Das Backnanger Hochwasser im Januar 2011 Foto: Gottfried Stoppel/Gottfried Stoppel

Der Rems-Murr-Kreis arbeitet an der Einrichtung eines kreisweiten Netzes von 58 Messstationen – weil es für die Aktualisierung der Gefahrenkarten noch Jahre braucht.

Beim Hochwasserschutz scheint an Rems und Murr keine besondere Eile zu herrschen. Obwohl die schrecklichen Bilder der verheerenden Flutkatastrophe im Ahrtal den meisten Menschen noch eindrücklich in Erinnerung sind, wird es im Rems-Murr-Kreis noch Jahre dauern, bis die überarbeiteten Gefahrenkarten fertig sind.

Für den Einzugsbereich der Wieslauf, das wurde am Montag im Umwelt- und Verkehrsausschuss des Kreistags bekannt, wird erst im Frühjahr 2026 mit einer Veröffentlichung gerechnet. Noch später dran sind mit September 2026 die Kommunen entlang der Murr. Sogar bis Frühjahr 2027 dürfte es mit der Überarbeitung im Remstal dauern – kein Ruhmesblatt für die mit der Aktualisierung der Hochwasserpläne befassten Behörden.

Engpässe bei der Berechnung gelten als Grund für die Wartezeiten

Weshalb es so viel Zeit braucht, die bisher in den Schubladen liegenden Unterlagen auf die durch den Klimawandel veränderte Lage anzupassen, liegt für Simon Kistner auf der Hand. Der Leiter des Amts für Umweltschutz im Rems-Murr-Kreis führt die Verzögerung auf die Komplexität der Überarbeitung der lokalen Flussgebietsmodelle zurück. Auch die personellen Engpässe bei den mit den Berechnungen beauftragten Ingenieurbüros könnten zu unerhofften Wartezeiten führen.

Das Problem: Erst wenn die Hochwasserschutzkarten auf dem Tisch liegen, macht eine konkrete Planung weiterer Bauprojekte für einen verbesserten Überschwemmungsschutz auch Sinn. Außerdem stellen sich verschiedene Versicherungen inzwischen quer, wenn es an einer offiziellen Aussage über die Gefahrenlage fehlt – im Zweifelsfall bekommen Privatleute und Unternehmen keinen Versicherungsschutz mehr.

Landkreis setzt auf ein Messnetz mit 58 Pegeln für den Wasserstand

Deshalb greift der Landkreis inzwischen auf die bei der Landesanstalt für Umweltschutz übers Internet abrufbaren Karten über die lokalen Überschwemmungsgebiete zurück. Bis die Hochwassergefahrenkarten der Kommunen fertiggestellt sind, sollen sie eine Interimslösung sein. Außerdem soll an Rems und Murr ein Netz von kleinen Messstationen entstehen. Die Standortsuche für neue Pegel ist in der Hälfte der 27 beteiligten Ortschaften abgeschlossen, bis Ende nächsten Jahres sollen kreisweit 58 Wasserstandsmesser eine erstens schnell und zweitens auch online abrufbare Antwort auf die Frage nach drohenden Hochwassern liefern – und Feuerwehr und Katastrophenschützern mehr Vorbereitungszeit ermöglichen. Über das Flutinformationssystem Fliwas sollen alle Behörden die jeweils aktuellen Wasserstände und Niederschlagsdaten erhalten.

Denn dass es auch im Rems-Murr-Kreis zu einer möglicherweise verheerenden Überschwemmung kommt, ist aus Sicht des Landratsamts nicht mehr als eine Frage der Zeit. „Ein Hochwasser kann den Rems-Murr-Kreis jederzeit wieder treffen. Da geht es nicht um das ob, sondern nur um das wann“, betont Simon Kistner. Im Einzugsbereich der Rems, der Wieslauf und im Weissacher Tal sind zwar etliche Rückhaltebecken errichtet worden und inzwischen auch in Betrieb.

Der Wasserverband Murrtal hat in Oppenweiler im vergangenen Herbst mit dem Bau des größten Hochwasserrückhaltebeckens im Einzugsbereich der Murr begonnen. Doch als wichtiger Baustein für die Sicherheit werden nicht zuletzt kontinuierliche Katastrophenschutzübungen angesehen. Eine Großübung ist im kommenden Frühjahr im Rems-Murr-Kreis mit Beteiligung der Landkreise Ludwigsburg und Esslingen unter Federführung des Regierungspräsidiums geplant.