Es wird gebaut und saniert bei der Bahn, was gewaltig auf das Betriebsergebnis drückt. Ein Ende der tiefroten Zahlen ist nicht in Sicht. Foto: imago/Funke Foto Services

Die Bilanz des größten Staatskonzerns ist noch desaströser als befürchtet. Allein das Finanzdebakel beim Arriva-Zukauf kostet mehr als 2 Milliarden Euro.

Die Deutsche Bahn AG schreibt trotz wachsender Fahrgastzahlen noch höhere Verluste als befürchtet. Der größte Staatskonzern fährt im gesamten Kerngeschäft auf der Schiene in tiefroten Zahlen und häuft einen immer höheren Schuldenberg auf. Im Geschäftsbericht 2023, den DB-Chef Richard Lutz am Donnerstag präsentierte, weist die Bahn ein bereinigtes Jahresergebnis von minus 2,4 Milliarden Euro aus. Damit hat sich der Verlust binnen eines Jahres mehr als verzehnfacht, 2022 stand unterm Strich noch ein Minus von 227 Millionen Euro. Der Umsatz schrumpfte um rund sieben Milliarden auf 45,2 Milliarden Euro.

Auch das operative Ergebnis verschlechterte sich dramatisch um mehr als zwei Milliarden Euro. Statt zuvor 1,25 Milliarden Gewinn vor Steuern und Abschreibungen schreibt der bundeseigene Transportriese beim Ergebnis vor Steuern und Zinsen fast eine Milliarde Euro Minus. Als Grund werden neben höheren Personalkosten und der Inflation die Vorleistungen für den Bund bei der Infrastruktur von einer Milliarde Euro genannt. Lutz hofft für 2024 auf eine Trendwende und eine Milliarde Euro Vorsteuergewinn.

„So viel gebaut wie noch nie“

Der Konzern steckte voriges Jahr aus eigenen Mitteln die Rekordsumme von 7,6 Milliarden Euro in das lange vernachlässigte Schienennetz, für das die DB seit der Bahnreform 1994 verantwortlich ist und hohe Zuschüsse erhält. „Wir haben so viel gebaut wie noch nie und fahren nicht länger auf Verschleiß“, betont Lutz. Sanierung und Modernisierung der Infrastruktur duldeten keinen Aufschub.

Mit den höheren Bundesmitteln könne man zusätzlich 30 Milliarden Euro ins Netz investieren. Allerdings werden mittelfristig weitere 17 Milliarden Euro gebraucht, die von der Regierung zugesagt waren und wegen der Sparzwänge offen sind.

Die DB-Bilanz zeigt ein weiteres Mal, dass der Staatskonzern ein schwerer Sanierungsfall ist. In den vier Jahren seit Corona wurden mehr als neun Milliarden Euro Verluste aufgehäuft. Im Kerngeschäft mit der Schiene sieht es besonders trübe aus. Der Systemverbund Bahn, der neben den Verkehrssparten den Betrieb des bundeseigenen Schienennetzes umfasst, verbuchte voriges Jahr 2,2 Milliarden Euro Verluste. Damit wuchs das Minus um rund 1,5 Milliarden Euro.

Alle fünf wichtigen Sparten sind beim Ebit tiefrot. Der Fernverkehr mit der ICE-Flotte fuhr 43 Millionen Euro Minus ein, der Regionalverkehr 22 Millionen. Im Güterverkehr stehen bei DB Cargo weitere 497 Millionen Euro Verlust. Wegen der höheren Ausgaben für die Infrastruktur verzeichnet nun auch das Netz mit fast 1,1 Milliarden Euro ein hohes Defizit, bei den Bahnhöfen gab es ein Minus von 150 Millionen.

Das Konzernergebnis wird überdies zum einen durch immer höhere Zinszahlungen auf den immens wachsenden Schuldenberg des Staatskonzerns von nun fast 34 Milliarden Euro belastet. Allein 2023 wurden weitere fünf Milliarden Euro Nettofinanzschulden aufgehäuft, unter anderem für die Anschaffung neuer Züge und die Infrastruktur.

Zum befürchteten finanziellen Debakel wurde auch die Trennung von der britischen Bus- und Bahntochter Arriva, die unter dem früheren DB-Chef Rüdiger Grube einst für rund drei Milliarden Euro auf Pump erworben wurde. Die Übernahme war von Beginn an umstritten und galt als weit überteuert. Arriva hat die Erwartungen nie erfüllt, seit Jahren fand sich kein Käufer. Vorigen Herbst schließlich unterzeichneten der Fonds I Squared Capital und die DB einen Kaufvertrag.

Gigantischer Verlust durch Arriva

Nach internen Papieren ist Arriva zu einem gigantischen Verlustgeschäft für das Bundesunternehmen geworden. Allein 2020 wurden demnach schon 1,2 Milliarden Euro wertberichtigt, als auch wegen Corona die Passagierzahlen eingebrochen waren. In der Bilanz 2023 wurden nun der Buchwert von noch 600 Millionen Euro vollständig abgeschrieben, zuvor Abwertungen von weiteren 400 Millionen Euro vorgenommen und noch 100 Millionen Euro Rückstellungen für weitere Risiken aus dem Verkauf gebildet.

Unterm Strich ergibt das exorbitante Belastungen von rund 2,2 Milliarden Euro. Auch in der Konzernrechnung ist das Arriva-Debakel zu sehen, allerdings nur im Kleingedruckten. Zusätzlich zum Verlust von knapp 2,4 Milliarden Euro wird auf Seite 221 des Geschäftsberichts ein Minus von 615 Millionen Euro und darunter dann ein DB-Gesamtverlust von fast drei Milliarden Euro ausgewiesen – eine Verschlechterung um mehr als fünf Milliarden Euro.