Mit einem Schaden an der Nikomedeskirche hat alles begonnen. Foto: Eibner/Archiv

Not macht erfinderisch: Um ihre finanzielle Lage zu verbessern gründet die evangelische Kirchengemeinde Hildrizhausen eine Stiftung. Mit dieser Idee gewinnt sie nun einen Preis der Landeskirche.

Im Allgemeinen sind die Kirchen zurzeit eher die Verlierer. Nicht so in Hildrizhausen. Hier konnte die evangelische Kirchengemeinde einen Sieg einfahren: Den des Fundraising-Preises, den die württembergische Landeskirche alle drei Jahre ausschreibt. Bei der siebten Ausgabe des Wettbewerbs für die Jahre 2020 bis 2022 durfte die Kirchenorganisation kürzlich die mit 1200 Euro dotierte Siegerurkunde entgegen nehmen. „Fundraising ist die Kunst, einen Fächer von Mitmachangeboten zu entfalten. Diese Kunst ist in besonderer Weise gelungen“ sagte Oberkirchenrat Jörg Antoine bei der Preisverleihung.

Die Kosten sind am Ende mehr als doppelt so hoch

Alles begann 2018 mit einer heruntergefallenen Dachpfanne vom 650 Jahre alten Kirchturm. Ein daraufhin erstelltes Gutachten bestätigte die Notwendigkeit einer Komplettsanierung des Turms der historischen Nikomedeskirche aus dem 11. Jahrhundert. Sanierungskosten von 300 000 Euro waren ursprünglich veranschlagt worden. Doch bei der Fertigstellung im Jahr 2023 hatten sich diese auf 770 000 Euro summiert. Durch die Unterstützung von Landeskirche und Denkmalamt sowie vielen erfolgreichen Spenden- und Mitmachaktionen durch den SOS-Aufruf „Turm in Not“ konnte ein erheblicher Kostenanteil gedeckt werden. Der Restbetrag musste aus den Rücklagen der Kirchengemeinde bezahlt werden, die nun für künftige Reparaturen wieder aufgefüllt werden müssen.

Um die finanzielle Lage zu verbessern und auch zukünftig stabil zu halten, schauten die Mitglieder des Kirchengemeinderats auch über die Ortsgrenzen hinaus. So entstand die Idee eine gemeinschaftliche Stiftung ins Leben zu rufen. „Es war nochmals eine Möglichkeit zusätzliche Gelder zu er-zielen und eine Hilfe für mehr Spielraum finanzieller Art. Es war in jedem Fall die richtige Entscheidung“, sagte Annette Lehmberg, die ehrenamtliche Vorsitzende des Stiftungsrat sowie des Kirchengemeinderats Hildrizhausen.

Unter dem Motto „Das Wir stärken“ unterschrieben 76 Privatpersonen und Organisation den Zeichnungsbrief als Gründungsmitglieder. Insgesamt konnten dadurch rund 200 000 Euro eingeworben werden. Mit dieser Anfangssumme wurde im Mai 2022 die „Stiftung Evangelische Kirchengemeinde Hildrizhausen“ offiziell gegründet. Jeder kann selbst wählen, wie seine gestiftete Geldeinlage verwendet werden soll. Ob diese in das Grundstockvermögen fließen soll, welches die Landeskirche in einem Pool für alle Stiftungen anlegt, um bessere Konditionen zu erzielen und wovon lediglich die erzielten Zinsen ausgegeben werden dürfen, oder in das Verbrauchsvermögen, das direkt verwendet werden darf.

Interessant für Geburtskinder oder Erben

Wie es das Motto des Stiftungsaufrufs „Das Wir stärken“ zusammenfasst, werden vom Verbrauchsvermögen nebst Zinsen viele Maßnahmen im Gemeindeleben gefördert. Zum Beispiel die Jugend-, Senioren- und Diakoniearbeit, Kultur- und Begegnungsangebote sowie die Erhaltung der kirchlichen Einrichtungen. Denn vor allem die Nikomedeskirche ist für die Hausemer ein schützenswertes Wahrzeichen. „Mit der Gründung einer Stiftung wird eine wichtige Weiche für die Zukunft gestellt, damit neben dem laufenden Betrieb auch die Liegenschaften als unverzichtbare Orte der Begegnung dauerhaft gesichert werden können“, wird Bürgermeister Matthias Schöck in der Stiftungsbroschüre zitiert.

Auch die Gemeinde Hildrizhausen selbst gehört zu den Gründungsmitgliedern. Und es darf auch weiterhin in die Stifterriege eingetreten werden. Anlässe wie runde Geburtstage, Geburten, Kondolenzgaben oder Erbschaften sind Möglichkeiten zu stiften. Unterstützer können sich direkt an die evangelische Kirchengemeinde wenden.