König Charles III. will sich fürs Erste aus der Öffentlichkeit zurückziehen. Foto: dpa/Alessandra Tarantino

Die Krebserkrankung von König Charles wirft ein Schlaglicht auf die britische Monarchie. Was passiert nun mit dem 75-Jährigen? Kann er seine Aufgaben noch wahrnehmen?

Die Krebsdiagnose für König Charles III. hat in der britischen Bevölkerung Betroffenheit ausgelöst und die Royals vor eine schwierige Aufgabe gestellt. In Erwartung einer womöglich mehrmonatigen „Auszeit“ für den 75-jährigen Monarchen werden jetzt in aller Eile andere Mitglieder des Königshauses mobilisiert.

Königin Camilla (76) hat bereits deutlich gemacht, dass sie an den täglichen Auftritten festhalten will, die sie zusammen mit ihrem Mann hätte absolvieren sollen. Thronfolger William, der Prinz von Wales, wird nun früher als geplant ins Zentrum der Windsor-Show gerückt werden.

Selbst Randfiguren kommen zum Einsatz

Prinzessin Anne und Prinz Edward, Charles’ Geschwister, sollen ebenfalls zusätzliche Verpflichtungen übernehmen. Selbst an den Einsatz halb vergessener Randfiguren der Familie wie der Gloucesters und der Kents bei Veranstaltungen ist gedacht. Mit allen zu Gebote stehenden Mitteln sucht man im Buckingham-Palast die Nation davon zu überzeugen, dass business as usual garantiert ist, dass die Staatsgeschäfte weiterlaufen können wie bisher.

Aber auch bei Hofe macht man sich keine Illusionen darüber, dass die Erkrankung und die bereits begonnene Behandlung des Königs für die Monarchie eine Herausforderung darstellen – auch wenn Charles selbst beteuert, er sei „total positiv“, was die Behandlung betreffe, und „freue sich“ schon darauf, „zu voller öffentlicher Arbeit zurückzukehren, sobald es nur möglich ist“.

Premierminister Rishi Sunak suchte am Dienstag Zuversicht zu verbreiten, indem er erklärte, er sei wahrhaft froh, dass der Krebs bei Charles „früh entdeckt“ worden sei. Natürlich stehe er mit dem König in „normalem Kontakt, wir machen weiter wie immer“. Zum Zeichen der Normalität wehte überm Palast fast trotzig das königliche Banner.

Auch manche Royalisten sind verunsichert. Im Buckingham-Palast hat schließlich niemand verlauten lassen, an welcher Art von Krebs der Monarch leidet, wie es wirklich um ihn steht. Und wenn der US-Präsident schon mal seine persönliche „Sorge“ äußert und Kirchenfürsten zu Gebeten für den König rufen, bleibt bei vielen im Königreich begreiflicherweise ein ungutes Gefühl zurück.

Krebs – mehr ist nicht bekannt

Was die Öffentlichkeit bisher weiß, ist lediglich, dass sich Charles im Januar einer Operation zur Behandlung einer erweiterten Prostata unterzogen hatte. Anlässlich dieses Eingriffs wurde vom Buckingham-Palast versichert, dass es sich nicht um Krebs handelte – in diesem Fall.

Während dieses Aufenthalts in der London Clinic stießen die Ärzte aber offenbar auf „etwas anderes“, das „Anlass zur Sorge“ gab – auf eine Krebserkrankung ungenannter Art. Statt wie geplant zwei Tage verbrachte der König drei in der Klinik, um sich weiteren Tests zu unterziehen. Als er die Klinik am vorletzten Sonntag lächelnd und winkend verließ, wusste er bereits, was die Diagnose war.

Im Verlauf der folgenden Woche informierte er dann seine beiden Söhne, seine Geschwister und (was seine Pflicht ist) den Premierminister. Zugleich begann die Planung im Palast auf Hochtouren zu laufen, wie man die Öffentlichkeit unterrichten sollte und wie die nahe Zukunft zu organisieren war.

Kaum war die Nachricht am Montagabend heraus, ließ auch schon Prinz William verlauten, dass er von sofort an in die Bresche springen werde. Dabei hatte William eigentlich noch etwas pausieren wollen, da seine Frau Catherine ihrerseits nach einer „größeren“ Unterleibsoperation gerade erst aus der London Clinic nach Hause gekommen war und nun mindestens bis Ostern wird aussetzen müssen. Die Prinzessin von Wales, allgemein bekannt als Kate, war zuvor immerhin zur verlässlichsten Windsor-Repräsentantin, zu einem populären Aushängeschild der Monarchie geworden. Nun mangelt es der Krone plötzlich gleich an zwei Hauptakteuren in dieser Situation.


Versöhnung mit Harry?

Ausgeschieden aus dem Kreis der „arbeitenden Royals“ sind außer Charles’ Bruder Andrew, dem schwarzen Schaf der Familie, auch Harry und Meghan, die 2020 nach Kalifornien auswanderten und sich seither von der Familie distanziert haben. Harry immerhin flog, um seinen Vater zu sehen, bereits am Dienstag (ohne Meghan) in London ein.

Vielleicht bahne sich ja nun „eine große Versöhnung“ an, raunte es in den Boulevardblättern. Seit Harry mit spitzen Bemerkungen in seinem Memoirenband „Spare“ Vater und Bruder angriff, hat es nur noch wenig Kontakt zwischen ihm und dem König gegeben.

Lob zollten dem König bereits im Januar viele Briten dafür, dass er aus seinem Prostataproblem kein (Staats-)Geheimnis gemacht hatte. Ihm sei daran gelegen, sagte Charles damals, dass andere Männer in ähnlicher Lage rechtzeitig Hilfe suchten – was dann auch Tausende taten, nach der unkonventionellen Deklaration Seiner Majestät.

Auch dass der König seine Erkrankung an Krebs enthüllte, wurde ihm, vor allem von britischen Verbänden zur Krebsbekämpfung, zugutegehalten. Die öffentliche Anteilnahme seit Montagabend sei „ein Ausdruck der kollektiven Angst, die wir alle teilen“, meinte Professorin Pat Price von der „Catch up with Cancer“-Kampagne.

Selbst Trump hat sich gemeldet

Etwas kritischer äußerte sich die Londoner „Times“, die auch in der Krebsfrage Aufklärung verlangte. Halte das Königshaus die Information über die Art der Erkrankung zurück, fand die „Times“, riskiere es, „dass viele Leute vermuten, dass die Situation des Königs ernster ist, als der Palast verlauten lässt“.

Eine wahre Flut von Genesungswünschen brach jedenfalls über Charles III. herein, sobald die Nachricht seiner Erkrankung die Öffentlichkeit erreichte. Politiker aller Parteien schlossen ihn in ihre „Gedanken und Gebete“ ein. Sogar Donald Trump, der Charles nie hatte ausstehen können, nannte ihn „einen wunderbaren Menschen“, der ein guter Bekannter von ihm sei.

Im Ton eine halbe Beileidsbekundung

Auch überzeugte Anti-Monarchisten wie Michelle O’Neill, die neue republikanische Regierungschefin Nordirlands, wünschten Charles alles Gute. „Mit großer Trauer“ habe sie die Nachricht aus London zur Kenntnis genommen, sagte wiederum Mia Mottley, die Regierungschefin von Barbados, die sich vor zwei Jahren von der Krone gelöst hatten. Manche der guten Wünsche kamen im Ton halber Beileidserklärungen daher.

Umso mehr suchte man im Buckingham-Palast klarzustellen, dass der König auch während seiner Behandlung sehr wohl aktiv bleiben und seinen „verfassungsmäßigen Pflichten“ nachkommen werde. Er werde Akten durchgehen, Dokumente unterzeichnen und nach Kräften seine wöchentliche Audienz mit dem Premierminister wahrnehmen in irgendeiner Form.

Beliebt in den Umfragen

Nur halt öffentliche Auftritte, war zu hören, werde er fürs Erste meiden. Und eine bereits geplante Reise nach Australien werde er nun wohl eher nicht antreten können. Wie einst Charles für seine Mutter Elizabeth bei solchen Anlässen einsprang, soll jetzt William, der Thronfolger, einspringen für ihn.

An die neue Situation gewöhnen müssen sich viele Briten, die Charles in den 17 Monaten, die er nun König ist, mit immer mehr Respekt betrachtet haben. Letzten Umfragen zufolge findet mehr als die Hälfte der Bevölkerung immerhin „gut“, wie er sich als Staatsoberhaupt geschlagen hat, während nur 9 Prozent nicht mit ihm zufrieden sind.

Fast wie eine Ironie des Schicksals kommt es seinen Anhängern vor, dass Charles siebzig Jahre lang hat warten müssen, um nun, nach so kurzer Zeit auf dem Thron, bereits zurückstecken zu müssen – zumal seine Gesundheit stets robust war in den vergangenen Jahren. Außer den Knochenbrüchen, die er sich ab und zu zuzog, wenn er vom Pferd fiel, hatte der König tatsächlich wenig Probleme. Über zwei Covid-Erkrankungen kam er ohne Weiteres hinweg.

Andererseits fragen sich nicht wenige seiner Landsleute, ob es vernünftig sei, einem 75-Jährigen ein solches Pensum an öffentlichen Pflichten aufzubürden. In der „Times“ fiel am Dienstag denn auch schon, ganz nebenher, das Wörtchen „transition“. Es ist das Schlüsselwort für den Übergang von einem Monarchen zum nächsten – wofür, wie man weiß, ständig geplant wird hinter den Kulissen im Buckingham-Palast.