Gemeinschaft und Betreuung, wo es nötig ist – das bietet die Tagespflege. Foto: Petra Mostbacher-Dix

Die Nachfrage nach Tagespflege im Landkreis Ludwigsburg ist so groß, dass an manchen Orten schon eine Warteliste geführt wird. Dennoch schließt der ASB sein Angebot in Ludwigsburg und argumentiert mit zu geringer Auslastung. Wie kann das sein?

Für viele Angehörige meist älterer Menschen, die aus den verschiedensten Gründen nicht mehr richtig fit sind und auch nicht mehr alleine bleiben können, ist sie eine echte Entlastung: die Tagespflege. Die dort tagsüber versorgten Gäste erwartet ein vielfältiges Angebot in netter Gemeinschaft und mit fachkundiger Betreuung. Und die Angehörigen haben so die Möglichkeit, auch einmal etwas für sich zu tun oder dringende Termine wahrzunehmen, ohne in Sorge darüber zu sein, was in der Zwischenzeit zu Hause mit dem oder der Betreuten passieren könnte.

Für einige Menschen dürfte daher die Ankündigung des Arbeiter-Samariter-Bunds, das Angebot der Tagespflege in der Oscar-Walcker-Straße in Ludwigsburg zum 30. Juni zu beenden, ein harter Schlag sein. Der Grund: Man arbeite stark defizitär, heißt es vom ASB. Seit der Corona-Pandemie kämen im Schnitt nur noch 16 bis 18 statt 25 möglicher Gäste. Im letzten Jahr seien deshalb rund 50 000 Euro Verlust gemacht worden. Auch in absehbarer Zeit deuteten die Landeswerte im Bereich der Tagespflege nicht auf die für einen wirtschaftlichen Betrieb nötige 98-prozentige Auslastung hin.

Andere Anbieter berichten von sehr guter Auslastung

Andere Anbieter im Landkreis Ludwigsburg sind über diese Aussagen verwundert. Auslastungsprobleme, so das Resultat einer kurzen Umfrage, gibt es bei ihnen nicht – mit Ausnahme des Kleeblatt-Tagespflegeangebots in Hemmingen. Hier sind laut Geschäftsführer Stefan Ebert noch einige Plätze frei, in Sachsenheim, Markgröningen und Löchgau sei die Auslastung hingegen sehr gut.

Beim Krankenpflegeverein Asperg wird sogar schon eine Warteliste geführt, bei der Diakoniestation Remseck steht man kurz davor, und auch beim Tagespflegeangebot der evangelischen Heimstiftung in Bietigheim-Bissingen gab es vorübergehend eine solche Liste.

Tagespflege wird von den Kassen zusätzlich bezahlt

Marcel Drometer, der Pflegedienstleiter beim Krankenpflegeverein Asperg, räumt ein, dass sich das Angebot am Anfang nicht gerechnet habe. Seit einer Gesetzesänderung vor einigen Jahren habe sich das aber verbessert. Denn die Krankenkassen hätten das Budget quasi verdoppelt. Nun müsse man als Angehöriger nicht mehr entscheiden, ob das Geld für die Körperpflege oder die Tagespflege eingesetzt werde. So könne man morgens und abends vom ambulanten Pflegedienst versorgt werden, dazwischen sei man in der Tagespflege, und für beides gebe es den vollen Betrag. Der Grund dafür liegt auf der Hand: „Bei vielen Patienten wäre man ohne die Tagespflege im vollstationären Bereich“, so Drometer. Und der kommt die Kassen deutlich teurer.

Sowohl in Asperg als auch in Kornwestheim hätten schon Interessenten wegen der angekündigten Schließung der Ludwigsburger Tagespflege nach freien Plätzen gefragt, ist von dort zu hören, auch beim Kleeblatt gab es Anfragen. Dort mussten einige aber wegen einer zu großen Entfernung abgelehnt werden, sagt Stefan Ebert. Denn dann rechnet sich der Fahrdienst nicht – ein Grund, warum auch Asperg und Kornwestheim keine Alternative sind. Die einzige Lösung wäre, wenn die jeweiligen Gäste privat gebracht und auch wieder abgeholt würden.

Der ASB sei zu wählerisch, ist zu hören

Es war aber auch Unverständnis für die Entscheidung des ASB zu hören. „Das ist echt traurig, die Angehörigen sind sehr in Not“, sagt Kunigunde Elsas von der kirchlichen Sozialstation in Kornwestheim. Von mehreren Seiten hieß es zudem, der ASB lehne ja auch immer wieder Kunden ab, vorwiegend solche mit anspruchsvolleren Demenzen, zu denen eine „Hinlauftendenz“ gehöre.

Seitens des ASB war dazu trotz mehrfacher Nachfrage bis Redaktionsschluss keine Stellungnahme zu bekommen. Auch nicht dazu, in welchem Ausmaß es für die Schließung des Angebots eine Rolle spielt, dass die bislang für die Tagespflege genutzten Räumlichkeiten dringend für den Rettungsdienst des ASB benötigt werden und andere bezahlbare Räumlichkeiten nicht gefunden werden konnten.

Bei der Kleeblatt-Tagespflege würden nur aggressive Gäste oder bettlägerige Patienten abgelehnt, betont Stefan Ebert. Hinlauftendenzen seien wegen der engmaschigen Betreuung hingegen kein Problem. Und auch Britta Joost von der Diakonie Remseck sagt: „95 Prozent unseres Klientels sind dement. Wir lehnen nicht von vornherein ab, sondern probieren es aus, ob es geht.“

Tagespflege im Landkreis Ludwigsburg

Verfügbarkeit
 In insgesamt 19 Gemeinden im Landkreis gibt es eine Tagespflege. Zum Teil ist diese an ein Pflegeheim angegliedert, zum Teil handelt es sich um eine sogenannte solitäre Tagespflege. Wenn sie an ein Pflegeheim angegliedert ist, muss man nicht ganz so scharf kalkulieren, sagt etwa Helmut Wiedenhöfer vom Seniorenstift Marbach. In der Stadt Ludwigsburg ist der ASB der einzige Anbieter, in Bietigheim-Bissingen, Kornwestheim und Ditzingen dagegen gibt es je drei , in Remseck und Vaihingen an der Enz jeweils zwei.

Was ist Tagespflege?
 Menschen, die nicht mehr ganz fit sind, aber nicht bettlägerig, werden zu Hause abgeholt, in den Einrichtungen von Fachpersonal betreut und am späten Nachmittag wieder heimgefahren. Es gibt viele gemeinsame Aktivitäten wie beispielsweise Spaziergänge, Gymnastik, Gedächtnistraining oder Gesellschaftsspiele. Die Kosten werden von den Pflegekassen getragen.