Mit der Überdachung des Parkplatzes an der Galerie Stihl Waiblingen wollte der Gemeinderat eigentlich rasch eine große Photovoltaikanlage in Betrieb nehmen. Foto: dpa/Oliver Berg

Die Stadt Waiblingen bringt überraschend den Parkplatz an der Rems als Standort für einen Verwaltungsneubau ins Spiel. Was wird aus der dort geplanten Photovoltaikanlage?

Eigentlich war die Sache geritzt und schon vor einem Jahr in Waiblingen einstimmig beschlossen: Der Parkplatz Galerie an der Rems, direkt gegenüber der Galerie Stihl und der Kunstschule Unteres Remstal, wird überdacht und die Dachfläche mit einer großflächigen Photovoltaikanlage bestückt. Trotz der Gesamtkosten in Höhe von ungefähr 1,4 Millionen Euro waren sich die Verwaltung und der Waiblinger Gemeinderat im vergangenen Dezember darüber schnell einig gewesen.

Die Verwaltung hat nun wunschgemäß mehrere mögliche Dachvarianten für den Parkplatz präsentiert – und dann mit einem Alternativvorschlag teils Verwunderung, teils Unverständnis ausgelöst. Denn anstatt nun zügig die Auswahl einer Dachvariante anzugehen und den Baubeschluss im Gemeinderat zu fällen, will die Stadt erst eine Warteschleife drehen und prüfen, ob die zentral gelegene Fläche am Ufer der Rems nicht stattdessen besser mit einem Gebäude bebaut werden sollte.

Ein Bau als Ausweichquartier für die Verwaltung?

Etliche Bauten der Verwaltung müssten in den nächsten Jahren dringend saniert werden, beispielsweise das Marktdreieck, in dem rund 80 Beschäftigte arbeiteten, argumentierte der Baubürgermeister Dieter Schienmann. Ein Neubau auf dem Galerie-Parkplatz mit Parkplätzen im Erdgeschoss könnte da als Ausweichquartiert dienen und auf dem Dach ebenfalls Platz für eine Photovoltaikanlage bieten. Das Gelände an sich sei gut für eine Bebauung geeignet, sagte Dieter Schienmann und bezeichnete ein „städtebaulich anspruchsvolles“ Verwaltungs- oder auch Wohngebäude an dieser Stelle als „eine Riesenchance“. Eine reine Überdachung des Parkplatzes und der Bau einer Photovoltaikanlage, wie beschlossen, würde an diesem Platz aber für gut 20 Jahre jegliche andere Nutzung unmöglich machen.

Er schlug daher vor, zunächst eine Machbarkeitsstudie für eine Bebauung zu erstellen. Auch der Oberbürgermeister Sebastian Wolf hob hervor, der Galerie-Platz sei eine der wenigen Flächen im Zentrum, die noch im Besitz der Stadt sind und eigentlich zu schade, um als lediglich Parkplatz zu dienen. Daher wolle man sich nochmals Gedanken machen. Umso mehr, als die Verwaltung auch im Hinblick auf die Gewinnung von Fachkräften konkurrenzfähig sein und gute Rahmenbedingungen schaffen müsse, beispielsweise bei den Arbeitsplätzen.

Großer Ärger über Verzögerung

Während Michael Stumpp (CDU/FW) es als „völlig legitim“ bezeichnete, Alternativen zu prüfen und anregte, an einer anderen Stelle mit weniger Aufwand kurzfristig eine Anlage zu installieren, kritisierte Tobias Märtterer das Vorgehen der Verwaltung. Das wirke auf ihn wie eine Ausrede, um die Photovoltaikanlage nun doch nicht realisieren zu müssen, schimpfte Märtterer, dessen Fraktion Grünt im vergangenen Herbst den Bau der Anlage beantragt hatte. „Wir könnten sofort loslegen und den Strombedarf von bis zu 100 Haushalten decken.“

Auch Alfonso Fazio (Alternative Liste) äußerte sich enttäuscht: „Die Anlage könnte schon in Betrieb sein. Wir waren davon ausgegangen, dass alles in der Mache ist.“ Unter den jetzigen Umständen sei es aber zunehmend schwer, das Material zu beschaffen, es gebe lange Wartezeiten.

Goll: öffentliche Hand ist viel zu langsam

Die FDP-Fraktionsvorsitzende Julia Goll sah sich in ihrer Einschätzung bestätigt, „dass die öffentliche Hand viel zu langsam ist“. Sie drehe auch gerne mal noch eine Gedankenrunde, „aber das muss schneller gehen“. Der Beschluss zum Bau der Anlage sei nun schon rund zehn Monate alt, bemängelte sie. In ihren Augen sei ein Wohngebäude auf dem Galerie-Parkplatz vorstellbar – „aber kein Verwaltungsgebäude auf Vorrat“. Der von Dieter Schienmann ins Spiel gebrachte mögliche spätere Umbau von Büros in Wohnungen höre sich unwirtschaftlich an, sagte Goll und fügte hinzu, dass nach dem Umzug des Landratsamtes sicher etliche Büroflächen als Ausweichquartiere für städtische Mitarbeitende frei seien.

Wenn die Stadtverwaltung die Entscheidung zur Photovoltaikanlage schon zurückstellen wolle, dann müsse sie zumindest geeignete andere Standorte für eine große Anlage benennen, lautete die Forderung mehrerer Rätinnen und Räte.

Eine Freiflächenanlage auf der Ex-Mülldeponie?

Die Verwaltung hat mittlerweile mehrere potenzielle Flächen aufgetan. Nach Ansicht von Baubürgermeister Dieter Schienmann könnte beispielsweise der Parkplatz am Waiblinger Hallenbad überdacht und mit einer Photovoltaikanlage bestückt werden, außerdem der vordere Teil des Parkplatzes an der Rundsporthalle. Weiter hinten sei die Verschattung durch Bäume zu hoch. Auf dem Parkplatz beim Freibad Waiblingen sei eine Anlage auch gut möglich, beim Parkplatz am Salierschulzentrum müsse geprüft werden, ob dort genug Ertrag abfalle. Der Parkplatz am Hallenbad Neustadt könnte teilweise ebenfalls in Frage kommenden, so Schienmann, dem P-&-R-Parkplatz Neustadt bescheinigte er „ein großes Potenzial“.

Die Verwaltung habe nun Angebote von einschlägigen Anbietern angefordert. Ein möglicher Standort für eine Freiflächenanlage könne die einstige Mülldeponie zwischen Neustadt und Hohenacker sein: „Dort soll 2023 eine Fläche an die Stadt übertragen werden.“ Weil dort eine regionale Grünzäsur ist, in der grundsätzlich Bauverbot herrscht, müsste dieses aber zunächst aufgehoben werden. Ein sofortiger Bau einer Photovoltaikanlage sei also nicht möglich.