Das Herzogtum Württemberg bot zur Landesverteidigung alle waffenfähigen Männer auf, die sogenannte Landmiliz. Foto: Holzer

Johann Friedrich Imendorfer aus Heimerdingen ist für Friedrich Hartmann aus Großsachsenheim in die Napoleonischen Kriege gezogen – für einen Betrag von 300 Gulden.

Überhaupt nicht gewillt ist Friedrich Hartmann, seine Knochen auf den Schlachtfeldern der Kriege gegen und mit Napoleon liegen zu lassen. Das ist im Herbst 1799 gewesen. Doch zum Glück war sein Vater in Großsachsenheim ein gut situierter Bauer und so konnte der es sich leisten, den rekrutierten Sohn freizukaufen. Dafür musste allerdings ein sogenannter Einsteher her. Der musste gegen Bezahlung bereit sein, für den jungen Hartmann den Militärdienst zu übernehmen.

Ein solcher Einsteher fand sich in Person von Johann Friedrich Imendorfer aus Heimerdingen. Er war ein sogenannter Einstandsmann, der als Stellvertreter gegen Kaution für einen anderen Militärdienst leistete. In den damaligen Rekrutierungsgesetzen der deutschen Staaten mit Ausnahme Preußens war dies als legale Möglichkeit vorgesehen. Geregelt wurde es endgültig in der württembergischen Militär-Conscriptions-Ordnung vom 6. August 1806. Zwischen dem Einsteller und dem Einsteher wurde ein Vertrag abgeschlossen. Die Kaution des Einstellers betrug unterschiedlich von 300 bis zu 600 Gulden. 1815 wurde sie im „Rekrutierungsgesetz für das Königreich“ offiziell auf 500 Gulden festgelegt.

Die Kaution wurde bei einer staatlichen Kasse eingezahlt

In dem im Oberamt Leonberg schriftlich beurkundeten Vertrag sind es 300 Gulden gewesen, die Friedrich Hartmann aus Groß-Sachsenheim locker machen musste, um nicht Soldat zu werden. Die Kaution wurde bei einer staatlichen Kasse eingezahlt. Davon wurde dem Einsteher ein Teil bei Dienstantritt ausgezahlt. Johann Friedrich Imendorfer bekam bei der Abmachung 250 Gulden in bar ausgehändigt. Der verzinste Rest von 50 Gulden sollte nach der abgelaufener Verpflichtungszeit von vier Jahren ausbezahlt werden. Für den Heimerdinger bedeute das auch, dass er für diese Zeit von der eigenen Rekrutierung befreit war.

Aus diesem Kreis gut ausgebildeter und erfahrener Soldaten, die sich als Einsteher verdingt haben, wurden häufig die Unteroffiziere ausgewählt. Ein Einsteher konnte sich auch mehrmals hintereinander verpflichten, meist mit dem bereits erreichten Dienstgrad. So wurde zum Beispiel durch einen Befehl des württembergischen Kriegsministeriums von 1817 für die Annahme der Einsteher festgelegt, dass sie im Königreich geboren, diensttüchtig, mindestens 5 Fuß 6 Zoll (also 1,67 Meter) groß, ledig oder Witwer ohne Kinder und unter 36 Jahren alt sein mussten. Zu nehmen waren solche, „durch deren Beibehaltung der Dienst gewinnt oder welche künftige Brauchbarkeit im Voraus versprechen“. Die Verpflichtung dauerte sechs Jahre. Der Einsteller aus Großsachsenheim allerdings kam 1799 mit 300 Gulden noch günstig davon. Aber auch der Einsteher aus Heimerdingen hatte ein gutes Geschäft gemacht, denn mit dem neuen Gesetz hätte er später lediglich 100 Gulden bar auf die Hand bekommen und den verzinsten Rest erst am Ende der Dienstzeit.

An der Hohen Karlsschule studiert – und möglicherweise Schiller getroffen

Der Akt, den das Oberamt Leonberg ausgestellt hat, ist von Karl August Friedrich Freiherr von Phull (Pfuel) unterzeichnet. Am 12. Oktober 1767 in Ludwigsburg geboren, war er General und hochrangiger Militärverwalter des Königreichs Württemberg während der Koalitions- und Befreiungskriege gegen Napoleon. Er hatte von 1777 bis 1784 an der Hohen Karlsschule studiert. Dort ist er möglicherweise auch Friedrich Schiller begegnet, der nach seinem Rechtsstudium von 1773 bis 1776 hier zum Medizinstudium wechselte, in dem er 1780 promovierte.

Nach seinem Austritt aus der Karlsschule wurde Phull Offizier der herzoglichen Garde. Während der Napoleonischen Kriege beteiligte er sich an den Feldzügen von 1790 bis 1809. Im Anschluss erhielt er den Auftrag, die neuwürttembergischen Gebiete des Herzogtums Hohenlohe und des Fürstentums Mergentheim zu befrieden. Hier rebellierte das Volk gegen die neue Obrigkeit aus Stuttgart. Phull sollte die verdächtigen, teilweise hochrangigen Anführer der Unruhen ermitteln und festnehmen.

Als Generalgouverneur und Befehlshaber der Truppen sowie auch Vorgesetzter der bürgerlichen Behörden hatte er im Auftrag des Königs Friedrich unbeschränkte Vollmachten. So ermöglichte er das harte Strafgericht, welches der Polizeiminister Ludwig Graf von Taube durchführte. Da die eigentlichen Anführer der Unruhen bereits geflohen waren, griff Taube willkürlich einige für nachrangig erklärte Rädelsführer heraus und ließ sechs von ihnen zum Tode durch Hängen oder Erschießen verurteilen. Diese Kriegsjustiz löste in den betroffenen Gebieten großes Entsetzen aus, fand jedoch die Zustimmung Napoleons.

Ab Juni 1811 war Phull Kriegsminister

Phull, wurde am 29. Juni 1811 Kriegsminister. Nach dem Debakel des Russlandfeldzugs von 1812, bei dem die württembergischen Truppen fast gänzlich aufgerieben wurden, war seine Aufgabe, das Württembergische Armeekorps wieder aufzustellen und aufzurüsten. In dieser Funktion unterzeichnete er auch das „Rekrutierungsgesetz für das Königreich“ vom 1. März 1815. Dieses legte die allgemeine Militärpflicht für alle Untertanen zwischen 18 und 25 Jahren fest.

Anfang 1816 übertrug der neue König Wilhelm Karl August Friedrich Freiherr von Phull das Gouvernement von Stuttgart und die Befehlsgewalt über die Garden. Doch bereits am 8. November 1816 entband er ihn vom Amt des Kriegsministers und schickte ihn als Gesandten nach Berlin und Hannover. Hier wirkte er bis 1820, ehe er völlig aus dem öffentlichen Leben zurücktrat. Er starb am 11. April 1840 in Stuttgart. Von 1787 bis 1918 war das zu der Gemeinde Mönsheim gehörende Gehöft Obermönsheim im Besitz derer von Phull. Allerdings gingen alle staatlichen Rechte im Verlauf des 19. Jahrhunderts an das Königreich Württemberg über.