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Unter Kindern werden deutlich weniger Coronainfektionen registriert als bei Jugendlichen und Erwachsenen. Warum ist das so? Zwei Studien liefern Hinweise.

Die Corona-Infektionszahlen sinken, die Herbstwelle ist offenbar gebrochen. Besonders niedrig sind die Werte bei Kindern: Um die 50 bei den 0- bis 4-Jährigen, rund 140 bei den 5- bis 14-Jährigen – das ist deutlich unter dem bundesweiten Gesamtwert von etwa 250. Woran liegt das? Schließlich galten Kinder in den ersten Coronamonaten als „Treiber der Pandemie“.

Diese schon damals heftig umstrittene Zuschreibung hat sich mittlerweile als falsch herausgestellt. Die vergangene Woche von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach vorgestellte Corona-Kita-Studie liefert für Unter-6-Jährige Hinweise. Darin wird für eine (allerdings kleine) Stichprobe gezeigt, dass die Serokonversion bei Kitakindern deutlich besser funktioniert als bei Erwachsenen. Drei Wochen nach einem positiven PCR-Test hatten fast alle Kinder, aber nur zwei Drittel der Erwachsenen Antikörper im Blut.

Antikörper bei neun von zehn Schulanfängern

Zu ganz ähnlichen Ergebnissen kommt eine Studie des Uniklinikums Würzburg anhand der Blutproben von 277 Würzburger Kitakindern. Zwischen September 2020 und Juli 2022 stieg der Anteil der Kinder mit Antikörpern im Blut von 2 auf knapp 70 Prozent – Hinweise auf eine frühere Infektion oder Impfung, wie es in einer Mitteilung des Uniklinikums heißt. Vor allem während der ersten Omikronwelle im Frühjahr 2022 steckten sich viele der untersuchten Kinder an, die meisten entwickelten milde oder symptomfreie Verläufe.

Je älter die Kinder sind, desto mehr Antikörper wurden gefunden – bei 6-Jährigen hatten 91 Prozent der Untersuchten Antikörper gegen das Spikeprotein. Diese können sich nach einer Impfung oder Infektion bilden. Die nur bei einer Infektion nachweisbaren Antikörper gegen das Nukleokapsid-Protein wurden bei 53 Prozent der Zweijährigen und zwei Dritteln der Sechsjährigen nachgewiesen. So hoch ist also der Anteil der untersuchten Würzburger Kitakinder, die bereits eine Infektion durchgemacht haben.

Große Dunkelziffer

Die Werte liegen deutlich höher als die Anteile der Kinder mit per PCR-Test nachgewiesener Infektion, die das Robert-Koch-Institut erfasst hat – vor allem bei Kitakindern. Für sie galt zwar vielerorts zeitweise eine Pflicht zum Selbsttest, der allerdings offenbar häufig nicht zuverlässig durchgeführt wurde.

Die Daten deuten also darauf hin, dass weit mehr Kinder als in der Statistik ausgewiesen bereits eine Coronainfektion durchgemacht haben. Bei Kitakindern ist die Dunkelziffer offenbar höher als unter Schulkindern, die Durchseuchung scheint jedoch in beiden Gruppen weit fortgeschritten.

Gute Immunantwort

Das würde die Vermutung des Mannheimer Kinder- und Jugendmediziners Horst Schroten bestätigen, der bis Herbst 2021 in der nach eigener Aussage „weltweit größten Studie“ zu dem Thema Corona-Antikörper im Blut von Kindern und Jugendlichen untersucht hatte. Die Immunität bei Kindern habe infolge der Öffnungen und wegen der ansteckenderen Omikron-Variante im Frühjahr und Sommer 2022 vermutlich einen weiteren Sprung gemacht, vermutete Schroten im Juli in einem SWR-Interview.

Das junge Immunsystem scheint auf Ansteckungen (und die für Über-5-Jährige ja auch empfohlene Impfung) zudem nachhaltiger zu reagieren als das von Erwachsenen. Gemeinsam mit der weiterhin lückenhaften Testung erklärt das die deutlich niedrigeren Infektionszahlen in dieser Altersgruppe verglichen mit der Gesamtbevölkerung: Infektionen bei Kindern werden ohne Test entweder nicht erkannt – oder verlaufen zunehmend symptomlos, weil sich das Immunsystem gut gegen das Virus wehren kann.