Dieses Foto zeigt den russischen Präsidenten Wladimir Putin (Mitte)im September 2023 im Gespräch mit Juri Borissow (rechts), Vorstandsvorsitzende des russischen Raumfahrtunternehmens Roscosmos, auf dem Kosmodrom Wostotschny. Foto: Vladimir Smirnov/Pool Sputnik Kremlin/AP/dpa

Es ist fast wie ein Déjà-vu: Mitten im Kalten Krieg planten Amerikaner und Sowjets Atombomben auf dem Mond zu zünden. Doch angesichts der unkalkulierbaren Folgen wurde aus der nuklearen Machtdemonstration nichts. Nun erwägt Russland offenbar ein Atomkraftwerk auf dem Mond zu bauen.

Russland erwägt nach offiziellen Angaben den Bau eines Atomkraftwerks auf dem Mond. „Heute ziehen wir ernsthaft das Projekt der Lieferung und des Aufbaus einer Energieanlage auf der Mondoberfläche in Betracht - irgendwann zwischen 2033 und 2035 gemeinsam mit unseren chinesischen Kollegen“, sagte der Chef der Raumfahrtbehörde Roskosmos, Juri Borissow, am Dienstag (5. März) bei einer Veranstaltung. Der Aufbau werde dabei nicht von Hand, sondern automatisch erfolgen. Die technischen Lösungen dafür gebe es praktisch bereits, versicherte Borissow.

Russland will Mond atomar aufrüsten

AKW auf dem Mond? Als gäbe es mit der Kernkraft auf der Erde nicht schon genug Probleme. Foto: Imago/StockTrek Images

Borissow betonte zugleich, dass es nicht um die Stationierung von Atomwaffen im Weltraum gehe. Russland habe sich stets dagegen ausgesprochen und bleibe bei dieser Haltung.

Zuletzt hatte es in den USA Spekulationen darüber gegeben, dass Russland Satelliten mit einer neuartigen atomaren Waffe bekämpfen wolle. Russlands Präsident Wladimir Putin hatte diese Spekulationen zurückgewiesen.

Moskau und Peking ziehen im Weltall an einem Strang

Russland und China haben 2021 eine Absichtserklärung zum Ausbau ihrer Zusammenarbeit im Weltall unterzeichnet, auch vor dem Hintergrund zunehmender Spannungen Moskaus mit dem Westen. So hat Russland seinen Ausstieg bei der Raumstation ISS verkündet. Die ursprünglich nach 2024 enden sollende Kooperation soll nun aber zumindest bis 2028 noch fortgesetzt werden.

China hat ein eigenes Programm zur Erkundung des Mondes. Bereits im Mai soll die unbemannte Sonde „Chang’e 6“ zum Erdtrabanten aufbrechen, um Gesteinsproben zu holen.

USA zeigen sich alarmiert

Mitte Februar hatten sich hochrangigen amerikanische Regierungsvertreter wegen einer neuen „ernsthaften Sicherheitsbedrohung“ besorgt gezeigt. Den Bericht zufolge plane Russland Anti-Satelliten-Atomwaffen im Weltraum zu stationieren. Das hatten der US-Sender ABC News und die Zeitung „New York Times“ unter Berufung auf Regierungsvertreter berichtet.

Demnach soll es sich um eine „sehr besorgniserregende“ russische Militärkapazität handeln. Der Sender Fox News berichtete daraufhin, mit einem Einsatz nuklearer Systeme gegen Satelliten ließe sich möglicherweise militärische Kommunikation und Aufklärung der USA ausschalten.

Sowjets wollten Nuklearsprengkopf auf dem Mond zünden

Die Idee, Atomwaffen im Weltraum zu stationieren oder zu testen, ist nicht neu. Die Sowjetunion hatte bereits 1958 Geheimpapieren zufolge die Zündung einer Atombombe auf dem Mond in Auftrag gegeben. Am 1. November 1957 hatte die US-Tageszeitung „Pittsburgh Press“ unter der Überschrift „Latest Red Rumor: They’ll Bomb Moon“ („Das letzte rote Gerüchte: Sie wollen den Mond bombardieren“) über entsprechende sowjetische Pläne berichtet.

Projekt „E“: Moskaus Machtdemonstration im Kalten Krieg

Eine Weltraumrakete startet erfolgreich mit Vollmond in den Sternenhimmel. Foto: Imago//Chromorage

Das Projekt des engsten Moskauer Machtzirkels um den damaligen Parteichef Nikita Chruschtschow mit den Codenamen „E“ sah demzufolge vor, eine Rakete alternativ mit einer Wasserstoff- oder Atombombe zu bestücken. Die Zündung sollte als Machtdemonstration im Kalten Krieg dienen.

Sowjetische Wissenschaftler warnten jedoch davor gewarnt, dass die Bombe beim Raketenstart explodieren oder die Rakete den Mond verfehlen und auf die Erde zurückstürzen könnte.

Wie das Pendant auf amerikanischer Seite wurde auch das sowjetische Programm bereits in der Planungsphase eingestellt. Grund hierfür waren offenbar Sicherheitsbedenken. So hatten die Verantwortlichen gefürchtet, dass bei einer Fehlfunktion der Rakete diese mitsamt ihrem Sprengkopf auf die Erde zurückfallen könne.

Projekt „A119“: US-Bombe auf dem Erdtrabanten

Szene aus dem Science-Fiction-Film „Le Voyage dans la Lune“ („Die Reise zum Mond“) des französischen Filmpioniers Georges Méliès aus dem Jahr 1902. Foto: Imago/Ronald Grant

Auch die Amerikaner waren einer atomaren Machtdemonstration auf dem Erdtrabanten nicht abgeneigt. Unter dem Codenamen „Project A119“, auch bekannt als „A Study of Lunar Research Flights“ (englisch für: Eine Studie über lunare Forschungsflüge) wollten sie eine Mini-Atombombe auf der dunklen Seite des Mondes zünden und so den Sowjets zuvorkommen. Ein auch auf der Erde sichtbarer Atompilz sollte die technische Überlegenheit der US-Nuklearrüstung unter Beweis stellen.

Bemannte Mondlandung statt Atomexplosion

Da aber der Mond als potenzielles Ziel für eine Kolonisation nicht radioaktiv verseuchen werden sollte, kamen die Pläne wieder in die Schublade. Zudem kamen die zu der Überzeugung, dass eine bemannte Mondlandung eine sehr viel positivere Wirkung auf die amerikanische Öffentlichkeit haben würde als eine Nuklearexplosion im Weltraum.

Im Februar 1957 hatte der US-Physiker Edward Teller die Detonation mehrerer Nuklearbomben auf und über der Oberfläche des Mondes vorgeschlagen, um die Effekte solcher Explosionen bei geringer Schwerkraft analysieren zu können. Der amerikanische Plan sah vor, Bomben mit der Sprengkraft von 1,7 Kilotonnen zu zünden. Zum Vergleich: Die am 6. August auf die japanische Stadt Hiroshima abgeworfene Bombe „Little Boy“ hatte eine Sprengkraft von 13 bis 18 Kilotonnen (mit dpa-Agenturmaterial).