Offiziellen Angaben zufolge sind in Kostjantyniwka mindestens 16 Menschen getötet und weitere 20 Personen seien verletzt worden. Foto: dpa

Die ukrainische Stadt Kostjantyniwka ist in den vergangenen Monaten immer wieder zum Ziel russischer Angriffe geworden. Nun hat einen besonders brutalen Beschuss gegeben – mitten in ein belebtes Viertel voller Zivilisten.

Durch russischen Beschuss eines Marktplatzes in der ostukrainischen Stadt Kostjantyniwka sind offiziellen Angaben zufolge mindestens 17 Menschen getötet worden - darunter auch ein Kind. Mehr als 30 weitere Menschen wurden verletzt, wie Innenminister Ihor Klymenko am Mittwochabend auf Telegram mitteilte. Die Such- und Rettungsarbeiten seien nun abgeschlossen.

Selenskyj bestätigt Angriff

Auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bestätigte den russischen Angriff und die vielen Todesopfer in der Stadt im Gebiet Donezk. „Ein normaler Markt. Geschäfte. Eine Apotheke. Menschen, die nichts Falsches getan haben“, schrieb er und drückte den Angehörigen der Opfer sein Beileid aus. Selenskyj sprach zudem von der „Unverschämtheit des Bösen“.

Der Staatschef veröffentlichte auch ein kurzes Video, das den Moment der Explosion in dem belebten Viertel zeigen soll. Außerdem zeigte er Fotos von beschädigten Häuserfassaden, Blutlachen auf dem Boden und Rettungskräften, die Flammen löschen. Was genau für ein Geschoss einschlug, war zunächst unklar. Einige lokale Medien gingen von einer S-300-Rakete aus.

Region wird immer wieder angegriffen

Kostjantyniwka liegt nur knapp 20 Kilometer südwestlich der Stadt Bachmut, die die Russen im Zuge ihres Angriffskriegs vor wenigen Monaten besetzt haben, und wurde immer wieder zum Ziel russischer Angriffe. Erst im Juli warf die Ukraine Russland einen Streubombeneinsatz in Kostjantyniwka vor, bei dem ein Kind getötet wurde. Auch davor wurden in der ukrainisch kontrollierten Stadt immer wieder Zivilisten durch russische Angriffe getötet

Blinken in Ukraine

US-Außenminister Antony Blinken traf unterdessen zu einem unangekündigten Besuch in der ukrainischen Hauptstadt Kiew ein. Dort äußerte er sich zuversichtlich über den Kampf der ukrainischen Armee gegen die russischen Invasoren. „Wir haben gute Fortschritte bei der Gegenoffensive gesehen. Wir wollen sicherstellen, dass die Ukraine alles bekommt, was sie für einen Erfolg dieser Offensive benötigt“, sagte Blinken nach Angaben des US-Außenministeriums bei einem Treffen mit seinem ukrainischen Kollegen Dmytro Kuleba. „Auf lange Sicht“ sei das es das Ziel, die Abschreckungs- und Verteidigungskapazitäten der Ukraine zu stärken. Ein erneuter russischer Überfall wie vor über 18 Monaten solle so verhindert werden.

Nach Informationen von CNN wollte Blinken noch während des Besuchs ein neues umfangreiches US-Hilfspaket ankündigen. Dafür gab es zunächst aber keine offizielle Bestätigung. Auch die dänische Ministerpräsidentin Mette Frederiksen reiste nach Kiew und sagte ebenfalls weitere Hilfe ihres Landes gegen die Russen zu.

Heftige Kämpfe im Süden und Osten

Die Offensive der ukrainischen Armee im südlichen Gebiet Saporischschja kam unterdessen nach ukrainischen Angaben weiter langsam voran. Strategisches Ziel der Angriffe ist ein Durchstoß zum noch etwa 80 Kilometer entfernten Asowschen Meer, um damit die Landverbindung zur ukrainischen Halbinsel Krim abzuschneiden, die Russland annektiert hat. Russland hat die eigenen Linien in der Region jedoch seit dem vergangenen Jahr stark befestigt und breite Minenfelder und Schützengräben angelegt.

„Wir hatten im Abschnitt Robotyne in Richtung Nowoprokopiwka Erfolg und setzen uns auf den erreichten Positionen fest“, sagte Generalstabssprecher Andrij Kowaljow am Mittwoch. Der von Moskau eingesetzte Statthalter für den besetzten Teil des Gebiets Saporischschja, Jewgeni Balizki, räumte den Rückzug der Russen aus dem Dorf Robotyne ein. Auch südlich der umkämpften Stadt Bachmut griff die ukrainische Armee nach eigenen Angaben weiter an.

Toter bei neuen nächtlichen Angriffen Russlands auf Kiew und Odessa

Bei russischen Angriffen mit Drohnen und Raketen auf Kiew und das Gebiet Odessa im Süden der Ukraine in der Nacht zu Mittwoch wurde offiziellen Angaben zufolge ein Mensch getötet. „Ein Mitarbeiter eines Landwirtschaftsbetriebs wurde schwer verletzt und starb im Krankenhaus“, teilte der Militärgouverneur von Odessa, Oleh Kiper, mit. In Kiew hingegen verlief die Attacke weitgehend glimpflich.

Nach Angaben der ukrainischen Luftstreitkräfte wurden insgesamt 23 der insgesamt 33 Flugobjekte abgeschossen. Darunter alle sieben luftgestützten Marschflugkörper und eine umfunktionierte Flugabwehrrakete vom Typ S-300, die Russland seit Monaten auch zum Beschuss von Städten einsetzt. Von 25 gestarteten Drohnen seien 15 abgefangen worden.

Ukrainisches Parlament bestätigt neuen Verteidigungsminister

Das ukrainische Parlament hat die Ernennung des neuen Verteidigungsministers Rustem Umjerow bestätigt. Für den Beschluss stimmten am Mittwoch 338 Abgeordnete bei 226 notwendigen Stimmen, meldeten örtliche Medien. Vorgänger Olexij Resnikow war am Dienstag entlassen worden. Umjerow hatte zuvor den Posten des Chefs des Fonds für Staatsvermögen bekleidet. Mit dem Ministerwechsel wurde zum ersten Mal seit dem russischen Einmarsch vor über 18 Monaten das wichtige Ministerium neu besetzt.

London: Lehrplan soll russische Schüler mit Krieg indoktrinieren

Russische Schüler sollen nach Ansicht Großbritanniens in der Schule zielgerichtet auf den Militärdienst vorbereitet werden. „Der neue Lehrplan dient drei Zielen: die Schüler mit der Begründung des Kremls für die „militärische Spezialoperation“ zu indoktrinieren, den Schülern eine kriegerische Denkweise einzuimpfen und die Ausbildungszeiten für (...) den Einsatz zu verkürzen“, teilte das britische Verteidigungsministerium am Mittwoch mit. Die russische Privatarmee Wagner will London zudem zu einer terroristischen Organisation erklären und verbieten, wie das Innenministerium mitteilte. Damit wird eine Mitgliedschaft bei der Söldnergruppe strafbar und ihr Vermögen kann beschlagnahmt werden.