Claudia Glemser muss Abschied von ihrem Laden nehmen. Foto: Werner Kuhnle

Blumen Seidel in Murr schließt Ende Juli. Der Floristin Claudia Glemser fehlt es an Personal – obwohl sie ihren Beruf liebt, sieht sie keinen anderen Ausweg.

Da stehen sie also. Rosa und weiße Bartnelken, Gerbera in allen Farben, Kamillen, große Sonnenblumen, kleine Sonnenblumen . . . sie stehen da, um – zu einem schönen Strauß gebunden – Menschen zu erfreuen oder zu trösten, um einen Raum schöner zu machen, jemanden willkommen zu heißen oder Farbe in den Alltag zu bringen. Der Blumenladen von Claudia Glemser in Murr ist ein ganz klassisches Geschäft. Schnittblumen, Topfpflanzen, Wohnaccessoires. Ein Laden, der läuft. Und der trotzdem schließen muss.

Fachpersonal ist nicht zu finden

Ende Juli ist Schluss mit Blumen Seidel in Murr, bis dahin läuft der Ausverkauf. Claudia Glemser, die das Geschäft im Ortskern vor fast zwölf Jahren übernommen hat, bräuchte zwei Vollzeit-Floristinnen, um weiter machen zu können. Doch Fachpersonal ist nicht zu finden. Seit Monaten schlägt sich Claudia Glemser, selbst Floristin, mit Aushilfskräften durch. Morgens um 4 Uhr geht es auf den Großmarkt, dann muss das Geschäft geöffnet werden, zudem warten Aufträge für Hochzeiten oder Beerdigungen. „Das kann ich nicht stemmen, da mach’ ich mich kaputt“, sagt Claudia Glemser. Schweren Herzens hat sie deshalb die Reißleine gezogen. „Das war eine sehr schwierige Entscheidung“, sagt die Floristin. Sie liebt ihren Beruf, den sie nun seit 40 Jahren ausübt. In den Laden in Murr habe sie wahnsinnig viel Arbeit und Zeit investiert, sagt sie.

Nun sieht sie keinen Ausweg mehr, kein Türchen, das aufgehen könnte. „Die jungen Leute wollen nicht mehr in den Einzelhandel“, ist ihre Erfahrung. Ein Stück weit kann Claudia Glemser das auch verstehen. „Da gehört schon viel Liebe zum Beruf dazu.“ Aber letztlich sei der Fachkräftemangel ein gesellschaftliches Problem. „So etwas“, also eine klassische Ausbildung im Handwerk, mache man nicht mehr. „Alles, was mit Dienstleistung zu tun hat, ist schwierig. Die Leute gehen lieber in die Industrie.“

Claudia Glemser, die nun das alteingesessene Geschäft in Murr schließen wird, ist nicht die einzige in der Umgebung, die einen Blumenladen dicht macht. Bereits vor vielen Jahren schloss in der Marbacher Marktstraße Blumen Landau. Die Blumenecke in der Grabenstraße der Schillerstadt hat nur noch an zwei Tagen geöffnet. Immerhin: Mit La Poucette in der Niklastorstraße ist ein kleiner Vintage-Blumenladen dazugekommen.

Die Murrer Blumenkunden müssen sich also umorientieren und nach Marbach oder Pleidelsheim ausweichen. Claudia Glemser findet das schade. Schade vor allem für die älteren Menschen im Ort, die vielleicht gar nicht die Möglichkeit haben, weit zu fahren. Oder für die, die einfach auf ein Schwätzchen vorbeischauen, wie die Dame mit Rollator, die an diesem Morgen kurz zur Tür hereinwinkt, Hallo sagt und noch einmal den Anblick genießt von rosa und weißen Bartnelken, Kamillen, großen und kleinen Sonnenblumen.