Die Gemeinde Murr will erschwinglichen Wohnraum in der Ortsmitte schaffen. Sie kaufte dafür Grundstücke und plant nun ein ökologisches Musterquartier.
Die Murrer Ortsmitte macht sich. Jetzt soll dort ein ökologisches Musterquartier am Alten Rathaus entstehen. Die Gemeinde überlässt die Entwicklung des Gebiets mit bezahlbarem Wohnraum jedoch keinem Bauunternehmen, sondern steuert das Projekt selbst. Jahrelang kaufte die Verwaltung Grundstücke auf und tauschte. So stehen nun rund 4800 Quadratmeter zur Verfügung. Der Gemeinderat hat sich in der Juli-Sitzung vorläufig für zwei Planvarianten entschieden, bei denen möglichst viel Wohnraum entstehen soll. Laut Planung könnten es bis zu 46 Wohnungen sein.
Mit dem Projekt löst der Bürgermeister Torsten Bartzsch ein altes Versprechen ein, durch Geschosswohnungsbau in der Ortsmitte bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Er hatte in der Vergangenheit im Gemeinderat stets durchgesetzt, dass in den Neubaugebieten am westlichen Rand der 6700-Einwohner-Kommune keine Mehrfamilienhäuser entstehen, sondern Einfamilienhäuser, vor allem für junge Familien. „Das Ziel ist, in der Ortsmitte verdichteten Wohnraum zu bilden“, sagte Bartzsch in der jüngsten Gemeinderatssitzung, in der er das Projekt erstmals öffentlich vorstellte.
Die Planerin plädiert für eine gute soziale Durchmischung im Gebiet
Das ökologische Musterquartier liegt im Trend. Viele Familien können sich wegen der hohen Baupreise ein Einfamilienhaus nicht mehr leisten. Aber auch Senioren sind auf der Suche nach barrierefreien Wohnformen im Alter. „Sinnvoll ist eine gute Durchmischung der sozialen Struktur in dem Quartier“, sagt Petra Zeese, die als selbstständige Städteplanerin mit ihrem Büro FPZ in Stuttgart von der Gemeinde damit betraut wurde, mehrere Planvarianten zu entwickeln.
Offenbar wirkten zwei der vier Varianten auf die Murrer Gemeinderäte so überzeugend, dass sie sich auf zwei verbleibende mit dem Titel IIIa und IIIb verständigten. Dem Bürgermeister Torsten Bartzsch war wichtig, dass die Parkplätze in einer Tiefgarage liegen, was nur drei Varianten ermöglichten. Letztlich boten lediglich die Varianten III mehr als 40 Wohneinheiten – und davon möglichst viele zu schaffen, hatten sich die Räte ja vorgenommen.
Im Alten Rathaus soll ein Trauzimmer entstehen
Das Kernstück des Quartiers bildet das Alte Rathaus. Das historische Gebäude wird derzeit von Vereinen genutzt und soll auch weiterhin überwiegend öffentlich bleiben. Die Verwaltung würde dort gerne ein Trauzimmer einrichten. Auch ein Anbau sei vorstellbar. In den Mehrfamilienhäusern will die Gemeinde Mietwohnraum, aber auch Eigentumswohnungen anbieten. In welcher Mischung das geschieht, darüber will Torsten Bartzsch noch mit dem Gemeinderat entscheiden. Dabei könnte das Modell der Erbbaupacht zum Tragen kommen: Die Gemeinde bleibt dabei Eigentümerin des Grundstücks, erhält vom Nutzer im Gegenzug monatlich oder jährlich einen Erbbauzins. Ob Bauinvestoren zum Zug kommen, müsse man noch beschließen, so Bartzsch.
Das Quartier im Sanierungsgebiet Ortskern III soll aber auch durch sein ökologisch qualifiziertes Umfeld überzeugen. Dazu gehört es, auf Versiegelung zu verzichten und zusammenhängende Grünflächen zu schaffen. Ein Entwässerungs- und ein Energiekonzept sind ebenfalls vorgesehen. Neben der gemeinsamen Tiefgarage dürfte auch ein Spiel- und Aufenthaltsbereich die Lebensqualität steigern. Fußgängerfreundlich wirken die Erschließungen über einen Wohnweg von der Hindenburgstraße aus und der fußläufige Anschluss an die Kirchgasse.
Welche Variante macht das Rennen?
Welche der beiden Varianten sich am Ende durchsetzt, wird der Gemeinderat noch entscheiden. Variante IIIa beinhaltet giebelständige Mehrfamilienhäuser an der Hindenburgstraße. Am Wohnweg wären ein Mehrfamilienhaus, ein Doppelhaus und zwei Einfamilienhäuser vorgesehen. Insgesamt würden 42 oder 43 Wohnungen entstehen.
Die Variante IIIb hingegen sieht ein U-förmiges Gebäude für besondere Wohnformen entlang der Hindenburgstraße vor. Zur Hindenburgstraße wäre der Baukörper dabei geschlossen. Am Wohnweg würde ein Mehrfamilienhaus sowie ein Doppelhaus und zwei Einfamilienhäuser entwickelt werden. Unterm Strich entstünden auf diese Weise 42 bis 46 Wohneinheiten.