Die Täter sind meistens Männer. Foto: dpa/Maurizio Gambarini

Dass zu Hause geschlagen wird, ist in vielen Familien noch immer normal. Das zeigt das Lagebild häusliche Gewalt. Das zu ändern, ist eine gesellschaftliche Aufgabe, meint Rebekka Wiese.

Wie viele es wirklich sind, weiß niemand. Aber allein die offiziellen Zahlen sind erschreckend: 250.547 Opfer häuslicher Gewalt registrierte das Bundeskriminalamt (BKA) im vergangenen Jahr: fast 9 Prozent mehr als noch 2021. Mehr als 70 Prozent davon sind weiblich. Das geht aus dem Lagebild häusliche Gewalt hervor, das am Dienstag in Berlin vorgestellt wurde. Und das sind nur die Taten, die gemeldet wurden.

Deshalb ist es gut, dass das Familien- und das Innenministerium nun eine Dunkelfeldstudie angestoßen haben, um mehr darüber herauszufinden, wie viele Betroffene es wohl wirklich gibt. Das ist ein richtiger Schritt. Doch trotzdem passiert politisch und gesellschaftlich noch immer nicht genug, um Betroffene vor Gewalt in ihren eigenen Wänden zu schützen.

Bei der Vorstellung des Lagebilds häusliche Gewalt betonten Innenministerin Nancy Faeser und Familienministerin Lisa Paus, was sie alles getan haben, um das Problem anzugehen: Sie erzählten von Frauenhäusern und Beratungsstellen, einem Runden Tisch und davon, wie die Polizei für das Thema sensibilisiert wird. Genug ist das allerdings nicht. Die Frauenhäuser in Deutschland sind massiv überlastet. Wer vor häuslicher Gewalt flieht, muss manchmal lange Schutz suchen.

Tabuisiert und normalisiert

Bei häuslicher Gewalt handelt es sich auch um ein gesellschaftliches Problem – und zwar um eines, dass gleichzeitig tabuisiert und normalisiert wird. Einerseits sprechen Opfer selten davon, was sie erleben, so schambehaftet ist das Thema. Andererseits glauben viele, es sei doch normal, dass ihrem Partner „mal die Hand ausrutscht“. Dabei ist es das nicht. Es ist eine Straftat.

Wie groß das Ausmaß wirklich ist, dürfte sich zeigen, wenn Anfang 2025 die ersten Ergebnisse der Dunkelfeldstudie vorliegen. Sie sollen auch zeigen, wie man Betroffenen besser helfen kann. Es bleibt zu hoffen, dass diese Erkenntnisse dann auch in politisches Handeln umgesetzt werden.