Wenn es ein Deal gewesen wäre, hätten 100 Kilogramm Kokain den Besitzer wechseln können. Foto: Christian Charisius/dpa

Vor dem Landgericht Stuttgart hat ein Prozess gegen einen 58-jährigen Mann aus Dagersheim wegen einer Einbruchsserie und Beihilfe zum Drogenhandel begonnen – es ist um eine Bestellung von 100 Kilogramm Kokain im Wert von fast drei Millionen Euro gegangen. Dann platzt der Deal.

Der Mann mit der hohen Stirn und dem weißen Polo-Shirt, den zwei Justizbeamte in Handschellen zu seinem Platz auf der Anklagebank des Stuttgarter Landgerichts bringen, sieht aus wie der nette Nachbar von nebenan. Doch nach den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft ist er – zumindest als Fahrer und Helfer – nicht nur Teil einer Diebesbande, die in Wohnungen und Cafés im Raum Böblingen eingebrochen ist, sondern auch in einen großen Drogendeal im vergangenen Herbst involviert gewesen. Dieser kam allerdings nicht zustande. Angeklagt ist der 58-jährige Familienvater aus Dagersheim wegen schweren Bandendiebstahls und Beihilfe zum Drogenhandel.

Nach den Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft hat sich das Rauschgiftgeschäft wie folgt abgespielt: Ein verdeckter Ermittler der Polizei bat im Herbst eine Kontaktperson, 100 Kilogramm Kokain für ihn zu organisieren. Im November gelang es dieser, einen Osteuropäer zu kontaktieren, der das Rauschgift aus Spanien besorgen sollte. In den letzten beiden Novemberwochen kam der Osteuropäer zweimal aus seinem Heimatland nach Stuttgart, um das Geschäft in die Wege zu leiten, dort soll ihn der Angeklagte jeweils vom Flughafen abgeholt und in ein Hotel nach Sindelfingen gefahren haben. Pro Kilo Kokain sei ein Preis von 29 500 Euro vereinbart gewesen, hieß es in der Anklage weiter.

Ein drittes Mal soll der Angeklagte als Fahrer des Osteuropäers Anfang Oktober in Erscheinung getreten sein, als er diesen nach Ulm fuhr, um die Legende des Rauschgiftkäufers zu überprüfen. Unter anderem schauten sich beide die Räume einer Werttransportfirma an, die der verdeckte Ermittler zum Schein gegründet hatte. Am gleichen Tag habe der Angeklagte den Osteuropäer noch nach Karlsruhe gefahren, wo es zu einem persönlichen Treffen mit dem verdeckten Ermittler gekommen sei.

In der Folge habe sich die für die erste Dezemberwoche geplante Lieferung des Kokains verzögert, da zunächst ein bestimmtes Telefon besorgt werden sollte. Ende Januar dieses Jahres sei der Osteuropäer noch einmal in das Hotel nach Sindelfingen gekommen, wo er dem Angeklagten 20 Bilder von den Kokainblöcken auf seinem Smartphone gezeigt habe, um den Käufer von der Qualität des Stoffs zu überzeugen. Am Ende kam das Geschäft jedoch nicht zustande – die Staatsanwaltschaft vermutet, dass der Osteuropäer Zweifel bekam, ob er tatsächlich Geld für das Rauschgift bekommen werde.

Einbruchsserie in Böblingen: von Bäckerei bis Wohnhäuser

Weitere zehn Taten des Einbruchs- und gewerbsmäßigen Bandendiebstahls wirft die Anklagebehörde dem Dagersheimer vor. Er soll zusammen mit drei Komplizen Einbrüche in Häuser, Cafés, Bäckereien und Gaststätten in Aidlingen, Böblingen und Reutlingen verübt haben. Dem 58-Jährigen sei dabei die Rolle des Fahrers und Beobachters am Tatort zugefallen, an den Einbrüchen selbst sei er nicht beteiligt gewesen.

Zweimal sei die Diebesbande ohne Beute zurückgekehrt. Insgesamt habe sie bei den acht erfolgreichen Einbrüchen rund 8500 Euro erbeutet, der Sachschaden habe etwa 26 000 Euro betragen. Die größte Beute mit knapp 7000 Euro machten sie beim Einbruch in eine Bäckerei in Böblingen, wo sie einen Tresor mit den Tageseinnahmen und Wechselgeld mitnahmen. Bei drei Einbrüchen betrug die Beute nur rund 200 Euro.

Festgenommen wurde das Quartett bei der letzten Tat in Böblingen, wo sie einen stillen Alarm auslösten und ihre Flucht vor der Polizei auf einer Dachterrasse in einer Sackgasse endete.

Der Prozess wird am 13. September fortgesetzt.