Entnahmen von Grundwasser und Klimaveränderungen sorgen dafür, dass Grundwasserspiegel fallen und der Zugang zu sauberem Wasser erschwert wird. Foto: Imago/Christian Ohde

In vielen Regionen der Welt sinken die Grundwasserspiegel. Die Folge: Brunnen drohen zu versiegen. Die Wasserversorgung von Millionen Menschen ist gefährdet.

Die globalen Grundwasservorkommen schwinden – und zwar vielerorts mit zunehmendem Tempo. Das schließt ein internationales Forschungsteam aus der Analyse von 170 000 Messreihen in mehr als 40 Ländern weltweit.

Grundwassersysteme sind am Limit

Demnach fällt in jedem achten der fast 1700 geprüften Grundwassersysteme – auch Aquifere genannt – der Wasserspiegel um mehr als einen halben Meter pro Jahr. Das gilt insbesondere für trockene Regionen, die landwirtschaftlich stark genutzt werden. Aus Grundwasser-Quellen stamme etwa die Hälfte des Wassers, das in der Landwirtschaft zur Bewässerung eingesetzt wird.

Grundwasser ist de wichtigste Wasserquelle für die meisten Menschen. Foto: Imago/MiS

„Grundwasser ist die Hauptwasserquelle für viele Haushalte, Bauernhöfe, Industrien und Städte in der ganzen Welt“, schreibt die Gruppe um Scott Jasechko von der University of California in Santa Barbara und Hansjörg Seybold von der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) Zürich im Fachblatt „Nature“. „Nicht nachhaltige Entnahmen von Grundwasser und Klimaveränderungen können dafür sorgen, dass Grundwasserspiegel fallen und den Zugang zu diesen Ressourcen erschweren.“

In der bisher größten Untersuchung zur Entwicklung der globalen Grundwasserspiegel wertete die Gruppe Daten von 170 000 Messreihen über mindestens acht Jahre im 21. Jahrhundert aus. In gut einem Drittel (36 Prozent) der 1693 untersuchten Grundwassersysteme sank der Spiegel pro Jahr um mehr als 10 Zentimeter, in 12 Prozent sogar um mehr als 50 Zentimeter.

Viele Brunnen trocknen aus

Turkana-Frauen sammeln in Kenia Wasser aus einem zehn Meter tiefen mit den Händen gegrabenen Brunnen in einem trockenen Flussbett am Rande des Dorfes im Norden Kenias. Foto: Foto: Stephen Morrison/epa/dpa

Das Absinken von Grundwasser bereitet in vielen Regionen bereits Probleme und könnte in Zukunft weitere Regionen betreffen. So könnte beispielsweise das Trockenfallen von Grundwasserbohrungen weitreichende Konsequenzen haben: Es gefährdet die Nahrungsmittelproduktion sowie die Gesundheit und die Lebensgrundlage von Millionen bis Milliarden betroffener Menschen.

Tiefer zu bohren könne zwar die Gefahr des Trockenfallens mindern, bringe aber andere Probleme mit sich: Der Bau und die Förderung tieferliegenden Wassers sei meist aufwendiger und teurer. Das würde einige Nutzer vom Zugriff auf Wasser abschneiden. So zeigten Daten aus Indien, dass die Tiefe von Brunnen mit der Größe des Grundbesitzes und der Höhe der landwirtschaftlichen Produktion zusammenhingen.

Kalifornien,Iran, Spanien: Rückgang ist ein weltweites Problem

Künstliche Bewässerung auf Mallorca. Foto: Imago/Jörg Böthling

Im kalifornischen Central Valley und anderen Landwirtschaftszentren würden Bohrlöcher oft tiefer gebohrt als etwa häusliche Brunnen auf dem Land. Diese würden in der Folge eher trocken fallen, obwohl sehr viel weniger Wasser daraus entnommen würde. Zudem sei nicht überall brauchbares Wasser in tieferen Schichten vorhanden.

Einen Spitzenwert erreicht demnach eine Region im Nordost-Iran mit einem durchschnittlichen Rückgang des Grundwassers um 2,62 Meter pro Jahr, in Teilen von Indien und der USA fallen manche Spiegel um weit über einen Meter jährlich.

In Europa wird ein Grundwassersystem in Südostspanien genannt – im Norden der landwirtschaftlich stark genutzten Region Murcia: Dort fiel der Spiegel um 1,60 Meter pro Jahr. Starke Rückgänge verzeichnen laut Seybold auch andere Gebiete in Südostspanien, die Obst und Gemüse für weite Teile Europas produzieren.

30 Prozent Zunahme in den vergangenen Jahren

Vergleiche mit Daten aus dem späten 20. Jahrhundert zeigen, dass die Absenkung der Wasserspiegel in 30 Prozent der Grundwassersysteme im 21. Jahrhundert zugenommen hat. In einem Großteil davon – nämlich 80 Prozent – waren geringere Niederschläge daran zumindest beteiligt.

„Dass die Grundwasserpegel weltweit stark gesunken sind, hat uns nicht überrascht“, wird Seybold in einer ETH-Mitteilung zitiert. „Aber das Tempo, mit dem sie seit dem Jahr 2000 sinken, hat uns schockiert.“

Die Landwirtschaft ist in intensiver Wasserverbraucher. Foto: dpa/Julian Stratenschulte

Ein Grund für das rasche Absinken gerade in Trockengebieten ist demnach, dass diese Gegenden intensiv landwirtschaftlich genutzt werden und viel Grundwasser zur Bewässerung der Kulturen an die Oberfläche gepumpt wird, nicht nur in Südostspanien, sondern auch beispielsweise im Central Valley in Kalifornien.

Eine weitere Gefahr droht an Küsten. Sinkt das Grundwasser dort unter ein gewisses Maß, kann Meerwasser eindringen. Dieses versalzte Wasser ist sowohl als Trinkwasser als auch zur Bewässerung von Feldern unbrauchbar. Bäume, deren Wurzeln in den Grundwasserstrom reichen, sterben ab. Beobachten lässt sich das Phänomen an der Ostküste der USA: Dort gibt es ausgedehnte sogenannte Geisterwälder, in denen kein Baum mehr lebt.