Holz gilt als ökologischer Baustoff bei Immobilien. Foto: dpa/Sebastian Gollnow

Ökologisch und ökonomisch soll die geplante Neubebauung an der Großheppacher Brückenstraße sein. Nun werden Ideen gesammelt. Erfahrungen hat die Stadt mit Holz noch nicht, will aber Vorbild werden für andere Kommunen.

Die Zielvorgaben sind klar, was am Ende entsteht, ist dennoch offen. Mit dem Baufeld Brückenstraße in Großheppach geht Weinstadt sein erstes Wohnbauprojekt mit Holzbauoffensive an. Für das Förderprojekt des Landes ist Weinstadt als eine von 18 Kommunen in Baden-Württemberg vom Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz vergangenes Jahr ausgewählt worden.

Die Ideenskizze, mit der sich die Stadt im Wettbewerb mit 44 anderen Kommunen durchsetzen konnte, ist inzwischen zu einem sogenannten Umsetzungskonzept weiterentwickelt worden. Darin dient das Großheppacher Baufeld Brückenstraße als ein Mustergebiet, wie bei der Neuerschließung eines Wohngebiets der Holzbau gefördert werden kann.

Drei Experten stehen zur Seite

Eine konkrete Vorstellung vom Endergebnis hat man in Stadtplanungsamt indes nicht. „Wir betonieren uns nicht auf etwas ein“, sagt dessen stellvertretender Leiter Matthias Weber im Gespräch mit unserer Zeitung. Stattdessen gehe man experimentell vor. So habe man zwar einen Kriterienkatalog aufgestellt. „Aber wir sind selbst Lernende.“ Denn bislang habe man als Stadt relativ wenig Erfahrung mit Holzbau. „Stand jetzt ist unser Detailwissen als eher gering zu bewerten“, erklärt Weber. Dies ist indes kein Nachteil, sondern gehört gewissermaßen zum Prinzip der Holzbauoffensive. „Das ganze Thema ist auch dazu da, dass wir als Kommune Vokabeln für Holz als Baustoff der Zukunft entwickeln können und damit einen Leitfaden für andere kleine Städte, die wie wir nicht die Kapazitäten haben, um in allen Baubereichen Experten zu haben.“

Für seine Holzbauoffensive hat sich Weinstadt ein externes Expertengremium zur Beratung an seine Seite geholt: Den Architekten und Professor Peter Cheret, der mit seinem Stuttgarter Architekturbüro an der Konstruktion der Stuttgarter Holzbrücken für die Remstal-Gartenschau 2019 beteiligt und bis vor Kurzem am Institut für Konstruktion und Entwurf der Universität Stuttgart tätig war; dazu den Bauphysiker Heiko Fischer vom Tübinger Büro ebök, der viele Jahre auch als Zimmermann gearbeitet hat und nun an der Hochschule für Technik in Stuttgart einen Lehrauftrag für Holzbau inne hat. Florian Knappe vom Institut für Energie- und Umweltforschung in Heidelberg kommt dazu, der das Thema aus ökologischer Sicht betrachtet. Die drei Fachmänner waren bereits am Umsetzungskonzept beteiligt und sind nun neben Vertretern der Stadtverwaltung auch Teil des Auswahlgremiums beim städtebaulichen Vergabeverfahren, das jetzt beginnen soll. Dabei können sich Investoren und Architekten jeweils im Duo um die Entwicklung des Wohngebiets Brückenstraße bewerben.

„Dabei geht es nicht darum, ein Leuchtturmprojekt für Holzbau zu entwerfen“, betont Weber, „das Ziel der Stadt ist eine ökologisch und ökonomisch sinnvolle Lösung zu finden.“ So würden die Bewerberteams in dem zweistufigen Verfahren zunächst nach ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit bewertet. „Damit wollen wir eine Qualitätssicherung bei den Projektbeteiligten sicherstellen.“ Erst danach geht es ans Eingemachte: Ausgewählte Bewerber dürfen städtebauliche Vorentwürfe abgeben, die nach mehreren Kriterien beurteilt werden.

Neben der Höhe des Holzbauanteils bei der Materialwahl gehört dazu auch, wie die Bebauung sich städtebaulich einpasst und wie das ergänzende Parkkonzept aussieht. So habe sich in einem Modellvorhaben zwar ergeben, dass unter idealen Bedingungen mit einem Holzbau rund die Hälfte an Kohlenstoffdioxid gegenüber einer Massivbauweise mit grauer Energie eingespart werden könne, sagt Weber. Aber der beste Entwurf bringe nichts, wenn er auf der innerstädtischen Fläche nicht funktioniere. Zudem spielen noch weitere ökologische Gesichtspunkte eine Rolle. So hat man etwa den Stellplatzschlüssel auf einen Parkplatz pro Wohneinheit festgelegt. „Die Planer sind aufgerufen, sich Gedanken zu machen, wie sie die Leute dazu bewegen, das Fahrrad zu nehmen“, erläutert der Stadtplanungsamtsleiter Dennis Folk beispielhaft den Hintergrund der Vorgabe näher.

Ideen für das Wohnen im Alter

Gespannt ist man im Weinstädter Stadtplanungsamt aber vor allem, welche Nutzungs- und Vermarktungskonzepte die Bewerber vorlegen, und ob diese auch innovative Wohnformen enthalten, wie etwa Clusterwohnen. „Dabei wird Wohnraum gemeinschaftlich geteilt, um den individuellen Verbrauch pro Person zu reduzieren“, erklärt Matthias Weber, „das ist interessant für Wohnen im Alter.“ Zumal sich bei einer Bürgerwerkstatt zum Thema Wohnen gezeigt habe, dass es eine gewisse Nachfrage hierfür in Weinstadt gebe.

Bis zum Sommer des kommenden Jahres sollen die Sieger des Vergabeverfahrens feststehen. Derweil bereitet man im Stadtplanungsamt schon die nächste Konzeptvergabe vor für zwei Mehrfamilienhäuser, die im Schnaiter Neubaugebiet Furchgasse im Holzbau errichtet werden sollen. Zudem sollen im Zuge der Offensive auch Nachverdichtungen im Bestand angegangen werden, etwa auf dem Gelände der Neuapostolischen Kirche in Großheppach und bei Revitalisierungen von Gewerbegebieten, wie das in den Metzgeräckern geplant ist.