Szene aus dem Eröffnungsfilm „Comandante“ mit Pierfrancesco Favino und Silvia D’Amico Foto: dpa/Enrico De Luigi

Der Streik der Autoren und Schauspieler in Hollywood bestimmt den Auftakt der 80. Filmfestspiele in Venedig – und beeinflusst auch die Wahl des Eröffnungsfilms.

Dass die 80. Ausgabe der Filmfestspiele in Venedig, die am Mittwochabend eröffnet wurde, ganz im Zeichen der in den USA streikenden Drehbuch- und Schauspielgewerkschaften stehen würde, stand zu erwarten. Doch gleich zum Auftakt zeigte sich nachdrücklich, welch langen Schatten die Arbeitsproteste in Hollywood tatsächlich bis auf den Lido werfen.

„Jedes Kunstwerk hat einen Wert an sich und ist nicht bloß ein Stück Content, mit dem man seine Pipeline befüllt“, sagte bei der ersten Festival-Pressekonferenz der amerikanische Regisseur Damien Chazelle, der in diesem Jahr in Venedig den Vorsitz über die Wettbewerbsjury innehat und, wie viele seiner Kolleginnen und Kollegen, auch Mitglied der Drehbuch-Gewerkschaft ist. „Diese Idee wurde in den letzten Jahren mehr und mehr ausgehöhlt. Doch es ist mein und unser Hauptanliegen, dass Menschen für ihre Kunst angemessen entlohnt werden!“ Genau wie er trugen auch einige seiner Mitjuroren wie die Oscar-Gewinner Laura Poitras oder Martin McDonagh T-Shirts mit der Aufschrift „Writers Guild on Strike“.

Ehrenpreis für Liliana Cavani

Auf dem roten Teppich abends mussten in Abwesenheit großer Schauspielstars aus Übersee erst einmal lokale Prominenz sowie das deutsche Model Toni Garrn ein Minimum an Glamour entfalten. Immerhin die britische Schauspielerin Charlotte Rampling gab sich – in abenteuerlichem Schuhwerk – die Ehre, überreichte sie doch einen Ehrenpreis an die 90-jährige italienische Regisseurin Liliana Cavani, in deren Film „Der Nachtportier“ sie einst Skandale heraufbeschworen hatte.

Als Eröffnungsfilm lief dann „Comandante“ von Cavanis Landsmann Edoardo De Angelis, der allerdings nur die Notlösung war. Eigentlich sollte „Challengers“ von Luca Guadaganino Weltpremiere feiern, eine Tennis-Liebesdreiecksgeschichte mit Superstar Zendaya in der Hauptrolle. Doch weil der Verleih im Zuge des Streiks beschlossen hat, den Film statt in diesem Herbst erst kommendes Jahr in die Kinos zu bringen, zog man ihn auch aus Venedig zurück.

„Comandante“ erzählt nach wahren Begebenheiten eine Geschichte aus dem Zweiten Weltkrieg. 1940 bricht das italienische U-Boot Comandante Cappelini über Gibraltar in den Atlantik auf, wo es ein belgisches Schiff versenkt. Entgegen allen Anweisungen entscheidet der Kapitän Salvatore Todaro (Pierfrancesco Favino), die Überlebenden zu retten und schließlich an Bord zu holen. Obwohl er damit auch das Leben der eigenen Crew gefährdet. Aufwendig und mit viel Pathos in den Dialogen erzählt De Angelis von Heldenmut und Menschlichkeit in Kriegszeiten – und findet sogar Platz für Humor rund ums Thema Pommes frites.

Verklärung als Mann des Meeres

Doch dass er seinen Protagonisten permanent als Mann des Meeres verklärt und von italienischen Werten schwärmen lässt und darüber am liebsten ausblenden würde, für welches faschistische Regime er im Einsatz ist, stößt unangenehm auf.

Und dass Regisseur De Angelis mittels eines vorangestellten Zitats eines von Ukrainern geretteten russischen Marinesoldaten den Bezug zu aktuellen Ereignissen überdeutlich macht, wäre ebenfalls nicht nötig gewesen.