Ein starkes Erdbeben traf Taiwan. Foto: AFP

Die Rettungsarbeiten in Taiwan laufen auf Hochtouren. Die Zahl der Menschen, die Hilfe benötigen, steigt unaufhörlich weiter. Nun werden neue Details zu den noch eingeschlossenen Menschen bekannt.

Beim schwersten Erdbeben in Taiwan seit einem Vierteljahrhundert sind mindestens neun Menschen ums Leben gekommen und mehr als 1000 weitere verletzt worden. Wie die taiwanische Feuerwehr am Mittwoch weiter mitteilte, wurden zahlreiche Gebäude beschädigt, einige gerieten in eine gefährliche Schieflage. Nach Angaben der US-Erdbebenwarte USGS hatte das Beben eine Stärke von 7,4, es löste zwischenzeitlich Tsunami-Warnungen in Taiwan sowie in Südjapan und auf den Philippinen aus.

Das Beben wurde um kurz vor 08.00 Uhr Ortszeit (02.00 Uhr MESZ) vor Taiwans Ostküste gemessen, rund 19 Kilometer von der Stadt Hualien entfernt. Da es sich landnah und in geringer Tiefe ereignet habe, sei es „in ganz Taiwan und auf den Inseln vor der Küste zu spüren“ gewesen, erklärte der Leiter des Seismologischen Zentrums der Taiwanischen Wetterbehörde, Wu Chien-fu. In der Folge gab es mehr als hundert Nachbeben.

Alle Todesopfer wurden aus der Region Hualien gemeldet. Nach Angaben der Feuerwehrbehörde handelte es sich unter anderem um drei Wanderer, die von Felsen erschlagen wurden. Drei Menschen seien in ihren Fahrzeugen ebenfalls von herabstürzenden Felsbrocken erschlagen worden, ein weiterer Mensch starb nach Behördenangaben in einer Mine.

Taiwans Präsidentin Tsai Ing-wen warnte am späten Mittwochabend (Ortszeit) in Online-Netzwerken vor Nachbeben in den kommenden Tagen. „Seien Sie wachsam und achten Sie auf Ihre eigene Sicherheit“, schrieb sie. Auf nicht unbedingt nötige Reisen in die Gebirgsregionen des Landes sollte verzichtet werden.

In Online-Netzwerken wurden Videos und Fotos vom Beben veröffentlicht

Details zu den 1011 infolge des Bebens Verletzten nannte die Feuerwehr zunächst nicht. In Neu-Taipeh, einem Vorort der Hauptstadt Taipeh, wurden 57 Menschen aus einem völlig zerstörten Gebäude gerettet.

In Online-Netzwerken wurden zahlreiche Videos und Fotos aus dem Erdbebengebiet veröffentlicht. „Es hat heftig gewackelt, die Bilder an der Wand, mein Fernseher und meine Hausbar fielen herab“, sagte ein Mann aus Hualien dem Sender Set TV.

Die von Bergen umgebene 100.000-Einwohner-Stadt wurde durch Erdrutsche von der Außenwelt abgeschnitten, örtliche Sender zeigten, wie die Hauptzufahrtsstraße mit schwerem Gerät freigeräumt wurde. Präsidentin Tsai kündigte Unterstützung der Einsatzkräfte durch die Armee an.

Die Zufahrtsstraßen nach Hualien führen vielfach durch Tunnel, einige davon sind mehrere Kilometer lang. Die Behörden schätzten, dass durch das Erdbeben bis zu 120 Menschen in den Tunneln eingeschlossen worden seien. Auch zwei Deutschen erging es demnach so. Sie konnten aber evakuiert werden, wie die örtliche Feuerwehr sowie das Auswärtige Amt (AA) in Berlin mitteilten.

Auch zu einer Reisegruppe mit 18 Deutschen, die ursprünglich als vermisst galt, sei Kontakt hergestellt worden, sagte Außenamtssprecher Sebastian Fischer in Berlin. Den Touristen gehe es „den Umständen entsprechend gut“. Das deutsche Verbindungsbüro in Taiwan sei „in ständigem Austausch mit den örtlichen Behörden, um zu klären, ob weitere Deutsche betroffen sind“. Derzeit sei die Lage allerdings „noch unübersichtlich“.

Das Beben löste zudem Tsunami-Warnungen aus

Der AA-Sprecher äußerte sich „betroffen“ über das Ausmaß der Erdbebenschäden. „Unsere Gedanken in diesen Stunden sind bei den Menschen, die ihre Angehörigen oder Freunde verloren haben oder deren Hab und Gut unter den Trümmern begraben“ sei.

Mehrere Staaten boten Taiwan ihre Hilfe an. Das nahegelegene China, das die demokratisch regierte Insel als Teil des eigenen Staatsgebiets betrachtet, erklärte nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Xinhua seine „Bereitschaft zur Leistung von Katastrophenhilfe“. In den USA sagte die Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrats, Adrienne Watson, das Land sei „bereit, jegliche nötige Unterstützung zu leisten“.

Durch das Erdbeben wurde auch die Eisenbahnstrecke beschädigt, die südlich von der Hauptstadt Taipeh die Ostküste entlang führt. An mehreren Streckenabschnitten wurde mit Reparaturarbeiten begonnen. In Taipeh fuhr die Metro wegen des Erdbebens etwa eine Stunde lang nicht.

Auch die Produktion an mehreren Standorten des weltgrößten Computerchip-Herstellers Taiwan Semiconductor Manufacturing Company wurde kurzzeitig unterbrochen.

Das Beben löste zudem Tsunami-Warnungen in Taiwan sowie in Teilen Südjapans und auf den Philippinen aus, die aber nach ein paar Stunden wieder aufgehoben wurden.

In Taiwan ereignen sich häufig Erdbeben, weil in der Nähe der Insel zwei tektonische Erdplatten gegeneinander stoßen. Es gelten daher strenge Bauvorschriften, die nun offenbar eine deutlich höhere Opferzahl des Erdbebens verhinderten. 1999 waren beim bislang tödlichsten Erdbeben in der Geschichte Taiwans etwa 2400 Menschen ums Leben gekommen.