Einsatzkräfte sichern das zerstörte Dach eines Hauses im rheinland-pfälzischen Nusbaum mit Planen gegen das stürmische Wetter, während Feuerwehrleute sich vor einem zerstörten Haus beraten. Foto: dpa/Harald Tittel

Seltenes Wetterphänomen in Deutschland: Am Donnerstagnachmittag ist ein Tornado durch die Eifel gezogen und hat eine Schneise der Verwüstung hinterlassen. Einsatzkräfte waren stundenlang im Einsatz.

Wenn ein Tornado auftritt, ist nach wenigen Minuten schon wieder alles vorbei. Das seltene Wetterphänomen kennt man sonst vor allem aus den USA. In Deutschland kommen Tornados selten vor.

Doch am Donnerstagnachmittag (21. September) ist ein solches Wetterphänomen in Rheinland-Pfalz nahe der luxemburgischen Grenze aufgetreten. Die Bilder, die sich in den sozialen Netzwerken wie ein Lauffeuer verbreiten, sind spektakulär.

Wo hat der Tornado gewütet?

Die Windhose hat das Dach dieses Hauses in Nusbaum komplett mitgerissen. Foto: dpa/Harald Tittel
Die Schäden sind auch in anderen Orten in der Eifel teilweise erheblich. Foto: dpa/Harald Tittel
  • Die Windhose hat vor allem in Nusbaum-Freilingen erhebliche Verwüstungen hinterlassen. Der Katastrophenschutz Eifelkreis Bitburg-Prüm teilte mit, dass die Dächer von 15 Häusern abgedeckt worden seien. Es gebe zwei Leichtverletzte.
Bis zum späten Abend herrschte unter Wetterexperten noch Uneinigkeit bei der Frage, ob es sich tatsächlich um einen Tornado gehandelt habe. Foto: dpa/Harald Tittel
Dann bestätigte „Kachelmannwetter“, dass tatsächlich ein Tornado über die Eifel hinweggefegt war. Foto: dpa/Harald Tittel
  • Im benachbarten Hüttingen bei Lahr war es in Folge der starken Regenfälle zu einem Hangrutsch gekommen. Viele Keller liefen voll, zahlreiche Bäume stürzten um.
  • Weitere umgestürzte Bäume hinterließ die Wetterfront bei Idar-Oberstein und im Landkreis Birkenfeld. In Oberbrombach (Kreis Birkenfeld) wurde das Dach einer Scheune abgedeckt.
  • Auf einem Parkplatz in der Stadt Birkenfeld riss ein umkippender Baum eine Stromleitung ab und beschädigte mehrere Fahrzeuge. Mehrere Straßen mussten gesperrt werden. In Cochem musste die B49 wegen Starkregens vorübergehend gesperrt werden. Laut Polizei blockierte Schlamm die Straße, der von den Hängen oberhalb der B49 auf die Straße floss.
  • Die Feuerwehr sowie das Technische Hilfswerk und das Rote Kreuz waren bis in die späten Abendstunden im Einsatz. Zahlreiche Dachdecker begannen noch am Abend mit der provisorischen Reparatur vieler Dächer, ausgeleuchtet von Flutlichtscheinwerfern des THW. Kurz nach 20 Uhr hieß es von der Einsatzleitung, die Lage habe sich beruhigt.

War es tatsächlich ein Tornado?

Bis zum späten Abend herrschte unter Wetterexperten noch Uneinigkeit bei der Frage, ob es sich tatsächlich um einen Tornado gehandelt habe. Dann bestätigte „Kachelmannwetter“, dass es tatsächlich ein Tornado über die Eifel hinweggefegt war.

Auch der Meteorologe Gernot Schütz von wetter.com erklärte. „Es gab auf jeden Fall sehr eng begrenzt extrem heftige Windböen, wahrscheinlich mehr als 118 km/h bei Schäden dieser Größenordnung.“

Zudem sei gegen 16 Uhr knapp westlich von Bitburg eine Rotation in der Wolke festgestellt worden, so der Experte weiter. „Das spricht für einen Tornado. Eine Stunde vorher hat sich eine Gewitterlinie über Belgien und Luxemburg gebildet, die sich nach Osten verlagert und dabei weiter verstärkt hat. So kam es, dass die Eifel und auch der Hunsrück von diesen sehr schweren Gewittern getroffen wurden.“

Wie entsteht ein Tornado?

Tiefstehende Schauer- und Gewitterwolken sind Grundvoraussetzung für die Entstehung eines Tornados, erläutert der Tornado-Experte Andreas Friedrich vom Deutschen Wetterdienst (DWD) in Offenbach. Wenn der Wind vom Boden bis zur Wolke zudem Richtung und Geschwindigkeit ändert, beginnen die Luftmassen sich zu drehen.

Damit sich der sogenannte Wolkenrüssel bildet, muss die aufsteigende Luft sehr feucht sein. „Die aus dem Wolkenrüssel freigesetzte Energie führt dazu, dass die Luft sich immer schneller dreht.“

Wie häufig sind Tornados in Deutschland?

Selbst bei optimalen Bedingungen seien Tornados hierzulande „ein sehr seltenes Ereignis“, erklärt der Meteorologe Gerhard Lux vom Deutschen Wetterdienst. „Nur in einem Prozent aller Stürme kommt es zu einem echten Tornado. Wir haben in Deutschland keine amerikanischen Verhältnisse.“

Kleinere Tornados in Verbindung mit einer Kaltfront und Wärmegewittern kämen indes häufiger vor – ungefähr 20 bis 50-Mal im Jahr. Lux: „Prinzipiell sind sie aber das ganze Jahr über möglich.“

Deutschland sei kein typisches Tornado-Gebiet, betont auch Friedrich. Wirbelstürme könnten aber überall auftreten.

In den vergangenen 20 bis 30 Jahren seien jährlich etwa 20 bis 60 Tornados mithilfe von Augenzeugenberichten erfasst worden, so Friedrich. „Die Dunkelziffer ist allerdings sehr viel höher.“ Es würden immer öfter Tornados bekannt, weil die Stürme heute etwa einfach mit Smartphones gefilmt werden könnten.

Kann man einen Tornado voraussagen

Weil sie kleinräumig auftreten und nur kurz dauern, sind Tornados sehr schwer vorherzusagen. Erst, wenn der Tornado bereits wütet und entdeckt wurde, können Städte oder Landkreise gewarnt werden.

Nimmt die Zahl der Tornados durch den Klimawandel zu?

Wegen der Erwärmung der Atmosphäre werden die Tornados eher stärker, aber nicht häufiger. „Der Klimawandel ist eine Temperaturerhöhung der Erdatmosphäre, erklärt Gerhard Lux. „Das wiederum verstärkt den Wasserkreislauf, wodurch sich stärkere Regenschauer und Stürme bilden können. Man kann aufgrund der Beobachtungen der Tornados überhaupt nichts statistisch ableiten. Das wäre reine Spekulation.“

Das Auftreten von Tornados in Deutschland hängt dem Meteorologen zufolge mit der Wärmeentwicklung und den Großwetterfronten zusammen, die im Sommer über Deutschland hinwegziehen. „Im Süden sind Sommergewitter häufiger. Aber niemand in Deutschland ist vor einem Tornado gefeit“, so Lux.

Gibt es bei Tornados in Deutschland ein Nord-Süd-Gefälle?

Als Grundregel gilt: Im Westen eher als im Osten und im Süden eher als im Norden. Das hängt mit der Wärmeentwicklung und den Großwetterfronten zusammen, die im Sommer über Deutschland hinwegziehen. Im Süden sind Sommergewitter häufiger. Aber niemand in Deutschland ist vor einem Tornado gefeit.

Wie schnell können Tornados werden?

Die höchste je registrierte Windgeschwindigkeit innerhalb eines Tornados wurde während des Oklahoma Tornado Outbreak im Mai 1999 bei Bridge Creek im US-Bundesstaat Oklahoma, eine der bis dahin schlimmsten Naturkatastrophen in den US, bestimmt.

Wie lange dauert ein Tornado?

Da Tornados in der Regel auf einem kleinen Gebiet auftreten und nur kurz dauern (wenige Sekunden bis zu mehr als eine Stunde; die meisten Tornados wüten unter zehn Minuten an einem Ort) sind sie sehr schwer vorherzusagen. Erst, wenn der Tornado bereits wütet und entdeckt wurde, können Städte oder Landkreise gewarnt werden.

Wie bewegt sich ein Tornado vorwärts?

Bei seiner Vorwärtsbewegung folgt ein Tornado seiner Mutterwolke. Dabei handelt es sich um Teile von Wolken, die sich zu eigenständigen Gebilden entwickeln. Im Schnitt legt ein Tornado so 50 Kilometern pro Stunde zurück.

Die interne Rotationsgeschwindigkeit des Luftwirbels ist allerdings meist sehr viel höher als die der Vorwärtsbewegung (lineare Bewegung). Diese Verwirbelungen sind auch für die schweren Verwüstungen verantwortlich, die ein Tornado hinterlassen kann.

Was war der bisher verheerendste Tornado?

Vom 3. bis 6. Mai 1999 fegten innerhalb von elf Stunden mehr als 70 Tornados über die südlichen US-Bundesstaaten Texas, Oklahoma und Kansas hinweg. Die Kleinstadt Bridge Creek, rund 40 Kilometer südwestlich von Oklahoma City gelegen, wurde am verheerendsten heimgesucht.

In nur 15 Minuten zerstörte ein Tornado der Stärke F5 mit 496 bis 529 km/h auf der Fujita-Skala den Ort. Dies ist bisher die höchste je gemessene Windgeschwindigkeit auf der Erdoberfläche gewesen.

Info: Tornados

Wie werden die Geschwindigkeiten von Tornados klassifiziert?
Mit Hilfe von verschiedenen Skalen, die Faktoren wie Geschwindigkeit, Ausdehnung, Dauer, Intensität und Zerstörungspotenzial differenzieren.

Fujita-Skala
Bei der Fujita-Skala handelt es sich um eine Skala zur Schadensklassifikation für Tornados und Wirbelstürmen. Benannt ist sie nach dem Sturmforscher Tetsuya Theodore Fujita,der sie 1971 entwickelte.

Torro-Skala
In Europa wird auch die Torro-Skala verwendet, die zehn Stufen (T0 bis T10) zwischen 61 und 482 km/h unterscheidet und eine höhere Auflösung als die Fujita-Skala hat.

Wie viele Stufen umfasst die Fujita-Skala?

F0: 63-117 km/h:
Äste brechen ab, flache Bäume entwurzeln

F1: 118-180 km/h:
Dachziegel werden abgehoben, fahrende Autos verschoben

F2: 181-253 km/h:
Dächer werden abgedeckt, große Bäume entwurzelt

F3: 254-332 km/h:
Zügen können entgleisen, Wälder werden großflächig entwurzelt, LKW umgeworfen

F4: 333-418 km/h
Holzhäuser werden verschoben; die Tornadobreite kann 100 Meter bis 4,2 Kilometer betragen

F5: 419-512 km/h
Holzhäuser werden vom Fundament abgerissen und in weitere Entfernungen verschoben

F6: 513-612 km/h:
Großflächige Zerstörungen; stärkster Tornado am 3. Mai 1999 über Oklahoma mit 529 km/h

F7: 612-717 km/h:
bisher nicht beobachtet; theoretische Werte

F8: 717-827 km/h:
bisher nicht beobachtet; theoretische Werte

F9: 827-943 km/h:
bisher nicht beobachtet; theoretische Werte

F10: 943-1063 km/h:
bisher nicht beobachtet; theoretische Werte

F11: 1063-1188 km/h:
bisher nicht beobachtet; theoretische Werte

F12: mehr als 1188 km/h:
praktisch nicht erreichbar, da die Windgeschwindigkeit nicht größer als die Schallgeschwindigkeit sein kann