Hannah Eckstein hat die Schau in der Galerie kuratiert. Foto: /Stefanie Schlecht

An diesem Freitag wird in Sindelfingen eine Ausstellung mit Werken aus der Sammlung Lütze eröffnet.

Mitte der 1980er Jahre kaufte die Stadt Sindelfingen große Teile der Sammlung des Unternehmers Diethelm Lütze. Dies ging mit der Gründung des Lütze-Museums einher, aus dem wiederum die heutige Galerie der Stadt Sindelfingen hervorging. Die Sammlung Lütze hat ihren Schwerpunkt auf der Kunst des späten 19. und 20. Jahrhunderts und gibt somit Zeugnis jener tief greifenden Umwälzungen, die die Moderne prägten.

Die bürgerliche und industrielle Revolution, wissenschaftliche Erkenntnisse und technischer Fortschritt sowie zwei große Kriege veränderten die Sicht auf die Welt. In der Kunst und insbesondere in der Malerei machte sich dies durch eine Abkehr von der Gegenständlichkeit bemerkbar. Die Künstler begannen einen individuellen Ausdruck zu erproben, der Gefühle, Emotionen und Seelenzustände spiegelte und mit einer Vereinfachung der Formen einherging.

Geschichtsträchtige Bilder

In der neuen Ausstellung „Expression und Geste“ in der Galerie der Stadt Sindelfingen lassen sich diese Entwicklungen anhand der Werke von vielen namhaften Künstlern exemplarisch nachvollziehen. Die Präsentation wird an diesem Freitag, 3. Mai, um 19 Uhr eröffnet. Sie läuft bis 30. Juni und zeigt Papierarbeiten von Max Ackermann, Georg Baselitz, Willi Baumeister, Otto Dix, Adolf Hölzel, Ida Kerkovius, August Macke, Oskar Schlemmer oder K. R. H. Sonderborg.

Beispielsweise vermittelt Otto Dix in seiner Zeichnung „Sterbender Krieger“ (1917) das Leid des Soldaten durch die expressive Darstellung, welche den Körper und die Landschaft mit energisch gesetzten Strichen umreißt. August Mackes Tuschezeichnung Einige Druckgrafiken und Zeichnungen zeigen, wie die Neuerungen des Expressionismus auch zu seiner Überwindung führten. Adolf Hölzls Glasfensterentwurf (1932) ist ein Beispiel seiner flächigen Bildfindungen, die vor allem durch runde und ovale Farbfelder gekennzeichnet sind, in denen Figürliches nur noch angedeutet wird. Drei Druckgrafiken von Wassily Kandinsky machen zudem nachvollziehbar, wie auch er sich schrittweise vom Vorbild der Natur löste und durch eine kontinuierliche Steigerung des Abstraktionsgrades zu einer geometrischen Formensprache gelangte.

Alles steht kopf

Werke von Peter Brüning oder Karl Otto Götz wiederum stehen beispielhaft für die informelle Malerei, in der der individuelle Ausdruck im Spannungsfeld von Formauflösung und Formfindung in den Fokus rückte. Die sogenannten Neoexpressionisten wie Georg Baselitz und Markus Lüppertz schlagen eine Brücke und offenbaren, wie das Expressive und Informelle auch in der Folgezeit weiterwirkte. Baselitz zum Beispiel stellte ab Mitte der 1970er Jahre die Abbildfunktion des Motivs in Frage, indem er es wie in „Tanzende Frau“ auf den Kopf stellte.