Das Bundesgesetz zur Kennzeichnung von Lebensmitteln mit der Haltungsform der Tiere wurde vor wenigen Tagen beschlossen. Foto: imago images/Gottfried Czepluch

Vertreter von Landwirtschaft, Peta und Handel diskutieren in Gerlingen. Auf Einladung der Grünen gehen sie der Frage nach ob und wie Lebensmittel, die ohne Tierquälerei produziert werden, vom Konsumenten angenommen werden.

Noch ehe die inhaltliche Auseinandersetzung begonnen hatte, gab es Beifall für die Diskussionsteilnehmer auf dem Podium: Es war eine ehrliche Respektbekundung der Zuhörer, dass die Diskutanten sich in dieser Konstellation auf den Abend eingelassen hatten. Schließlich trafen erstmals eine Vertreterin der Tierschutzorganisation Peta und der Gerlinger Landwirt und Hühnerhofbesitzer Dieter Müller aufeinander. Peta wirft Müller seit einigen Jahren Verstöße in der Hühnerhaltung vor. Den jüngsten Fall hatte das Kreisveterinäramt der Staatsanwaltschaft vorgelegt, auch Peta erstattete Anzeige. Ergebnis offen. Peta hatte dafür Bildmaterial von Whistleblowern verwendet. Dass Peta bei ihm auch in die Ställe eingebrochen war, wie Müller in der Diskussion behauptete, bestritt Peta-Sprecherin Scarlett Treml prompt. „Wir gehen nicht in Ställe. Wir machen keine illegalen Sachen.“

Örtliche Metzger hatten abgesagt

Die rund hundert Veranstaltungsbesucher waren auf Einladung der Grünen gekommen. Sie hatten eingeladen, um die Frage „Lebensmittel ohne Tierquälerei?“ zu diskutieren. Auf dem Podium saßen neben Landwirt Müller und Tierschützerin Treml die Ludwigsburger Grünen-Bundestagsabgeordnete Sandra Detzer, Karin Käde vom Gerlinger Weltladen sowie Edwin Mantel, der Geschäftsführer von „Edeka Südwest Fleisch“. Örtliche Metzger hatten laut den Organisatoren abgesagt.

Gleichwohl war manch einer vor allem gekommen, um von Dieter Müller selbst zu den Vorwürfen zu hören, die gegen ihn im Raum stehen. Er hatte sich öffentlich bisher kaum dazu geäußert. Am Dienstag schilderte er nun, dass hundert Hühner erstickt waren, als sie abgeholt werden sollten. Sie waren dafür zusammengetrieben worden, in Panik geraten und dabei letztlich erstickt. Die toten Tiere lagerten dann zunächst auf dem Hofgelände, denn es habe „zwei Tage gedauert, bis sie abgeholt wurden“. Peta-Vertreterin Treml widersprach der Darstellung. Der Gutachter hatte bei den Kadavern Kloakenkanibalismus festgestellt – „ein Indiz für schlechte Tierhaltung“.

Moderator Frank Straile, Grünen-Mitglied im Gerlinger Ortsverband, führte durch die mehr als zweistündige Diskussion ausschließlich mit sachlichen Fragen. Mit dieser Gesprächsführung nahm er gleichwohl alle Gäste auf dem Podium sowie das Publikum im Saal in die Pflicht, sachlich im Wortbeitrag und respektvoll im Umgang zu bleiben. Aus Sicht der Diskutanten und Zuhörer war ihm das gelungen, wie später zahlreiche Reaktionen zeigten.

Gerade die konträren Positionen hatten die Verantwortung von Erzeuger, Konsument, Handel und Politik sowie Bildungseinrichtungen dargelegt. „Die Verbraucher ändern den Markt.“ Deshalb sei es wichtig, „dass die Verbraucher gut informiert sind“ hatte der Vaihinger Landtagsabgeordnete der Grünen, Markus Rösler, eingangs formuliert. Doch klar sei auch dies: „Wäre der Preisdruck auf die Bauern nicht so brutal, wäre die Diskussion um das Tierwohl oder auch den Naturschutz gar nicht erforderlich, da die Landwirte dann anders wirtschaften könnten“. Auf diesen weltweiten Zusammenhang wies Karin Käde vom Weltladen hin. Der Hofladen-Betreiber Müller plädierte deshalb weiter für die lokale Produktion. Er selbst habe so viele Hühner, wie die Fläche vertrage, sagt er über die Futtermittelproduktion.

Selbstkritische Worte der Politik

Ob der Kunde durch die Vielfalt der Label – und der bundesweiten Kennzeichnungspflicht von Lebensmitteln mit der Haltungsform der Tiere – gut informiert sei, wurde unterschiedlich bewertet. Müller ist skeptisch: Hinter jedem Label „steht eine Firma, die Geld verdienen will“. In der Kennzeichnung habe sich viel getan, sagte hingegen Edeka-Vertreter Mantel. Er warb für das unternehmenseigene Label, aber auch für eine europaweite Regelung. Detzer blieb da skeptisch. Das sei bei dem emotionalen Thema politisch schwierig umzusetzen. Zumal auch bundesweit noch Handlungsbedarf bestünde: „Wir sind beim Thema Tierschutz nicht gut genug“.