Im Fokus der Medien: die ausgezeichneten Athletinnen und Athletinnen im Kurhaus in Baden-Baden Foto: Baumann/Hansjürgen Britsch

Bei der Gala in Baden-Baden wird deutlich, dass der deutsche Sport sehr wohl über Typen verfügt, die auch bei den Olympischen Sommerspielen 2024 etwas bewegen können – von einigen gibt es gleich eine passende Ansage.

Im Vorfeld der Gala, bei der die Sportler des Jahres ausgezeichnet werden, ist unendlich viel zu organisieren. Und manchmal gibt es selbst dann noch Arbeit, wenn die Veranstaltung schon längst läuft. Weil es am Sonntagabend in Baden-Baden (zu) neblig war, mussten einige Basketballer und Eishockeycracks, die direkt von ihren Spielen anreisten, in Stuttgart landen und per Auto weiterbefördert werden. Alle kamen an, nahmen gerade noch rechtzeitig ihre Plätze ein. Die Sitzordnung ging auf – und zeigte den Weitblick des Veranstalters.

In der Mitte des noblen Bénazetsaals im Kurhaus gab es den Weltmeister-Tisch. Lukas Dauser (Turnen), Florian Wellbrock (Schwimmen) und Oliver Zeidler (Rudern) hatten 2023 WM-Gold am Barren, im Freiwasser über fünf und zehn Kilometer sowie im Einer gewonnen, bei der Sportlerwahl siegte Dauser vor Wellbrock und Zeidler. Ein Bild mit Symbolcharakter? Es wäre jedenfalls keine Überraschung, wenn dieses Trio im nächsten Jahr wieder auf dem Treppchen stehen würde. Erst bei den Olympischen Spielen, dann erneut in Baden-Baden.

Auch Leo Neugebauer wird ausgezeichnet

Es bestehen ja bereits Befürchtungen, das deutsche Team werde in sieben Monaten in der französischen Hauptstadt so wenige Medaillen holen wie nie zuvor bei Sommerspielen. Die Sportler-Gala taugte nun nicht nur als guter Appetitanreger (zum Kalbsfilet gab es eine Café de Paris-Veloute), sondern auch als Mutmacher. Weil der deutsche Sport zeigte, dass er sehr wohl über echte Typen verfügt. Das gilt sowohl für Dauser („Ich will in Paris die perfekte Übung zeigen“), Wellbrock („Ich möchte erneut Olympia-Gold“) und Zeidler („Ich habe Bock auf Paris“), aber auch für Zehnkämpfer Leo Neugebauer vom VfB Stuttgart, der nach seinem deutschen Rekord und Platz fünf bei der WM als Newcomer des Jahres ausgezeichnet wurde („Dieser Titel bedeutet mir sehr viel, doch zugleich habe ich noch höhere Ziele“). Und es gilt natürlich erst recht für die Basketballer.

Das deutsche Nationalteam hat sich im September in Manila den historischen ersten WM-Titel gesichert, was eine so große Sensation war, dass dagegen selbst WM-Silber der Eishockey- und WM-Gold der Hockey-Männer – auch sie eine der großen olympischen Hoffnungen – verblassten. Diese beiden Teams belegten bei der Sportlerwahl die Ränge zwei und drei, und es gab niemanden in Baden-Baden, der diese Reihenfolge kritisiert hätte. Dafür war der Erfolg der Basketballer zu groß, zu wertvoll, zu bedeutend. Einmalig soll er nicht bleiben.

Die Mannschaft, deren Anführer Gordon Herbert (er war wegen eines Trauerfalls in der Familie nicht in Baden-Baden) zum Trainer des Jahres gekürt wurde, hat Gefallen daran gefunden, sich an sich selbst zu berauschen. „Wir haben unsere Egos zur Seite gepackt und Deutschland stolz gemacht. Es ist das, was wir wollten“, sagte Kapitän Dennis Schröder, der sich live aus Toronto zuschalten ließ, „in Paris werden wir versuchen, dasselbe noch einmal zu tun.“ Einfach wird das jedoch nicht.

Andreas Obst freut sich auf die Megastars

Es ist davon auszugehen, dass im nächsten Sommer mehr Top-Profis aus der nordamerikanischen Profiliga NBA dabei sein werden als bei der WM, im Team der USA, aber zum Beispiel auch bei Deutschlands Finalgegner Serbien (Nikola Jokic). Und zum anderen wird niemand mehr den Weltmeister unterschätzen. Im Gegenteil. „Wir sind jetzt die Gejagten“, sagte Dreier-Spezialist Andreas Obst, der beim 113:111-Sieg im WM-Halbfinale gegen die USA das Spiel seines Lebens gemacht hatte, nun in Baden-Baden. „Natürlich ist es noch reizvoller, wenn Megastars wie LeBron James oder Steph Curry kommen. Gegen sie zu spielen, wird ein Riesending. Es ist doch der Traum eines jeden Jungen, sich von ihnen rumschubsen zu lassen.“ Und am Ende den nächsten Coup zu landen? „Wir haben“ , meinte Obst, „die nötige Qualität, um eine Medaille zu holen.“

Dass bei der Gala im mondänen Kurhaus ständig vorausgeblickt wurde auf die Sommerspiele, hatte auch mit einer 17-jährigen Sportgymnastin zu tun. Darja Varfolomeev (Fellbach-Schmiden) gehört fraglos zu den deutschen Athletinnen, die für Paris eine glänzende Perspektive haben. Nach fünf WM-Titeln verpasste sie ihren nächsten Triumph wohl nur deshalb ganz knapp, weil die doppelt so alte Biathletin Denise Herrmann-Wick, die ihre Karriere nach dem WM-Sieg im Sprint beendet hatte, manche Stimme auch für ihr erstaunliches Lebenswerk erhielt. Herrmann Wick gewann nicht nur neun WM-Medaillen mit dem Gewehr auf dem Rücken, sondern stand bei Olympischen Winterspielen in zwei Disziplinen auf dem Treppchen – als Langläuferin (Staffel-Bronze 2014) und Biathletin (Einzel-Gold und Staffel-Bronze 2022). „Diese letzte Auszeichnung ist emotional noch einmal ein richtiger Höhepunkt“, sagte Herrmann-Wick, ehe sie sich mit Varfolomeev und der drittplatzierten Skispringerin Katharina Schmid (geb. Althaus) zum Foto aufstellte, „wir alle haben gemeinsam, dass wir den Sport in Deutschland groß machen wollen.“

Für die weiterhin Aktiven gilt das auch 2024. Zum Beispiel bei den Spielen in Paris.