Der Chef der Marktapotheke, Eberhard Klünder, versucht, mit einer Prämie qualifizierte Mitarbeiter zu locken. Das ist nicht so einfach. Foto: Werner Kuhnle

Drohen Schließungen von Apotheken oder kürzere Öffnungszeiten? Der Beruf ist anspruchsvoll, aber relativ schlecht bezahlt – was in erster Linie an politischen Entscheidungen liegt.

Eine Prämie, um Mitarbeiter zu gewinnen? Das ist längst in vielen Bereichen Realität. Die Markt-Apotheke in Ludwigsburg etwa bietet 1000 Euro, wenn eine pharmazeutisch-technische Angestellte (PTA) dort einen Arbeitsvertrag unterschreibt. Der Apotheker Eberhard Klünder, der mit seiner Frau Edith die älteste Apotheke der Stadt leitet, findet das nicht ungewöhnlich: „Prämien gibt es heute überall; manchmal ist es Geld, manchmal auch ein Business-Bike.“ Andere Pharmazeuten in der Region locken mit übertariflicher Bezahlung und Weiterbildung.

Hohe Anforderungen, wenig Geld

In den Apotheken herrsche „eine maximal angespannte Personalsituation“, sagt Sandra Barisch. Sie ist PTA und Apothekerin und unterrichtet zudem an der Kerschensteinschule in Stuttgart, einer von 21 Fachschulen für die PTA-Ausbildung im Land.

Dabei müssten die Fachangestellten zurzeit erstmals ihr ganzes Potenzial ausschöpfen. „Ob es um die Herstellung von Desinfektionsmitteln geht oder um die von Husten- und Fiebersäften – das alles machen die PTA“, erklärt Barisch. Es sei ein „wahnsinnig vielseitiger Beruf“, für den man „ganz viel Wissen“ benötige und in dem man auch gut in Teilzeit arbeiten könne, was wichtig sei, da der Beruf vor allem von Frauen ergriffen werde. Allerdings werde er nicht gut bezahlt.

„Das Einstiegsgehalt laut Tarif liegt bei 2419 Euro.“ Das liege jedoch nicht an den Apothekern, betont sie: „Die Politik hat die Apothekenhonorare seit Jahren nicht angepasst und jetzt sogar den Rabatt, den Apotheken den Krankenkassen geben müssen, nochmals erhöht.“

Vielen potenziellen Mitarbeitern fehlen aber auch die nötigen Kenntnisse. Eberhard Klünder klagt, das Niveau der Praktikanten nach der zweijährigen Schulausbildung sinke seit Jahren. „Vor Kurzem hat eine junge Syrerin bei mir ein Praktikum gemacht; bei ihr haben aber die Sprachkenntnisse nicht für eine Beratung ausgereicht. Dabei ist das eine ganz wichtige Aufgabe der PTA.“ Das Regierungspräsidium Stuttgart (RP) betont, die Anforderungen an die Ausbildung von PTA seien bundesrechtlich geregelt und das Niveau sichergestellt.

Das Niveau von Schulabgängern reicht oft nicht mehr aus

Die Schulen sehen das anders. Migrationshintergrund mit schlechten Sprachkenntnissen sei das eine, ein generell sinkendes Niveau vieler Schulabgänger ein weiteres Problem, so Dominik Blosat, Leiter des privaten Berufskollegs Flad in Stuttgart, das ebenfalls PTA ausbildet. „Es gibt vermehrt Schüler, die die Grundrechenarten nicht beherrschen, andere können nicht richtig schreiben. Da muss man erst einmal Lücken schließen.“ Zwar seien Sprachkenntnisse auf B2-Niveau gefordert, aber: „Bei manchen fragt man sich, wie sie das geschafft haben.“ Dennoch meint er: „Es hilft nichts zu jammern, man muss damit umgehen.“ Und deshalb den Lehrplan zum Teil auf das Wesentliche reduzieren.

Solche Kompromisse sind angesichts sinkender Schülerzahlen nötig. Laut RP wurden im Jahr 2009 noch 169 Berufserlaubnisurkunden ausgestellt, im letzten Jahr waren es 156 – allerdings gab es in den Jahren dazwischen auch Schwankungen. Am Berufskolleg Flad haben sich die Schülerzahlen zuletzt innerhalb eines Jahres halbiert.

Neues Gesetz für mehr Kompetenzen

Sandra Barisch bestätigt die geringer werdende Zahl von Interessenten: „Wir können nicht mehr wie früher ‚sieben’, wir nehmen alle Bewerber mit mittlerem Bildungsabschluss.“ Allerdings gebe es eine halbjährige Probezeit. Wer dann nicht die erforderlichen Noten habe, könne die Ausbildung nicht fortsetzen.

Hoffnung setzt sie auf das PTA-Reformgesetz mit neuen Lehrplänen, die stärker als bislang an der Praxis ausgerichtet sind. Das Gesetz, das seit diesem Jahr gilt, räume zudem den besonders guten Fachangestellten mehr Kompetenzen ein. Nach entsprechender Erfahrung könne man auch Ausbildungs-PTA werden, das heißt, Praktikanten betreuen, was sonst die Aufgabe des Apothekers sei. Dennoch bleibt ein Manko: Aufstiegsmöglichkeiten gibt es in dem Beruf nicht.

Duales System als Lösung?

Was die Bezahlung angeht, plädieren manche für ein duales System, bei dem es schon während der Schulzeit Geld gibt. Das hält Barisch für keine gute Idee: Zum einen müsse man dann auch Leute ohne mittleren Bildungsabschluss nehmen. Zum anderen „braucht man zwingend einen gewissen Grundstock an Wissen. Da nützt es nichts, wenn jemand schon viel über Magen und Darm weiß, dann aber von einem Kunden wegen Kopfschmerzen um Rat gefragt wird.“

Eberhard Klünder ist jedenfalls wenig optimistisch, dass er künftig mehr Mitarbeiter finden wird. Denn auch die aus Sicht vieler Leute wenig attraktiven Arbeitszeiten im Einzelhandel, zu dem Apotheken gehörten, seien ein Problem. „Vor Kurzem wurde mir eine Mitarbeiterin von einer Krankenkasse abgeworben. Jetzt hat sie Büro-Arbeitszeiten und wird auch noch besser bezahlt.“