durfte beim Auftritt des dritten Chors ihre Hände in den Schoß legen und den kräftigen Stimmen lauschen.

Geprobt wird mit Übungsdateien im MP3-Format

Konrad Lenhard, der den Abend charmant moderierte, durfte zuletzt seine eigene Singgemeinschaft auf die Bühne bitten und tat das mit den Worten: „Wie der Name es verspricht, benötigt dieser Chor keine Begleitung.“ Der moderne Chor „Stimmkraft“ bot eine A Cappella-Darbietung mit Viva La Vica von Coldplay und Bill Withers „Lean on Me“ sowie weiteren Melodien aus der Pop-, Rock-und Groove-Szene. Die 37 jungen Erwachsenen, die diesen Chor bilden, sind ein ganz besonderer Zusammenschluss im Liederkranz.

Schon sein Beginn ist bemerkenswert, denn zunächst gab es im Januar 2019 nur den Dirigenten Jonas Kronmüller, der mit Vereinsvorstand Roy Lutze eine gemeinsame Idee hatte. Dieses Konzept hatte trotz Pandemie Bestand und ist heute eine der modernsten Formationen für Sangesfreudige, die sich nicht mehr hinter dicken Textbüchern verstecken sondern von Handys und Tablets ablesen. Zudem probt der Chor nur alle drei bis vier Wochen gemeinsam. Die anderen Übungszeiten kann sich jedes Mitglied mithilfe von Übungsdateien im MP3-Format zeitlich selbst einplanen.

Diese freie und selbstbestimmende Chorführung veranlasste sechs Herren sogar dazu, eine überraschende Programmeinlage zu bieten. Sie hatten auf eigene Faust den Partyhit „Mama Laudaaa“ einstudiert und präsentierten diesen fetzigen Mallorca-Knaller in vierstimmiger Ausführung.

Ein fetziges Loblied auf das Zusammengehörigkeitsgefühl

„Wir sind individuell und modern und trotzdem ist uns die Zusammengehörigkeit im Liederkranz wichtig“, sagt Vereinschef Roy Lutze. Dieses Gemeinschaftsgefühl wurde zum Abschluss des Abends deutlich. Nach den musikalischen Highlights der drei einzelnen Chöre wurden die Gäste vom gesamten Ensemble mit dem rosaroten Klassiker „Wer hat an der Uhr gedreht, ist es wirklich schon so spät…?“ verabschiedet. Und das fragte sich das Publikum tatsächlich, nachdem es an einem kurzweiligen Abend viele Stimmen gehört hatte, die das Novembergrau vergessen ließen.