Grafische Darstellung zeigt den großen Einschlag, bei dem der Mond entstand. Kurz nach der Entstehung des Sonnensystems vor 4,46 Milliarden Jahren stieß der Himmelskörper Theia mit der Ur-Erde zusammen. Aus den ins All geschleuderten Trümmern entstand unser Mond. Foto: Hernán Cañellas/Springer Nature/dpa

Der Mond entstand vor 4,46 Milliarden durch die Kollision des Himmelskörpers Theia mit der Ur-Erde. Dabei drangen offenbar Teile des Geschosses tief in den Erdmantel ein. Dies könnte Besonderheiten einer Erdregion erklären - Hawaii.

Kurz nach der Entstehung des Sonnensystems vor 4,46 Milliarden Jahren stieß der marsgroße Himmelskörper Theia mit der Ur-Erde zusammen. Aus den ins All geschleuderten Trümmern – einem Gemisch aus Materie von Theia und der Ur-Erde – entstand unser Mond.

Doch Überreste von Theia haben sich auch tief im Mantel der Erde erhalten, wie ein Forschungsteam aus den USA und Großbritannien jetzt herausgefunden hat. Zwei bislang rätselhafte Regionen erhöhter Dichte lassen sich als Ansammlungen von Theia-Materie erklären, schreiben die Wissenschaftler in ihrer Studie („Moon-forming impactor as a source of Earth’s basal mantle anomalie“) im Fachmagazin „Nature“.

Erdmantel besteht aus unterschiedlichem Material

„Seismische Untersuchungen des Erdinneren zeigen zwei kontinentgroße Regionen, in denen sich seismische Wellen ungewöhnlich langsam ausbreiten“, erläutern Qian Yuan von der Arizona State University und seine Kollegen. Die Bereiche tief im Mantel der Erde unterscheiden sich demnach in ihrer Zusammensetzung vom umgebenden Material des Erdmantels und sind zwei bis dreieinhalb Prozent dichter. Bislang gab es für diese Regionen keine allgemein akzeptierte wissenschaftliche Erklärung.

Die Forscher zeigen mithilfe umfangreicher Computer-Simulationen, dass solche dichteren Regionen eine natürliche Folge von großen Kollisionen während der Planeten-Entstehung sind. Und dass es sich bei den beiden Anomalien, die tief im Erdmantel unter dem Pazifik und unter Afrika liegen, um Überreste von Theia handeln könnte. „Unsere Simulationen des Zusammenpralls zeigen, dass ein Teil des Mantels von Theia in den unteren Mantel der Erde wandern kann.“

50 Kilometer große Bruchstücke von Theia in der Erde

Ausgehend von der Zusammensetzung des aus Erd- und Theia-Trümmern entstandenen Mondes erhalten die Wissenschaftler für diese absinkenden Bruchstücke des Theia-Mantels eine Dichte, die um zwei bis dreieinhalb Prozent höher liegt als jene des normalen Erdmantels – in Übereinstimmung mit den aus seismischen Untersuchungen abgeleiteten Werten.

Wie die Simulationen der Experten außerdem zeigen, handelt es sich um bis zu 50 Kilometer große Bruchstücke des Theia-Mantels, die in das Innere der Erde sanken und sich dort, oberhalb der Erdkerns, zu größeren Gebilden vereinigten.

Ein wichtiger Aspekt dabei ist, dass diese größeren Verdichtungen über viereinhalb Milliarden Jahre hinweg, also bis in die heutige Zeit hinein, im Erdmantel stabil erhalten bleiben können, wie die Computer-Modellen zeigen.

Theia-Materie unter Hawaii-Inseln

Und es gibt noch ein weiteres Indiz, das für die Hypothese von Yuan und seinen Kollegen spricht: Auf den Hawaii-Inseln findet sich eine Form vulkanischen Basalts, der in seiner Zusammensetzung erstaunlich dem Gestein der Lavaebenen auf dem Mond ähnelt. Dieses Gestein könnte seinen Ursprung in der tief unter Hawaii liegenden Region aus Theia-Materie haben.

Das jetzt enthüllte wissenschaftliche Modell ist aber nicht nur für das Erde-Mond-System von Bedeutung. „Große Zusammenstöße sind eine häufige Erscheinung in der letzten Phase der Planetenentstehung“, betonen die Forscher. „Ähnliche Inhomogenitäten dürfte es deshalb auch im Inneren anderer Planeten geben.“ Und vielleicht lassen sich sogar im Inneren der Erde Spuren noch früherer Kollisionen auffinden.

Mond ist 4,46 Milliarden Jahre alt

Untersuchungen von Mondstaub, der von den Astronauten der Nasa-Mission „Apollo 17“ zur Erde gebracht worden war, haben jüngst ein Mindestalter von 4,46 Milliarden Jahren. Damit sei der Erdtrabant 40 Millionen Jahre älter als aufgrund der zuvor besten Messungen angenommen, wie ein internationales Forschungsteam im Fachblatt „Geochemical Perspectives Letters“ berichtet.

Kollision von Theia und Ur-Erde

Der sich aus Trümmern bildende Mond bestand zunächst vollständig aus flüssigem Gestein. Foto: Imago/PhotoScience Library

Die Kollision von Theia mit der Ur-Erde war so gewaltig, dass große Mengen an Gestein sich verflüssigten oder gar verdampften und ins All katapultiert wurden. Der sich aus Trümmern bildende Mond bestand zunächst vollständig aus flüssigem Gestein.

Erst, als sich dieser „lunare Magma-Ozean“ an der Oberfläche ausreichend abgekühlt hatte, konnten sich dort feste Gesteine und damit auch Zirkon-Kristalle bilden. Da solche Kristalle gegen spätere Veränderungen nahezu immun sind, eignen sie sich besonders gut zur Altersbestimmung: Ihr Alter liefert einen Mindestwert für das Alter des Erdtrabanten.

Mondstaub enthüllt planetares Geheimnis 

Die Kollision von Theia mit der Ur-Erde war so gewaltig, dass große Mengen an Gestein sich verflüssigten oder gar verdampften und ins All katapultiert wurden. Foto: Imago/Stok Trek Images

Das Team um Jennika Greer von der University of Glasgow in Großbritannien hat jetzt erstmals Mondstaub mithilfe einer sogenannten tomografischen Atomsonde untersucht. Dazu haben die Forscher die nur wenige Tausendstel Millimeter großen Zirkon-Kristalle zunächst mithilfe eines Ionenstrahls „angespitzt“. Die so erzeugte, sehr scharfe Spitze macht es möglich, einzelne Atome aus der Probe herauszulösen. „Wir haben einen Ultraviolett-Laser verwendet, um einzelne Atome an der Spitze zu verdampfen“, erläutert Greer.

Die verdampften Atome durchqueren ein spezielles Analysegerät – ein Massenspektrometer – und verraten so ihre Identität: Je nach Gewicht der Atome bewegen sie sich unterschiedlich schnell. „So erfahren wir Atom für Atom, woraus die Kristalle genau bestehen“, erklärt Greer. Aus der Beimischung bestimmter Elemente in den Kristallen können die Forscher das Alter des Kristalls bestimmen.

4,46 Milliarden Jahre: Das ältestes Mondgestein

Der Apollo-17-Astronaut Harrison Schmitt verwendet eine verstellbare Schaufel zur Entnahme von Mondproben. Foto: Nasa/ Johnson Space Center/dpa

Ein lunarer Zirkon-Kristall unter dem Mikroskop. Neue Untersuchungen von Mondstaub, der von den Astronauten der Mission Apollo 17 zur Erde gebracht worden war, liefern jetzt ein Mindestalter des Mondes von 4,46 Milliarden Jahren.

Greer und ihre Kollegen verwendeten dazu Uran und Blei. Denn eine bestimmte Art von Uran – das Isotop Uran-238 – verwandelt sich durch radioaktiven Zerfall in Blei, und zwar mit einer Halbwertszeit von 4,5 Milliarden Jahren. Seit der Entstehung des Sonnensystems hat sich also etwa die Hälfte des Urans in Blei verwandelt.

Die genaue Messung der Häufigkeit von Uran- und Blei-Atomen in den Zirkon-Kristallen liefert den Forschern daher das Alter der Kristalle. Das Ergebnis: 4,46 Milliarden Jahre. Die zuvor genaueste Messung an einer anderen Gesteinsprobe hatte ein Alter von 4,42 Milliarden Jahren geliefert.