Ein Wahl-Hawaiianer aus Ravensburg steht vor den Ruinen seines Restaurants in Lahaina.„Wir sind gerade noch rausgekommen“, berichtet er.
„Lahaina ist nicht mehr da“, so beschreibt Anatol Eisele das Katastrophenszenario auf Maui - er selbst ist der Feuerhölle in Hawaii nur knapp entkommen. Der gebürtige Ravensburger kam als Windsurfer vor 30 Jahren in das Inselparadies, nun steht er vor den verkohlten Ruinen seines Restaurants Paia Fishmarket in Lahaina. „Alles komplett weg“, sagt der 50-Jährige lakonisch. Das Schicksal teilt er mit vielen.
Die Innenstadt des einst malerischen Küstenortes sei völlig abgebrannt, teilte der Bürgermeister von Maui, Richard Bissen, am Donnerstag mit. Die Zahl der Toten ist auf 53 angestiegen, es werden noch mehr Opfer in der schwarzen Trümmerlandschaft vermutet.
Bäume fielen um wie Zahnstocher
Eisele war am Dienstagnachmittag von seinem Wohnort Haiku im Osten der Insel ins westliche Lahaina unterwegs, als er die heftigen Winde erlebte. „Wir haben über 100 Jahre alte Bäume, die sind einfach umgepurzelt wie Zahnstocher“, erzählt der Deutsche. Wegen des Sturms war sein Restaurant schon ohne Strom. Mit ein paar Mitarbeitern harrte er zunächst aus. „Und plötzlich haben wir lautes Knallen von explodierenden Autos gehört und schwarzen Rauch gesehen“, erzählt Eisele. Notfalls wollten sie ins Meer springen, so ihr Fluchtplan, denn die Straßen waren schon völlig verstopft.
Dann blies der Wind das Dach des Restaurants weg, die Flammen kamen näher und sie sprangen doch noch ins Auto. „Wir sind gerade noch so zum Schluss rausgekommen“, beschreibt Eisele ihr abenteuerliches Entkommen. Alle Zufahrtsstraßen in das betroffene Gebiet sind seither gesperrt, doch der Deutsche kehrte am Mittwoch mit einem Boot nach Lahaina zurück. Wie von einer „Feuerbombe“ getroffen sei dort alles zerstört worden, schildert er. Was einen schnellen Wiederaufbau betrifft, ist Eisele skeptisch. Das könne Jahre dauern.
„Gerade haben wir die Pandemie überlebt, und nun das“
Auch Bernard Weber kann das Ausmaß der Zerstörung noch nicht fassen. „Ich bin seit 35 Jahre hier, aber so eine Katastrophe haben wir auf Hawaii noch nie gesehen“, sagt der gebürtige Schweizer. Mit seiner deutschen Ex-Ehefrau betreibt er in Kahului, im Osten der Insel, das Restaurant „Brigit & Bernard’s Garden Cafe“. Dort brannte es nicht, aber sein Wohnhaus in Wailea war von Flammen bedroht. Mitten in der Nacht hätten sie ihr Auto mit Wertsachen und Fotos vollgepackt und die Flucht ergriffen, erzählt der 62-Jährige.
„Gerade haben wir die Pandemie überlebt, und nun das. Tankstellen, Supermärkte, Hotels und Häuser, alles ist weg“, beklagt Weber. Flüge nach Maui seien gestrichen worden, Touristen kämen nicht mehr auf die Insel. „Ich hoffe, dass ich weitermachen kann“, seufzt der Restaurantbesitzer. Freunden, die ihr Haus verloren hätten, habe er nun angeboten, bei ihm zu wohnen.
Der Gouverneur von Hawaii, Josh Green, sprach nach einem Rundgang durch den völlig ausgebrannten Küstenort Lahaina von der „wahrscheinlich größten Naturkatastrophe“ in der Geschichte des US-Bundesstaates Hawaii. Green erinnerte an das Jahr 1960, als Hawaii von einem Tsunami getroffen wurde. Die Flutwelle forderte damals 61 Menschenleben. Mit Blick auf die Flammenkatastrophe in Maui sagte Green, dass die Zahl der Toten wohl noch ansteigen werde. Viele Hundert Häuser seien zerstört worden. Der Sachschaden gehe in die Milliarden. Der Wiederaufbau von Lahaina werde Jahre dauern.