Gärtnern mal anders: Senioren spielen mit Janine Lubnow an der Tovertafel. Foto: Simon Granville

In der Seniorentagesstruktur von Atrio in Leonberg können ältere Menschen mit Behinderung seit Kurzem mit einer Tovertafel virtuelle Spiele spielen. Das Gerät ist Teil eines Projekts, das die Einrichtung digitaler machen soll.

Buntes Herbstlaub ist auf einem Tisch in der Seniorentagesstruktur von Atrio Leonberg ausgebreitet. Drei Senioren wischen freudig über die Blätter. Das Laub gehört zu einem der virtuellen Spiele, die ältere Menschen mit Behinderung seit Kurzem bei Atrio mit der Tovertafel spielen können. Dabei handelt es sich um einen Beamer, der an der Decke verankert ist und Spiele auf den Tisch oder Fußboden projiziert. Diese sind speziell für Menschen mit geistiger Behinderung und Senioren mit Demenz entwickelt.

Das Gerät wurde im Zuge von „Ran ans Netz“ angeschafft: Ein fünfjähriges Projekt zur digitalen Teilhabe, das von Aktion Mensch gefördert wird, wie die Verantwortliche Janine Lubnow erzählt. Im Lauf der Jahre soll die Einrichtung, die sich für die Inklusion von Menschen mit Behinderung einsetzt, digitalisiert werden. Zum Beispiel wurde bereits Wlan für alle Wohngruppen bereitgestellt.

Digitalen Zugang für alle schaffen

Digitale Teilhabe ist für Menschen mit Behinderung wichtig, da digitale Technologien mittlerweile Normalität in der Gesellschaft sind, wie Lubnow erklärt. „Jeder hat heute ein Smartphone und Zugang zum Internet.“ Menschen mit Behinderung fehle dagegen oft dieser Zugang zur digitalen Welt und den nötigen Geräten.

Atrio will diesen für sie schaffen: In der Einrichtung hat mittlerweile jede Gruppe ein Tablet. Um den Menschen beim richtigen Umgang mit dem Internet zu helfen, schreibt Janine Lubnow Anleitungen in leichter Sprache, veranstaltet Internet-Tage und regelmäßige Internetcafés. Gleichzeitig bergen digitale Hilfsmittel auch große Chancen, Barrieren abzubauen. Bei Atrio kommen zum Beispiel Talker- iPads zum Einsatz, erzählt Lubnow. Sie geben Menschen eine Stimme, die selbst nicht sprechen können, und erleichtern die Kommunikation.

Jeder kann mit der Tovertafel spielen

Mit der Tovertafel gehören nun auch virtuelle Spiele zum digitalen Repertoire von Atrio. Sie sollen die Senioren aktivieren und fördern. Gespielt wird, indem man die Hände über die projizierte Fläche bewegt oder darauf tippt: So können die Senioren zum Beispiel virtuelle Seifenblasen platzen lassen oder Gemüse in einem Garten aussäen.

„Das ist wahnsinnig toll“, lobt Janine Lubnow das Gerät, das vom Leonberger Unternehmen Donnerpartners gesponsert wurde. „Das Ganze ist sehr niederschwellig. Jeder kann in Aktion treten und auf seinem Niveau interagieren.“ Die Spiele sind in Niveaustufen unterteilt und können so entsprechend der Fähigkeiten der Personen ausgewählt werden.

Digitale Angebote aktivieren besser als analoge

Dabei bekommen die Senioren visuelle und haptische Reize, wie Janine Lubnow erklärt: „Auch wenn man nur am Tisch sitzt, erlebt man das mit.“ Manche Spiele wirken beruhigend, andere animieren die Senioren dazu, sich zu bewegen und mitzumachen.

Digitale Angebote wie die Tovertafel können dabei Menschen mehr und ganz anders aktivieren als analoge Mittel, meint Janine Lubnow. Menschen mit Demenz oder anderen kognitiven Einschränkungen könnten mit der Tovertafel selbstständig etwas tun, die Spiele seien intuitiv verständlich. „ Das aktiviert auch Leute, die sonst eher zurückhaltender sind“, weiß die Digitalisierungsbeauftragte bei Atrio zu berichten. Die Erfolgserlebnisse beim Spielen wiederum würden auch das Selbstwertgefühl steigern.

Weitere digitale Geräte sind geplant

Die virtuellen Spiele sollen aber nicht nur den Senioren zu Gute kommen. Die Einrichtung möchte an den vier Standorten mit Fördergruppen Tovertafeln installieren und sucht dafür Sponsoren. Außerdem ist laut Janine Lubnow schon geplant, ein weiteres Gerät anzuschaffen: Ein Care-Table. Dabei handelt es sich um einen digitalen Aktivitätstisch, über den man Musik hören, spielen, Nachrichten im Internet anschauen und Videokonferenzen abhalten kann.

Digitale Hilfsmittel und Technologien werden in der Arbeit mit Menschen mit Behinderung die Zukunft sein, ist sich Lubnow sicher. „Das wird nicht den Mensch ersetzen, sondern ihn ergänzen“, schildert sie. Digitale Hilfsmittel würden die Mitarbeiter unterstützen und gleichzeitig Menschen mit Einschränkungen helfen, viel selbstständig zu tun. „So können die Leute auch ohne einen Mitarbeiter an der Gesellschaft teilhaben.“