Man braucht kein Kostüm, um heldenhaft zu sein. Foto: M. Oliviera/Unsplash

Bauarbeiter verhindern eine Kindesentführung und ein anonymer Retter bewahrt ein Kind vor dem Ertrinken – in Böblingen wird Nächstenliebe nicht nur an Weihnachten gelebt. (Ein Betrag aus den „Bonbons“, der wöchentlichen Kolumne dieser Zeitung).

Die schönsten Geschichten schreibt das Leben selbst. In Böblingen gibt es dieser Tage gleich mindestens zwei davon – und beide handeln von Menschen, die mit ihrem beispielhaften Handeln eine Inspiration für uns alle sein sollten.

Da wären zum Beispiel die drei Männer, die am 25. Oktober bei einer Baustelle am Röhrer Weg beobachtet haben, wie ein Mann einen Jungen in sein Auto zerren wollte. Anstatt tatenlos zuzuschauen oder – wie es bei manchen Mitmenschen zu einer Art Reflex geworden zu sein scheint – das Handy zu zücken und die Szene aus Sensationsgier zu filmen, griffen sie mutig ein. Neben den drei Bauarbeitern waren auch ein Firmenmitarbeiter und zwei Kinder an der Rettungstat beteiligt. Sie alle bekommen im Januar einen Zivilcourage-Preis von der Stadt Böblingen.

Eine Auszeichnung hätte sicher auch der 30-jährige Mann verdient, der an diesem Montag unvermittelt zum Lebensretter geworden war, als er am Unteren See ein aus einer Betreuungseinrichtung ausgebüxtes Kind vor dem Ertrinken bewahrte. Erschwerend hinzu kam, dass der Junge aufgrund einer Entwicklungsstörung nicht sprechen beziehungsweise um Hilfe rufen konnte. Zum Glück hatte der 30-Jährige das Platschgeräusch mitbekommen und war ohne zu zögern in den eiskalten See gesprungen.

Als die Polizei den völlig durchnässten Retter fragte, ob die Öffentlichkeit seinen Namen erfahren darf, winkte er ab. So bleibt uns nur, gemeinsam mit allen Angehörigen und Betreuungspersonen dem anonymen Helden von ganzem Herzen für dieses Weihnachtswunder zu danken.

Vor allem aber sollten wir uns ein Beispiel an ihm und den Helden vom Röhrer Weg nehmen. Denn um heldenhaft zu handeln, müssen wir alle keine Helden sein. Es genügt, wenn wir uns – nicht nur an Weihnachten – daran erinnern, was Menschlichkeit bedeutet und einander ungeachtet von Herkunft, Aussehen, Religion oder politischen Ansichten mit Mitgefühl, Hilfsbereitschaft und gegenseitiger Achtung begegnen. Ein schöneres Weihnachtsgeschenk können wir uns alle eigentlich gar nicht machen.