Ein Afrikanischer Löwe: Das majestätische Raubtier könnte bis Ende dieses Jahrhunderts ganz ausgestorben sein. Foto: imago/byrdyak

Zum Verhängnis wird den Großkatzen die zunehmende Einschränkung ihrer Lebensgebiete. Dazu kommen der Rückgang ihrer Beutetiere und nicht zuletzt die Begegnungen mit Menschen.

Die Zahl der wilden Löwen Afrikas hat sich in den vergangenen zwanzig Jahren fast halbiert: Das majestätische Raubtier könnte bis Ende dieses Jahrhunderts ganz ausgestorben sein. In einer von der britischen Oxford-Universität und der südafrikanischen Endangered Wildlife Trust (EWT) in Auftrag gegebenen Studie fanden Naturschützer heraus, dass es in Afrika heute nur noch rund 23 000 Löwen gibt, verteilt auf 25 Länder.

Zum Verhängnis droht den Großkatzen die zunehmende Einschränkung ihrer Lebensgebiete zu werden. Dazu kommen der allmähliche Rückgang ihrer Beutetiere und nicht zuletzt die Begegnungen mit Menschen, die in der Regel für die wilden Löwen und nicht für die Menschen tödlich enden. In den vergangenen drei Raubtier-Generationen – insgesamt 21 Jahre – sei die Lebensgrundlage des Königs der Tiere in der Fläche um mehr als ein Drittel geschrumpft, teilte EWT-Forscherin Samantha Nicholson in Johannesburg mit: „Das ist die größte Einschränkung, mit der eine Tierart bisher fertig werden musste.“

Am schlimmsten geht es den Löwen in Westafrika

In ihrer Studie seien erstmals sowohl ökologische wie soziopolitische Faktoren berücksichtigten worden, fügte Nicholson hinzu: Auch der Einfluss von Korruption, Armut und politisch motivierter Gewalt sei berücksichtigt worden. Über ganz Afrika verteilt wurden noch 62 Löwen-Populationen gefunden, fast die Hälfte von ihnen zählt weniger als 50 Tiere. Nur in drei großen Territorien leben noch mehr als tausend der Raubkatzen.

Ihre Lage ist über den Kontinent verteilt äußerst unterschiedlich. Am schlimmsten geht es ihnen in Westafrika: Dort leben nur noch 250 Exemplare der Unterart Panthera leo leo, die akut vom Aussterben bedroht sind. Die meisten von ihnen halten sich im 32 000 Quadratkilometer großen Schutzgebiet W-Arly-Pendjar auf. Das liegt zwischen Burkina Faso, dem Niger und Benin, wohin sich auch islamistische Extremisten zurückzuziehen pflegen. Deren Präsenz mache den Naturschutz noch gefährlicher und komplizierter, meint die Expertin Nicholson.

Zuversichtlich stimmt die Situation im südlichen Afrika

Dass das Aufeinandertreffen von Mensch und Löwe nicht immer tödlich verlaufen muss, zeigt indessen das Beispiel Tansania, wo insgesamt mehr als 8000 Raubkatzen leben – mehr als in jedem anderen afrikanischen Land. Der ostafrikanische Staat weist auch die größte Zahl von Menschen auf, die in einem von Löwen bevölkerten Gebiet leben. „Mit richtiger Vorbereitung und Begleitung können Konflikte zwischen Menschen und Löwen verhindert werden“, erklärt Nicholson dazu.

Zuversichtlich stimmt die Situation im südlichen Afrika, wo die Wildparks im Gegensatz zum Rest des Kontinents eingezäunt sind. Vor allem in Südafrika ist die Zahl der Raubtiere stabil oder sogar steigend: Hier streunen mehr als 3000 Exemplare durch die Reservate. Zunehmend kommt es am Kap der Guten Hoffnung allerdings auch zur Wilderei: Die Löwen werden für ihre Knochen, ihre Klauen und Zähne und ihr Fell erlegt. Noch schlimmer wirkt sich die Trophäenjagd aus, die im südlichen Afrika erlaubt ist. Die Einnahmen aus dem umstrittenen „Sport“ seien für die Kompensation der Kosten zum Schutz der Tiere nötig, so lautet die Begründung.

Löwenschutz braucht bis zu drei Milliarden Dollar

Rechnerisch seien für den Schutz der Raubtiere in ganz Afrika bis zu drei Milliarden Dollar nötig, heißt es in der Studie. Für einen Quadratkilometer umzäuntes Parkgebiet fallen jährlich 500, in nicht umzäunten Reservaten 200 Dollar an. Ohne Einnahmen aus der Trophäenjagd reichen die zur Verfügung stehenden Mittel selbst im südlichen Afrika bei Weitem nicht aus.

Die Nichtregierungsorganisation World Animal Protection schlägt deshalb vor, eine Abgabe für alle Besucher der Region zu erheben. Bei einer Umfrage hätten sich 85 Prozent von fast tausend Befragten bereit erklärt, eine Abgabe von täglich rund fünf Dollar zu entrichten. In diesem Fall wäre die Region nicht mehr so sehr auf die Trophäenjagd als Einnahmequelle angewiesen.

Sterilisiert und bis zum natürlichen Tod durchgefüttert?

Außer den rund 3000 wilden Löwen gibt es in Südafrika noch schätzungsweise 7500 Raubkatzen, die auf mehr als 500 Farmen gezüchtet und in kleinen Gehegen gehalten werden. Auch sie wurden bisher für die Trophäenjagd herangezogen. Ihre Knochen werden pulverisiert und nach Südostasien verkauft. Dort brüht man das Pulver als Tee auf und trinkt ihn als Medizin und Potenzmittel. Im vergangenen Jahr beschloss Südafrikas Regierung, diese sogenannte Dosen-Jagd zu verbieten.

Noch immer ist allerdings unklar, was mit der großen Zahl der in Gefangenschaft geborenen Raubkatzen geschehen soll. Ausgewildert können sie nicht werden, weil ihnen die zum Überleben nötigen Fähigkeiten fehlen. Auch eine Masseneuthanasie kommt kaum infrage. Am wahrscheinlichsten ist, dass sie sterilisiert bis zu ihrem natürlichen Tod auf Staatskosten durchgefüttert werden. Auch das ist kein angemessenes Ende für die Könige der Tiere.

Trauriges Beispiel in Äthiopien

Maze National Park
 Die heikelste Lage fanden die Forscherinnen und Forscher im südwestlich der äthiopischen Hauptstadt Addis Abba gelegenen Maze National Park vor. Dort leben auf 200 Quadratkilometer verteilt gerade noch neun Löwen.

Viehhirten
 Diese Raubkatzen geraten ständig mit Viehhirten in Konflikt, die dort illegal ihre Rinder weiden. Der Park verfügt lediglich über einen Wildhüter und zehn Scouts, die sich ein Motorrad teilen müssen.