Der Grüne Knollenblätterpilz (Amanita phalloides) ist hoch giftig. Foto: Wikipedia/Amanita_phalloides_1.JPG: Archenzo

Eine Australierin serviert zwei Paaren ein Gericht mit giftigen Pilzen. Drei der Gäste überleben das Mahl nicht. War es Unfall oder Absicht?

Schon ein kleines Stück kann töten. Pilzsucher in Australien werden regelmäßig vor Amanita phalloides, vulgo Knollenblätterpilzen, gewarnt. Der Pilz, der übrigens auch in Deutschland verbreitet ist, gilt als einer der gefährlichsten Giftpilze überhaupt. Er kann leicht verwechselt werden. In dem Beef Wellington Pie, in das neben einem Rinderfilet zwingend Champignons hineingehören, das Erin P. am 29. Juli beim Familienessen servierte, waren offenbar die falschen Pilze.

Sie hatte ihre Ex-Schwiegereltern und ein weiteres älteres Ehepaar zu sich nach Leongatha eingeladen, einer kleinen Gemeinde im Bundesstaat Victoria, zwei Autostunden südöstlich von Melbourne. Nach dem Mittagessen verstarben drei der Gäste – die Eltern des Ex-Mannes von Erin P., Gail und Don P., sowie Gails Schwester Heather W.. Heathers Ehemann, Reverend Ian W., überlebte und konnte nach langer Behandlung das Krankenhaus inzwischen wieder verlassen.

Sie versichert ihre Unschuld

Sie versichert ihre Unschuld

Die schaurige Geschichte machte weltweit Schlagzeilen und hielt Australien noch über Wochen in Atem. Hatte die Frau ihre Angehörigen absichtlich vergiftet? Und warum überlebte sie selbst das Mittagessen? Der Fall bewegte aber auch die Gemeinden Leongatha, wo Erin P. wohnt, und das benachbarte Korumburra, wo ihre Gäste herstammten. Die älteren Leute waren beliebte Gemeindemitglieder gewesen, die Trauer um sich war entsprechend groß.

Nach monatelangen Ermittlungen hat die australische Polizei die 49-Jährige nun am Donnerstag schließlich festgenommen. Gleichzeitig durchsuchte die Polizei deren Haus mit Hilfe spezieller Spürhunde. Am Abend gab die Polizei schließlich bekannt, dass der Erin P. dreifacher Mord und in fünf Fällen versuchter Mord vorgeworfen wird. Einbezogen worden waren dabei noch Vorfälle aus der Vergangenheit.

Die Köchin beteuert indessen ihre Unschuld. Sie behauptet, sie habe sich nach dem Essen selber krank gefühlt. Das gab sie auch in einer Erklärung an, die sie an die Polizei in Victoria schickte und aus der der staatliche australische Sender später zitierte. Auch sie selber sei im Krankenhaus behandelt worden, behauptete Erin P. in diesem Statement.

Die Frau hatte schon von Anfang an jede Schuld bestritten. Nach ihren Angaben stammten die Pilze aus einem Supermarkt. Eine weitere getrocknete Variante habe sie in einem asiatischen Geschäft in Melbourne gekauft. Erin P. gilt aber als verdächtig, weil sie das Essen zubereitet hat. Die Mordkommission wurde auf ihren Fall aufmerksam, weil die Todesfälle so geballt waren.

Der Verdacht der Ermittler gegen sie wurde zudem genährt durch einen Social-Media-Post vom Juni letzten Jahres. Darin berichtet der Ex-Ehemann der Tatverdächtigen von „ernsthaften medizinischen Problemen“, wie es in der Tageszeitung „Sydney Morning Herald“ hieß. Eine Darmerkrankung habe ihn 16 Tage in ein künstliches Koma katapultiert. Er habe sich drei Notoperationen unterziehen müssen. „Meine Familie wurde zweimal gebeten, zu kommen und sich von mir zu verabschieden, da man nicht erwartete, dass ich überleben würde“, postete der Ex-Gatte. Eine weitere australische Zeitung, „The Herald“, will erfahren haben, dass dem Mann nach Essen bei seiner Ex-Frau schon öfters schlecht geworden sei.

Hat sie Giftpilze konserviert?

Hat sie Giftpilze konserviert?

Um das Rätsel zu lösen, führte die australische Polizei vor der Festnahme der Köchin forensische Untersuchungen einiger im Haus beschlagnahmter Gegenstände durch. Außerdem untersuchten die Beamten im Zuge ihrer Ermittlungen eine Mülldeponie in der Nähe. Dort wurde ein Dörrautomat eingesammelt, der unter Umständen bei der Zubereitung des Mahls zum Einsatz gekommen sein könnte. Mit ihm könnten die Pilze getrocknet und haltbar gemacht worden sein. Zusätzlich sollen die Beamten Videoüberwachungsanlagen der Mülldeponie untersucht haben, um zu sehen, wer den Dörrapparat wann entsorgt hat.

Vergiftungsfälle durch Pilze sind in Australien gar nicht so selten. 2012 starben zwei Menschen in Canberra, nachdem sie bei einer Silvesterparty Knollenblätterpilze gegessen hatten. Im Jahr 2020 mussten acht Menschen in Victoria nach einer Pilzvergiftung ins Krankenhaus, einer starb. Eine Vergiftung mit den Pilzen beginnt mit Magenbeschwerden. Meist geht es Betroffenen dann kurzzeitig besser, bis es zu einem Rückfall kommt, bei dem die inneren Organe kollabieren und Leber und Nieren versagen.