Porträt von Ottilie Wildermuth fotografiert von Paul Sinner – aus Wolfgang Hesse „Ansichten aus Schwaben; Kunst, Land und Leute in Aufnahmen der ersten Tübinger Lichtbildner und des Fotografen Paul Sinner Foto: Paul Sinner

Ottilie Wildermuth gehörte zu den meistgelesenen Autorinnen des 19. Jahrhunderts – und kümmerte sich um Mädchenbildung. In Marbach ist sie aufgewachsen.

„ Was mir vor Marbach allein stets einiges Bangen erweckte, das war des Hauses älteste Tochter Ottilie ....“ So beklagt sich Karl Mayer 1887 in der Züricher Post. Sein Artikel, einst im Marbacher Literaturarchiv ausgestellt, geriet weinerlich, sollte aber Ottilie Wildermuth huldigen. Die am 22. Februar 1817 als Ottilie Rooschütz in Rottenburg am Neckar Geborene und in Marbach am Neckar Aufgewachsene gehörte zu den meistgelesenen Schriftstellerinnen und Jugendbuchautorinnen des 19. Jahrhunderts – neben Marie Nathusius und „E. Marlitt“. Und doch blitzte im großen Karl die Schmach des kleinen Karls auf, die er im Hause des Kriminalrats und Marbacher Oberamtsrichters Gottlob Christian Ludwig Rooschütz erfahren hatte. Ottilie war, so Karl, „in allem Wissen und Können weit voraus und überlegen, und namentlich im Lateinischen, das sie gleich einem Knaben erlernt hatte.“ Sie trat „als nicht leicht zu befriedigende Examinatorin auf. Aus solchen Verhören ging ich armes Waiblinger Schulkind regelmäßig gedemütigt hervor.“