Schön leise zumachen. Foto: dpa/Christoph Schmidt

Fernseh-Teams geben sich in Erdmannhausen die Klinke in die Hand, um über die Änderung der örtlichen Polizeiverordnung zu berichten.

Hallo! Wie geht’s? Diese Begrüßungsfloskel war gestern. Zumindest in Erdmannhausen. Dort sagt man jetzt eher: Hallo! Hast du die Autotür leise zugemacht? So gehört am Rande der Gemeinderatssitzung vergangene Woche. Dort stand ein Thema auf der Tagesordnung, für das sich sogar das Fernsehen interessierte. Kurz vor der Sitzung verließ das in dieser Woche dritte Kamera-Team das Rathaus nach einem Dreh.

Das aufregende Thema aus Erdmannhausen, für das sich nun alle Welt begeistert: die Änderung der örtlichen Polizeiverordnung. Klingt einigermaßen unspektakulär, ist es auch. In so einer Polizeiverordnung stehen recht logische Dinge: Dass man Bänke, Schilder oder Denkmäler nicht bekleben, bemalen, beschmutzen oder entfernen darf zum Beispiel. Dass man eine Hausnummer an sein Haus anbringen muss oder dass man öffentliche Brunnen nicht verunreinigen darf. Außerdem: Auf öffentlichen Wegen keine Notdurft verrichten (gilt für Hunde und Menschen gleichermaßen) und keinen Müll in die Landschaft werfen. Et cetera.

Viele Kommunen haben die Satzung schon längst beschlossen

Mit so etwas lockt man normalerweise keinen Hund hinter dem Ofen vor und auch keinen Bürger zur Gemeinderatssitzung. Auch nicht, wenn die inzwischen zehn Jahre alte Verordnung um ein paar Punkte erweitert wird. Diese haben sich die Erdmannhäuser im übrigen nicht selbst ausgedacht, sondern – wie viele andere Kommunen – das vorgeschlagene Muster für eine solche Ortssatzung übernommen. Kornwestheim zum Beispiel hat die Satzung, aber auch Bönnigheim Murr, Oberstenfeld und Gemmrigheim.

Unter anderem steht da nun neu der Paragraf „Lärm durch Fahrzeuge“ drin. Verboten ist es demnach, Kraftfahrzeugmotoren unnötig laufen zu lassen, Fahrzeug- und Garagentüren übermäßig laut zu schließen, beim Be- und Entladen vermeidbaren Lärm zu verursachen, unnötig zu hupen und so weiter. Das basiert im Übrigen auf der Straßenverkehrsordnung. Der Passus, dass Fahrzeugtüren nicht zu laut geschlossen werden dürfen, hat vor allem in den sozialen Medien für Trubel gesorgt. „Haben die sonst nix zu tun?“ oder „Gibt’s keine dringenderen Probleme?“, wurde da gefragt.

Zurück ins reale Leben: Gerade noch vor der Fernseh-Kamera, dann gleich vor dem Gemeinderat samt zwei Zuhörern, räumte der Bürgermeister Marcus Kohler vergangene Woche ein: „Die Wogen schlagen hoch.“ Nach den Berichten in den örtlichen Zeitungen hatten sich Regio TV, der SWR und auch die deutsche Presseagentur bei ihm gemeldet. Ein wenig verwundet ist er schon, dass das ausgerechnet bei diesem Thema passiert. „Zig Kommunen haben genau diese Polizeiverordnung schon beschlossen.“

Deutliche Kritik an den Reaktionen im Netz übte Gemeinderat Hans-Georg Götz (SPD). „Wir wurden auf Facebook teilweise persönlich angegriffen.“ Dabei hätten die meisten wohl nur die Überschrift und sicher nicht die zehnseitige Verordnung gelesen. „Ich kann jedem, der schimpft, nur empfehlen, mal hierher in die Sitzung zu kommen, um zu sehen, was wir tun. Und gerne darf man sich auch bei der nächsten Kommunalwahl aufstellen lassen und sich einbringen.“

Ob es jemals Knöllchen gibt?

Die Änderung der Polizeiverordnung winkten die Räte dann ohne weitere Diskussion durch. Ob jemals ein Erdmannhäuser Bürger mit einem Bußgeld belegt wird, weil er seine Autotür zu laut zumacht, bleibt abzuwarten. Die Erfahrungen aus anderen Kommunen sind in dieser Hinsicht jedenfalls deutlich überschaubar. Aus Kornwestheim und Murr beispielsweise ist auf Nachfrage zu hören, dass es noch keine Fälle gab, in denen dafür Knöllchen verteilt wurden.