Federleichter Pop mit eingängigen Melodien: Carrousel im Rathausinnenhof Foto: Dirk Herrmann

Die französische Lebensfreude beim Europäischen Kultursommer kommt gut an. Fast alle Konzerte, Lesungen, sind bestens besucht oder ausverkauft. Demnächst darf zum Nationalfeiertag 14. Juli im Rathausinnenhof ausgiebig getanzt werden.

Es ist nicht zwingend das größte, aber auf alle Fälle das längste kulturelle Ereignis in diesem Frühsommer im Remstal. Der Europäische Kultursommer in Fellbach hat mittlerweile etwas mehr als die Hälfte hinter sich. Die Zwischenbilanz der Fellbacher Kulturamtsleiterin Maja Heidenreich fällt absolut positiv aus: „Es läuft super, besser hätten wir es uns nicht wünschen können“, sagt sie. Sehr viele Verstaltungen seien ausverkauft, das Publikum äußere sich meist euphorisch, und dank des wunderbaren Wetter strömten die Menschen auch zu den vielen Open-Air-Events.

„Vive les femmes! Vive l’égalité!“

Das französische Lebensgefühl hat die Menschen in der Stadt am Fuße des Kappelbergs gepackt. Man kann dem sommerlichen Festival allerdings auch kaum ausweichen. Bald an jedem Abend steigt seit Wochen an einem der vielen Veranstaltungsorte eine kleinere oder größere Fete, werden philosophische Vorträge etwa über das Verhältnis von Deutschland und Frankreich gehalten oder geht es, wie kürzlich beim Gastspiel der früheren Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments, Evelyne Gebhardt, um „Vive les femmes! Vive l’égalité!“ – ein Hoch auf die Frauen und auf die Gleichheit.

Ein renommierter Schauspieler wie Heikko Deutschmann beschäftigt sich zwei Stunden mit dem exzentrischen Komponisten Erik Satie, sein ebenso bekannter Kollege Dominique Horwitz lockt mit seinem fulminanten Jacques-Brel-Abend an zwei Abenden geschätzt 1200 Menschen in den Hölderlinsaal der Schwabenlandhalle. In der voll besetzten Musikschule am Guntram-Palm-Platz gibt es gefährliche Liebschaften, wenn das Fellbacher Kammerorchester die bitterbösen Intrigen des Briefromans „Les liaisons dangereuses“ umsetzt und für Begeisterung sorgt.

Federleichter Pop mit Carrousel

Und vor allem unter freiem Himmel kommt an diesen warmen Tagen so manche Darbietung erst richtig zur Geltung. So wie am vergangenen Wochenende, als der federleichte, beschwingte, von wunderbaren Melodien begleitete Pop des aus der französischen Schweiz stammenden Duos Carrousel mit Sophie Burande und Léonard Gogniat, erweitert um zwei Musiker, die Gäste im Rathausinnenhof kollektiv zum Tanzen oder zum Mitpfeifen brachte.

Auch die Beteiligungen von vielen Fellbacher Vereinen tragen zum Gelingen des Gesamtprogramms bei. So bei „Notre Père“, der geistlichen Musik aus Frankreich mit dem Fellbacher Vocalensemble, oder bei der Wochen vorher ausverkauften Veranstaltung der Kulturgemeinschaft mit Vincent Klink und Lorenzo Petrocca unter dem Motto „Ein Bauch spaziert durch Paris“.

Auch viele Franzosen kommen zu den Veranstaltungen

Schon der Auftakt mit der Eröffnungsfeier in der Alten Kelter Mitte Mai geriet nach Maß. „Das hat unser Team sehr motiviert“, sagt Heidenreich. „Wir merken: Fast alle lassen sich von der französischen Lebensfreude anstecken, genau so hatten wir uns das ja gewünscht.“ Genaue Zahlen hat sie nicht parat, aber mehrere Tausend Gäste waren bisher auf jeden Fall da. Das sei nach der Pandemie nicht zwingend zu erwarten gewesen. „Es sind Junge und Ältere, aus Fellbach, aus Stuttgart und aus der Region.“ Und auch viele Franzosen, die in der Gegend wohnen, besuchen die Angebote, etwa die Ausstellung „Et voilà“ im Fellbacher Stadtmuseum.

Ein wenig mehr Aufmerksamkeit und Zuspruch verdient hätte nach Heidenreichs Auffassung die Präsentation in der Galerie der Stadt Fellbach unter dem Titel „Wilhelm Lehmbruck in Paris“ mit seinen in Frankreich entstandenen grafischen Arbeiten. „Der Besuch lohnt sich unbedingt, denn das ist eine sehr besondere Ausstellung, die wird man in dieser Zusammensetzung nicht noch ein weiteres Mal so sehen können.“

Zehntscheuer und Schaugarten als wunderbare Auftrittsorte

Ein Highlight war die kürzliche „Fête de la Musique“ am 21. Juni, dem längsten Tag des Jahres. Neu entdeckt als Auftrittsort wurde der Hof vor der Stadtbücherei in der Wohncity, wo diverse Chöre das Publikum erfreuten. Als wunderbares Ambiente entpuppten sich außerdem der Schaugarten, der Alte Friedhof oder die versteckt hinter dem Polizeirevier liegende Zehntscheuer. Der Aufwand für ein solches Musikfest ist zwar immens. „Aber wird haben durchweg die Forderung gehört, dass wir das unbedingt wiederholen müssen“, berichtet Maja Heidenreich.

Ein besonderes Ereignis ist an diesem Donnerstagabend das „Dîner Musical“ mit Fellbacher Sterneküche und französischen Chansons in der Festhalle Schmiden. Knapp 200 Tickets sind weggegangen, gespeist wird an langen Tischen – ein Spontanbesuch ist allerdings aus organisatorischen Gründen nicht mehr möglich.

„Bal populaire“ am „14. juillet“ im Rathausinnenhof

Ein Jazz-Gipfel mit Spitzenkönnern aus Frankreich steht am Samstag und Sonntag, 8. und 9. Juli in der Musikschule an, am Sonntag mit dem neuen französischen Jazzstar, der Sängerin Camille Bertault. Auf den „Bal populaire“ am „14. juillet“, dem französischen Nationalfeiertag, freue sich der französische Generalkonsul aus Stuttgart besonders. „Das wird ein Tanzabend für alle im Rathausinnenhof“, verspricht Heidenreich.

Zum Finale am Samstag, 22. Juli, werden bei der Kulturnacht im Rathaus-Carrée noch mal alle Register gezogen, mit Straßentheater durch die Schauspieltruppe Si si, Non non und einem „Wirbelwind an Emotionen“ der sechs Musiker von Une touche d’optimisme, ehe es dann kurz vor Mitternacht heißt: „Au revoir et merci!“