Jochen Heß vom Sonnenbühlhof im Fellbacher Lindle demonstriert, wie die Mulchschicht unter seinen Obstbäumen die Verdunstung hemmt. Foto:  

Fehlender Regen und Hitze setzen der Natur zu. Wie können Stadtbäume angesichts des Klimawandels erhalten werden? Wie gehen Obstbauern mit dem Trockenstress um? Jochen Heß vom Sonnenbühlhof in Fellbach gibt Tipps.

Die Frau führt Zeigefinger und Daumen eng zusammen, als sie schildert, was die Dürre mit ihrem Obst macht. „Meine Kirschen bestehen fast nur aus dem Kern und einer ganz dünnen Schicht Fruchtfleisch darum“, erklärt die Fellbacherin, wie es mit der Ernte auf ihrer Streuobstwiese aussieht. Die Trockenheit setzt dem Obst zu. „Ohne Gießen geht gar nichts“, sagt eine Beschickerin auf dem Schorndorfer Wochenmarkt. „Wenn wir nicht gießen würden, würde das Obst nicht wachsen“, macht die Gärtnerin an ihrem Stand mit saisonalen Früchten wie Kirschen, Johannisbeeren und Himbeeren deutlich. Eine Sorge klingt schon mit. Wenn man irgendwann nicht mehr gießen dürfe oder solle, dann sei es mit der Ernte vorbei. „Aber in Spanien wird doch viel mehr gegossen und Wasser verbraucht, um Früchte zu produzieren“, sagt der Kollege am Stand.

Spuren der Dürre sind an vielen Bäumen zu sehen: Braune Blätter, kahle Äste

Dass das Wasser angesichts des Klimawandels mit seinen Hitzerekorden und Dürren immer mehr in den Fokus rückt, ist greifbar. Hobbygärtner erzählen vom langen abendlichen Gießen, wo sie zum Schlauch gegriffen haben, weil die Regentonnen alle leer sind.

Gießen heißt es auch beim städtischen Bauhof. Die Mitarbeiter haben alle Hände voll zu tun, um die Straßenbäume zu wässern. Deutlich sichtbar sind bereits jetzt im Juli die Spuren der Wochen ohne Regen und der hohen Temperaturen. Wer durch die Stadt geht, dem fällt an vielen Stellen auf, dass die geschätzten Schattenspender unter der Dürre leiden. Immer wieder sind kahle oder vertrocknete Äste zu sehen. Beispielsweise in der Fellbacher Bahnhofstraße zeigen sich lichtere Kronen und bräunliche Blätter, auch in der Bühlstraße stehen Exemplare mit braunen Blättern genauso wie in Waiblingen in der Fronackerstraße oder am Bürgerzentrum. Gleichzeitig sind Bäume wichtig als grüne Lungen in der Stadt. Wie steht es um die Stadtbäume angesichts der Trockenheit und Hitze?

Straßenbäume leiden unter besonders hoher Stressbelastung

„Viele Baumarten wie die Hainbuche oder der Spitzahorn leiden unter der sommerlichen Hitze und lassen die Blätter hängen. Dauert dieser Zustand länger an, kann es auch zu vorzeitigem Laubfall kommen und zu vermehrter Bildung von Totholz“, sagt Solveig Birg, Baumexpertin in der Fellbacher Stadtverwaltung. Hinzu kommen laut der Expertin weitere ungünstige Faktoren, insbesondere in den Siedlungsbereichen. „Dort haben wir völlig andere Rahmenbedingungen für Bäume als am natürlichen Standort. Auf den oft zu kleinen Baumquartieren können sich die Bäume nicht mehr ausreichend mit Wasser und Nährstoffen versorgen. Streusalzverwendungen aus früheren Jahren, die sich mit der Zeit angereichert haben, belasten den Boden. Die Veränderungen der Bodenchemie haben direkte Auswirkungen auf die Bodenlebewesen und die Verfügbarkeit von Wasser und Nährstoffen für den Baum“, sagt Birg. Alles in allem erhöhe das die Stressbelastung der Bäume.

Und wie sieht es im Erwerbsobstbau aus? „Derzeit muss man alles gießen“, sagt Jochen Heß vom Sonnenbühlhof im Fellbacher Lindle. Der Wind trockne zusätzlich aus. Am Montagnachmittag hat er einen 1000-Liter-Tank vorbereitet, mit dem seine jungen Weinreben am Kappelberg gegossen werden. Doch diese Art der Wasserversorgung sei eine Ausnahme und bei seiner Obstanlage nicht zu schaffen. Für Heß ist entscheidend, dass gezielt bewässert werden kann. Mit der Tröpfchenbewässerung sei das möglich, mit dieser komme das Nass effizient an die Wurzeln der Pflanze an.

Außerdem setzt der Obstbaumeister seit vielen Jahren auf das Mulchen. Verschiedenen Mulchgeräte hat er angeschafft, die das abgemähte Gras als Schutz unter die Bäume legen. Heß greift unter den Spalierbaum der Sorte Rubinette und hebt den braun gewordenen Grasschnitt am Stamm an. „Im Frühjahr, als wir das aufgetragen haben, war das eine viel dickere Schicht. Inzwischen haben die Bodenlebewesen einiges verwertet“, sagt er. Der Mulch sei eine gute Nahrung und ein Lebensraum für viele nützliche Tiere wie Regenwürmer und Co. Außerdem werde die Verdunstung vermindert.

„Das Mulchen schützt vor Austrocknung und dient den Bodenlebewesen“, sagt der Fachmann. Heß baut auch Sonderkulturen wie Pfirsiche, Nektarinen und Aprikosen an, die im Hofladen der Familie verkauft werden. (Der Hofladen im Fellbach Lindle, Sonnenbühlhof 14, hat donnerstags von 11 bis 19 Uhr geöffnet, samstags am Markttag in Fellbach, Wilhelmstraße 4, von 6 bis 13 Uhr).

Den Nektarinen und Pfirsichen gefällt die Wärme, sagt er. Wenn sie genügend Nass an den Wurzeln haben, gedeihen sie prächtig. Auch auf andere Weise hat Heß auf den Klimawandel mit teils extremer Sonneneinstrahlung reagiert. „Die Netze an den Tafeltrauben fungieren auch als Sonnenschutz“, sagt er beim Gang durch die Anlagen rund um den Hof. Der 40-jährige Obstbaumeister, der auch Prüfungen für den Nachwuchs abnimmt, probiert immer wieder Neues aus. Auch verschiedene Melonensorten oder Indianerbananen wachsen auf seinem Areal. Einige Apfelbäume sind durch Netze abgeschirmt. „So bekommen sie keinen Sonnenbrand“, sagt Heß. Gemulcht sind diese auch. Die Apfelbäume habe er bisher noch nicht gießen müssen. Das liege unter anderem an dem guten Boden, auf dem sie wachsen.

Manche Kreise verbieten, Wasser aus Bächen und Flüssen zu entnehmen

Auch in Flüssen und Bächen im Kreis ist der mangelnde Regen spürbar. „Stand Mittwoch ist die Situation in den Flüssen und Bächen noch nicht so kritisch, als dass wir mittels einer Allgemeinverfügung die Wasserentnahme einschränken müssten. Die Grundwasserstände liegen unverändert auf einem niedrigen Niveau und fallen jahreszeitlich bedingt. Aktuell planen wir aber nicht, die Grundwasserentnahme einzuschränken, da die fallende Tendenz im Normalbereich liegt“, so der Pressesprecher des Landratsamts. In anderen Kreisen sieht das schon anders aus: Im Kreis Böblingen ist die Entnahme von Wasser aus Bächen und Flüssen seit 1. Juni bis Ende September verboten.