In Sachsen-Anhalt betreibt die VNG einen unterirdischen Gasspeicher. Doch der Bezug der Gases ist durch den faktischen russischen Lieferstopp extrem teuer geworden. Foto: dpa/Jan Woitas

Eine Tochter des Südwestversorgers EnBW will staatlich gestützt werden. Ihr fehlen bis zu 100 Milliarden Kilowattstunden Gas pro Jahr.

Der Leipziger Gasversorger VNG, der zu gut 74 Prozent zur Energie Baden-Württemberg (EnBW) gehört, will nun ebenfalls wie zuvor schon Uniper mit staatlichen Geldern gestützt werden. Grund dafür ist, dass zwei Verträge über die Belieferung der VNG mit russischem Gas nicht mehr erfüllt werden.

„Dadurch mussten und müssen Gasmengen durch die VNG zu erheblich höheren Preisen an den Energiemärkten beschafft werden, um die Kunden der VNG weiter zu deutlich niedrigeren Preisen verlässlich beliefern zu können“, heißt es in einer Börsen-Pflichtmitteilung der EnBW.

Habeck zeigt Verständnis

Bei Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck findet der Antrag Verständnis. Man werde die Hilfe „hinbekommen“, sagte der Grünen-Politiker am Freitag in Brüssel. „Wir sind auf einem sehr, sehr guten Weg. Und das wird zeitnah geklärt werden.“

Die VNG hatte bereits Geld aus der Gasumlage beantragt, mit der die Bundesregierung in Not geratene Gasversorger auf Kosten der Gasverbraucher stabilisieren will. Dies reicht nach Angaben der EnBW aber bei Weitem nicht aus. Selbst mit dieser erwarteten Entlastung liefen im Jahr 2022 Verluste von insgesamt rund einer Milliarde Euro auf.

Diese sind nach EnBW-Angaben aber nicht existenzbedrohend: Die VNG könne sie „aus eigener Kraft und gemeinsam mit weiteren Stabilisierungsmaßnahmen ihrer Anteilseigner tragen“. Größter Anteilseigner ist die EnBW, die im vergangenen Jahr einen bereinigten Gewinn von rund drei Milliarden Euro erzielt hatte. Sie hat die VNG eigenen Angaben zufolge bereits mit Bürgschaften und Kreditlinien in hoher dreistelliger Millionenhöhe unterstützt. Im ersten Halbjahr hatte die EnBW eine Belastung aus Schäden bei der VNG von 550 Millionen Euro bilanziert.

Mit der Energie könnten Millionen heizen

Die ausfallenden Gasmengen sind gigantisch. Allein aus einem Direktvertrag mit Gazprom fallen 35 Terawattstunden Gasbezug pro Jahr weg – mit dieser Menge könnten ungefähr 2,3 Millionen Vierpersonenhaushalte ein Jahr lang heizen. Dieses Gas muss VNG nun zu Höchstpreisen anderweitig beschaffen. Über einen weiteren Vertrag, der „nicht mehr durchgängig“ bedient werde, bezieht VNG sogar noch einmal fast die doppelte Menge. Hier wird das russische Gas über einen inländischen Vorlieferanten bezogen, mit dem es offenbar Streit gibt. Eine Einigung erscheine „kurzfristig nicht erreichbar“.

VNG ist der drittgrößte Gasimporteur in Deutschland und nach Angaben der EnBW systemrelevant für die Versorgungssicherheit. Das Leipziger Unternehmen versorgt rund 400 Stadtwerke und Industriebetriebe mit Gas und lieferte 2021 rund 20 Prozent des deutschen Gasbedarfs.

Adblue-Mangel als Folge

Unterdessen hat das Bundesumweltministerium Forderungen eine Absage erteilt, die Abgasvorschriften für Lkw zu lockern, damit diese auch bei einem Mangel des Abgas-Reinigungsmittels Adblue weiterfahren können. Adblue könnte knapp werden, weil für seine Herstellung große Mengen Erdgas benötigt werden und ein führender Hersteller die Fertigung ausgesetzt hat. „Abgasgrenzwerte können kurzfristig nicht geändert werden, da es sich dabei um EU-Verordnungen handelt, von denen national nicht abgewichen werden kann“, erklärte das Ministerium unserer Zeitung.

Der Handelsverband Baden-Württemberg hatte die Befürchtung geäußert, die drohenden Engpässe im Transportgewerbe könnten die Warenversorgung des Handels gefährden. Hauptgeschäftsführerin Sabine Hagmann hatte gefordert, deshalb befristet die Abgasvorschriften für Lkw zu lockern.