Kinder stehen im Rahmen eines Medientermins in einem Kindergarten in Hamburg (Archivbild). Foto: dpa/Christian Charisius

Die Zahl der deutschen Kinder, die mit ihren Eltern auf sozialstaatliche Grundsicherung angewiesen sind, ist in den vergangenen acht Jahren deutlich um mehr als ein Drittel gesunken. Das geht aus aktuellen Daten der Bundesagentur für Arbeit hervor.

Die Zahl der Kinder mit deutscher Staatsbürgerschaft, die mit ihren Eltern auf Bürgergeld – also aufsozialstaatliche Grundsicherung – angewiesen sind, ist in den vergangenen acht Jahren deutlich um mehr als ein Drittel gesunken.

Wer ist von Kinderarmut betroffen?

2015 hatten noch 1,57 Millionen solcher Kinder von den damaligen Hartz-IV-Bezügen gelebt, bis März diesen Jahres sank die Zahl auf 1,03 Millionen, die auf das seit 1. Januar 2023 eingeführte Bürgergeld angewiesen sind.

Das geht aus einer Auswertung der Bundesagentur für Arbeit hervor, über welche die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ am Samstag (22. Juli) berichtet.

Wie haben sich die Zahlen hilfsbedürftiger ausländischer Kinder entwickelt?

Die Gesamtzahl der betroffenen Kinder ist demnach allerdings über diese acht Jahre konstant geblieben. Denn durch Fluchtmigration kamen viele Kinder neu nach Deutschland und in das Hilfesystem hinein.

Den Angaben der Bundesagentur zufolge haben derzeit insgesamt 47,8 Prozent der Kinder im Bürgergeld eine ausländische Staatsangehörigkeit – gegenüber 18,9 Prozent im Jahr 2015.

Seit 2015 kamen demnach mehr als 300 000 Kinder aus Syrien, Irak, Afghanistan und anderen Asylherkunftsländern in das Sozialsystem hinzu, seit 2022 dann noch rund 270 000 Kinder aus der Ukraine.

CSU kritisiert Sozialpolitik der Bundesregierung

Die Zahlen widersprechen dem Bericht zufolge dem Bild einer insgesamt steigenden Kinderarmut und eines Scheiterns der bisherigen Sozialpolitik im Kampf gegen Kinderarmut. Der arbeitsmarktpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Stephan Stracke (CSU), warnt die Ampelkoalition davor, mit Verweis auf eine steigende Kinderarmut höhere Geldleistungen zu fordern.

„Eine Erhöhung der Sozialleistungen scheint auf den ersten Blick verlockend“, sagte Stracke der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. „Sie ist jedoch ein süßes Gift: Es bringt die Menschen nicht in den Arbeitsmarkt, sondern macht sie in Wahrheit abhängiger vom Staat.“

Sind Kinder von Armut besonders betroffen?

Zuletzt hatte die Bertelsmanns Stiftung in Gütersloh eine Studie zur Kinderarmut in Deutschland vorgelegt. Der Analyse zufolge sind die Zahlen unverändert hoch und das Problem eine „unbearbeitete Großbaustelle“, heißt es in dem Bericht. Rund 2,8 Millionen Kinder und Jugendliche wachsen in Armut auf – 21,3 Prozent aller unter 18-Jährigen, wie die Bertelsmann Stiftung Mitte Juli berichtete. „Seit Jahren ist der Kampf gegen Kinderarmut eine der größten gesellschaftlichen Herausforderungen in Deutschland.“

Mehr als jeder fünfte Heranwachsende sei betroffen – mit regional starken Unterschieden. Nach Bundesländern werden in den Stadtstaaten Bremen und Berlin besonders viele Kinder und Jugendliche in finanziell schwachen Verhältnissen groß. In Bayern und Baden-Württemberg sieht es für sie im Vergleich am besten aus.

Info: Armut in Deutschland

Armut
In Deutschland waren nach Angaben des Statistischen Bundesamtes (Destatis) in Wiesbaden im vergangenen Jahr rund 17,3 Millionen Menschen von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht. Das entsprach etwa einem Fünftel (20,9 Prozent) der Bevölkerung. Im Vorjahresvergleich blieben die Zahlen nahezu unverändert. So lag der Anteil im Jahr 2021 bei 21 Prozent. Die Statistiker bezogen sich bei ihren Daten auf erste Ergebnisse der Erhebung zu Einkommen und Lebensbedingungen (EU-SILC).

Kriterien
Laut den Angaben gilt ein Mensch in der EU als von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht, wenn mindestens eine der folgenden drei Bedingungen zutrifft: • Das Einkommen liegt unter der Armutsgefährdungsgrenze. • · Der Haushalt ist von erheblicher materieller und sozialer Entbehrung betroffen. • Die Person lebt in einem Haushalt mit sehr geringer Erwerbsbeteiligung.

Armutsgefährdungsquote
Die sogenannte Armutsgefährdungsquote gibt den Anteil derjenigen an, deren verfügbares Einkommen unter Einbeziehung möglicher Sozialleistungen unter 60 Prozent des mittleren Einkommens der Gesamtbevölkerung liegt. 2022 lag dieser Wert beispielsweise für Alleinlebende hierzulande bei 1250 Euro netto im Monat. Konkret waren 2022 etwa 12,2 Millionen Menschen (14,7 Prozent) armutsgefährdet. Zum Vergleich: Im Jahr 2021 hatte die Armutsgefährdungsquote 16 Prozent betragen.

Grade von Armut
Erhebliche materielle und soziale Entbehrung: Den Daten zufolge waren 5,1 Millionen Menschen (6,1 Prozent) 2023 von erheblicher materieller und sozialer Entbehrung betroffen (2021: 4,3 Prozent). „Das bedeutet, dass ihre Lebensbedingungen aufgrund von fehlenden finanziellen Mitteln deutlich eingeschränkt waren“, erklären die Destatis-Statistiker. So seien sie beispielsweise nicht in der Lage, Rechnungen für Miete oder Hypotheken zu zahlen, eine Woche in den Urlaub zu fahren, abgewohnte Möbel zu ersetzen oder einmal im Monat im Freundeskreis oder mit der Familie etwas essen oder trinken zu gehen. • Sehr niedrige Erwerbsbeteiligung: Etwa 9,7 Prozent der Bevölkerung unter 65 Jahren oder 6,1 Millionen Menschen in Deutschland lebten 2022 in einem Haushalt mit sehr niedriger Erwerbsbeteiligung (2021: 9,5 Prozent). „Das heißt, die Haushaltsmitglieder waren insgesamt sehr wenig oder nicht in den Arbeitsmarkt eingebunden“, heißt es seitens Destatis.