Die Bettwanze ist ganzjährig aktiv und mag das Blut der Menschen. Foto: imago images

Die Stadt Bietigheim-Bissingen hat den Bettwanzen-Befall in einer Obdachlosenunterkunft gestoppt. Was sagen Experten zur hygienischen Lage?

Wenn es juckt, könnte das von Bettwanzen kommen. Daran war in einer Obdachlosenunterkunft in Bietigheim-Bissingen kürzlich kein Zweifel mehr. Die Wanzen plagten einen Bewohner. Die Stadt als Trägerin der Einrichtung in der Carl-Benz-Straße griff schnell ein und bereinigte die Lage. Nach Einschätzung von Schädlingsbekämpfern bewegt sich die Zahl der Einsätze in Baden-Württemberg – entgegen der besorgniserregenden Nachrichten über Bettwanzen in Paris – derzeit eher im normalen Rahmen.

Ein Schädlingsbefall komme in den zwölf Bietigheimer Unterkünften mit derzeit rund 250  Bewohnern immer mal wieder vor, hieß es vonseiten der Stadtverwaltung. Zwei- bis dreimal habe die Stadt in den Obdachlosenunterkünften die Schädlingsbekämpfung in diesem Jahr rufen müssen, berichtet Anette Hochmuth, Pressesprecherin der Stadt. Unter den ungebetenen Gästen seien auch Kakerlaken gewesen. „Wir sind noch nicht Paris“, sagte sie unter Anspielung auf die von Medien gemeldete massenhafte Verbreitung von Wanzen in Hotels, Zügen, Kinos und Schulen der französischen Hauptstadt im Jahr vor den Olympischen Spielen. Das Ausmaß des Bettwanzenbefalls erreiche in der Stadt an Enz und Metter „keine pandemischen Züge“ – so auch in dem Obdachlosenheim, in dem nur ein Zimmer betroffen gewesen sei.

Schädlingsbekämpfer im Einsatz

Das Vorgehen folge laut Hochmuth einem einfachen Schema: „Bei Bettwanzen ist die Grundreinigung des Zimmers notwendig, so auch in diesem Fall.“ Der Bewohner erhalte ein anderes Zimmer. Dann behandele der Schädlingsbekämpfer alle befallenen Dinge wie etwa das Bettzeug oder Textilien, die sich im Raum befänden.

Bettwanzen können auch in Gegenständen sitzen, die in der Wohnung herumliegen und in der Kleidung, erzählt die Stadtsprecherin. „Man muss also diese Sachen loswerden.“ Die Wanzen saugen Blut, es sind aber keine Flöhe: Ein Biss werde wie ein Insektenstich empfunden. Die Wanzen hingen nicht an der Haut wie eine Zecke.

Was tun, wenn man Bettwanzen hat?

Werde jemand von Wanzen befallen, müsse er alles ausziehen und duschen – dann sei man selbst sauber, berichtet Hochmuth. Die Sachen aber müssten alle gereinigt oder entsorgt werden, da Bettwanzen in allen Ritzen und Ecken und Textilien hängen können. Aus diesem Grund helfe eben eine komplette Grundreinigung und das Besprühen von Wänden und allen möglichen Ecken und auch der Möbel, wobei darauf zu achten sei, dass alles von hinten und vorne und oben und unten erreicht werde.

Die Herkunft der Bettwanzen im vorliegenden Fall sei unklar, so die Stadtsprecherin. In der Regel kämen sie von außen in die Unterkünfte, etwa indem sie an Sachen hängen, die ein neuer Bewohner mitbringe oder von einem Besucher eingeschleppt werden. Werde ein Zimmer von einem Bewohner verlassen, müsse man es deshalb auch ordentlich reinigen – bei Verdacht auf Ungeziefer auch von einem Schädlingsbekämpfer.

Der Fachverband bezweifelt einen großflächigen Vormarsch

Von einem großflächigen Vormarsch der Bettwanzen, wie in manchen Medienberichten vermittelt, könne überhaupt nicht die Rede sein, teilt Werner Steinheuser, Vorsitzender des Schädlingsbekämpfer-Verbandes West mit Sitz in Weinheim mit. Dies habe eine Umfrage des Verbandes unter 40 Mitgliedsbetrieben ergeben: Zwei bis vier Bettwanzenfälle pro Woche seien normal und gerade im Vergleich zu anderen Tierentfernungen eine eher eine niedrige Zahl. „Zum Vergleich: Wir haben jeden Tag zwei bis drei Schabenbefalle und vier bis zehn Einsätze wegen Wespen.“

Die Bettwanzen gehörten zum Alltag – manche Möbel, die von der Straße mit nach Hause genommen werden, enthielten die kleinen Blutsauger. „In jeder touristischen Stadt mit Hotels tauchen Bettwanzen auf“, sagt der Chef des Verbands, dem mehr als 50 Betriebe allein aus Baden-Württemberg und 105 deutschlandweit angehören. Es sei ganz normal, dass die Tiere von manchen Reisenden mitgebracht werden. Das betreffe Pensionen, in denen Handwerker übernachteten genauso wie große Hotels. „Bettwanzen sind nichts Ungewöhnliches – meistens liegt es auch nicht an fehlender Hygiene.“ Nur etwa zwei bis vier Prozent aller Kunden lebten offensichtlich unsauber.

Massive Zweifel auch am angeblichen Wanzenbefall in Paris

Ob es in Paris derzeit überhaupt einen übermäßigen Befall von Bettwanzen gibt, bezweifelt Werner Steinheuser. Er denkt, dass die Medien auf Influencer hereingefallen seien, die seiner Meinung nach ähnlich wie schon vor den Olympischen Spielen in London 2012 die Nachricht verbreiteten, überall in der Stadt gebe es Bettwanzen. „Wenn man das Urvideo in der Metro von Paris betrachtet, erkennt man Raubwanzen: Das ist ein Pflanzenschädling“, sagt Steinheuser, der an der Fachschule für Hygienetechnik in Bad Kreuznach unterrichtet und stellvertretender Vorsitzender des Prüfungsausschusses ist. Es gebe auch keine Studien darüber, dass Bettwanzen – anders als Flöhe – Krankheiten übertrügen.