Zwischen Martin Georg Cohn und Josefa Schmid gibt es von Beginn an Differenzen. Foto: Simon Granville

Die gewählten Bürgermeister sind den Bürgern ein professionelles Arbeiten schuldig, meint LKZ-Redakteurin Nathalie Mainka.

Wenn eine Erste Bürgermeisterin den eigenen Chef bei der Regierungspräsidentin und bei der Staatsanwaltschaft anzeigt, wird sie triftige Gründe haben. Dieser Schritt ist mutig und darf keinesfalls kleingeredet werden oder gar möglichst schnell wieder unter dem Mantel der Verschwiegenheit verschwinden. Dass Josefa Schmid mit ihren Vorwürfen gegen Martin Georg Cohn nicht alleine dasteht, zeigt die Unterstützung einiger Mitarbeiter, die bereit waren, in dem Schreiben, das unserer Zeitung vorliegt, ihre eigenen persönlichen und unschönen Erfahrungen zu schildern.

Es geht nicht nur um ein Bußgeldverfahren gegen Cohn wegen zu schnellen Fahrens, welches er, so der Vorwurf, stoppen wollte. Es gibt auch scharfe Kritik am Oberbürgermeister im Umgang mit einigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Jetzt müssen Regierungspräsidium und Staatsanwaltschaft prüfen, was an den Vorwürfen dran ist. Bis dahin gilt die Unschuldsvermutung.

Schlammschlacht zieht Kräfte ab

Wie und weshalb das Schreiben Schmids an die Öffentlichkeit gelangt ist, darüber kann spekuliert werden. Auch stellt sich die Frage, ob die Dissonanzen in der Verwaltungsspitze, die auch den Gemeinderäten schon länger bekannt sind, anderweitig hätten geklärt werden können. Denn für die politische Gesamtsituation in der Stadt ist eine öffentliche Schlammschlacht verheerend. Sie zieht Kräfte und Energien ab, die an anderen Stellen dringend gebraucht werden.

In Leonberg gibt es zahlreiche Projekte, die darauf warten, in Taten umgesetzt zu werden. Beispielsweise der Bildungscampus Ezach. In diesem Herbst sollen dem Gemeinderat die Vorentwurfplanungen und die Kostenschätzungen zur Genehmigung vorliegen. Noch warten sie darauf. Der Handlungsbedarf ist dringend. Denn im Ezach häufen sich die Probleme, Betreuungsplätze fehlen. Die Sophie-Scholl-Schule braucht eine Ganztagsbetreuung.

Viele Projekte stehen auf der Agenda

Die Weiterentwicklung von Leonberg unter dem übergeordneten Motto der „Stadt für morgen“ ist in vollem Gange. Die Kommune unterm Engelberg soll mit möglichst wenig innerstädtischem Autoverkehr lebenswerter werden. Viele Projekte sind angeleiert, doch im Gemeinderat fällt oft die Kritik, dass noch wenig davon umgesetzt wurde. Beispiele gibt es viele.

Dort, wo die alte Post steht, soll das Areal neu gestaltet und die historische Altstadt mit der neuen Stadtmitte rund um das Leo-Center verbunden werden. Bislang ist noch nichts passiert. An der Berliner Straße und im Unteren Schützenrain soll bezahlbarer Wohnraum entstehen. Bislang tut sich auch dort nichts. Still geworden ist es um die Umgestaltung der alten Schuhfabrik. Die Stadthalle ist marode.

Funktionierende Verwaltung erforderlich

Hinzu kommen die instabile weltpolitische Lage mit dem Russland-Ukraine-Krieg und der damit verbundenen Energiekrise sowie das Flüchtlingsthema und die Inflation. Corona ist weiter präsent, wird uns vor allem wieder in der kalten Jahreszeit beschäftigen.

Für all diese Themen ist eine funktionierende Verwaltung mit einer kompetenten Führungsspitze, die ein professionelles Grundvertrauen in ihre Mitarbeiter setzt, erforderlich. Interne Grabenkämpfe rauben Kraft und Energie, verschwenden Kompetenzen und fördern keineswegs die Motivation der Mitarbeiter. Der Gemeinderat kann nur Hilfestellung geben und eine vermittelnde Rolle übernehmen. Zu mehr ist er gar nicht befähigt. Ein professionelles Arbeiten sind die gewählten Bürgermeister den Bürgerinnen und Bürgern in Leonberg schuldig.