Bei der Aufnahme und Integration von Flüchtlingen aus der Ukraine leisten Städte und Regionen die meiste Arbeit. Nicht immer werden diese Anstrengungen von der EU honoriert. Foto: picture alliance/dpa/Robert Michael

Der Ausschuss der Regionen beklagt auf einem Kongress, dass zu viel in Brüssel entschieden wird und zu wenig auf die Verantwortlichen vor Ort gehört wird.

In Brüssel wird die Politik der EU gestaltet, umgesetzt werden die Vorgaben jedoch in den Städten und Regionen. Das klingt nach einer guten Arbeitsteilung, allerdings haben Bürgermeister oder Landräte nicht immer das Gefühl, dass ihre Vor-Ort-Erfahrung im großen europäischen Politikbetrieb wirklich zählt. Das ist eine der zentralen Klagen, die während der Europäische Woche der Regionen und Städte in Brüssel immer wieder zu vernehmen ist. Über 20 000 Vertreter aus ganz Europa diskutieren in diesen Tagen, wie dieses Defizit behoben werden könnte.

Integration der Flüchtlinge aus der Ukraine

Konkretes Beispiel für eine verbesserungswürdige Zusammenarbeit: die Unterbringung der Flüchtlinge aus der Ukraine. Deutschland nimmt die meisten von ihnen auf, allein in Baden-Württemberg sind über 100 000 Menschen angekommen. Die Integration dieser Flüchtlinge stellt vor allem die Städte und Regionen vor schwierige Aufgaben. Die wissen in der Regel auch, was vor Ort in Sachen medizinischer Versorgung oder Ausbildung gebraucht wird, doch haben die Verantwortlichen oft das Gefühl, dass zu viel über ihre Köpfe hinweg entschieden wird. „Die EU sollte die direkte Unterstützung ihrer Städte und Regionen erhöhen, um die Integration ukrainischer Flüchtlinge vor Ort zu managen“, lautet eine der Forderungen des Ausschusses der Regionen. Auch könnten die Fachleute aus Städten und Gemeinden in Zukunft beim Wiederaufbau der Ukraine mit ihrem Wissen um kommunale Strukturen helfen. Die EU sollte das Potenzial und die Kapazitäten nutzen, heißt es auf dem Treffen in Brüssel.

Schwierige Kooperation mit der EU

Die Vertreter der Städte und Regionen sprechen aus leidvoller Erfahrung über ihre komplizierte Zusammenarbeit mit der EU. So wird von der EU-Kommission immer wieder für das Programm „NextGenerationEU“ geworben, ein milliardenschwerer, wirtschaftlicher Wiederaufbauplan für Europa nach der Corona-Pandemie. Doch eine Umfrage des Ausschusses der Region zeigt, dass nur knapp ein Drittel der Verantwortlichen vor Ort an der Umsetzung des Projektes tatsächlich direkt beteiligt sind. Geradezu fassungslos heißt es dazu im Jahresbericht 2023: „Der effektivste Weg, um sicherzustellen, dass das Geld optimal eingesetzt wird, besteht darin, die lokalen und regionalen Behörden vorschlagen zu lassen, in welchen Bereich die finanzielle Unterstützung am besten angelegt ist.“ Die Forderung des Ausschusses der Regionen ist deutlich: diese zentralisierte, auf Brüssel fixierte Herangehensweise müsse ein Ende haben. Würden die Verantwortlichen vor Ort einbezogen, könnten schnell bessere Ergebnisse erzielt werden.

Verlagerung der Kompetenzen an die Basis

Eine Verlagerung der Kompetenzen an die Basis stärke auch die europäische Demokratie, ist Vasco Alves Cordeiro überzeugt. „Die gewählten Vertreterinnen und Vertreter der Regionen und Städte genießen das höchste Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger“, betont der Präsident des Ausschusses der Regionen. Werde die Rolle der Städte und Regionen gestärkt, könne die EU in Zukunft effizienter, bodenständiger und bürgernäher werden.