Wie verstehen Kinder, was die Eltern eigentlich von ihnen wollen? Foto: dpa/Jan Woitas

Wie man Kindern die Folgen ihres Handelns nahebringt, ohne ihnen zu drohen und Angst zu machen.

Dem eigenen Kind drohen, es erpressen, bestrafen? Die meisten Eltern schütteln da heute den Kopf und sagen: „Nein, das machen wir natürlich nicht!“ Sicher? Was ist mit Sätzen wie: „Wenn du dich jetzt nicht anziehst, dann gehe ich ohne dich?“ - „Wenn du deine Hausaufgaben nicht erledigst, dann darfst du deine Freunde nicht treffen?“ Noch nie gesagt oder gehört? „Klar“, mag jetzt der eine oder andere einwenden, „aber es ist doch auch wichtig den Kindern die Konsequenzen ihres Verhaltens aufzuzeigen!“ Nur: Sind Konsequenzen etwas anderes als Strafen?

Das Kind soll verstehen, um was es eigentlich geht

„Sobald das Ziel ist, dem Kind Angst einzujagen, ihm eine Art Schmerz zuzufügen, damit es lernt, sich beim nächsten Mal richtig zu verhalten, sind Konsequenzen nur ein neues Wort für Strafe“, sagt Maya Risch, Familienberaterin aus Zürich.

Maya Risch hat die Botschaft im Blick, die beim Kind ankommt. Und die besagt bei den oben aufgeführten Beispielen: Dein Verhalten gefällt mir nicht, und damit du machst, was ich möchte, drohe ich mit Konsequenzen. In der Regel wird sich das Kind dann auch fügen – aus Angst vor diesen Konsequenzen und nicht, weil es begreift, worum es den Eltern geht. Das aber wäre die Voraussetzung, um aus der Situation zu lernen.

Anders sieht das bei sogenannten natürlichen Konsequenzen aus. „Das sind Folgen, die von selbst eintreten, und somit keine Strafen“, sagt Maya Risch und nennt folgendes Beispiel: Ihr Sohn, damals vier Jahre alt, wollte im Winter keine Handschuhe anziehen. Natürliche Konsequenz: Er bekam kalte Hände, weinte und musste reingehen. Beim nächsten Mal zog er dann Handschuhe an, damit er länger Spaß im Schnee haben konnte.

Die eigenen Grenzen benennen

Nun gibt es viele Alltagssituationen, in denen solche natürlichen Konsequenzen nicht möglich sind. Wenn sich ein Kind morgens nicht rechtzeitig fertig macht, kommt es zwar vielleicht zu spät zur Schule. Aber die Eltern eben auch zu spät zur Arbeit. In so einer Situation hilft es, dem Kind genau das zu erklären („Ich mag es nicht, zu spät zu kommen“), statt zu drohen, dass man sonst alleine geht – was ohnehin nicht der Fall sein wird, beim Kind aber eine große Angst erzeugt.

Maya Risch rät, in solchen Fällen, die eigenen, persönlichen Grenzen aufzuzeigen – statt dem Kind das Gefühl zu geben, dass es selbst irgendwie falsch ist.

Hierzu nennt sie ein weiteres Beispiel. Eine Mutter liest ihren Kindern eine Gute-Nacht-Geschichte vor. Die Kinder toben und streiten, statt zuzuhören. Naheliegend für die Mutter: eine Strafe androhen. „Wenn ihr weiter streitet, dann höre ich auf zu lesen.“ Sie könnte auch weiter vorlesen, als natürliche Konsequenz bekommen die Kinder die Geschichte nicht mit. „Dazu haben die meisten Eltern aber verständlicherweise keine Lust, weil das beim Vorlesen stört und anstrengt“, sagt Maya Risch.

Sie empfiehlt, genau das den Kindern zu sagen. Sind die Kinder weiter laut, wird das Vorlesen abgebrochen. Anders als bei der Strafe ist der Grund aber nicht die Streiterei der Kinder, wegen der sie sich schlecht fühlen oder schämen sollen. „Sondern sie hören, dass ihr Verhalten einen Einfluss auf die Mutter hat und sie aufhört zu lesen, damit es ihr wieder besser geht“, sagt Maya Risch.

Der Unterschied zwischen Strafe und Konsequenz ist oft also sehr fein und hat vor allem etwas mit Kommunikation und Haltung zu tun. „Er ist aber für das Kind spürbar und entscheidend für die Beziehungsqualität zwischen den Eltern und den Kindern.“