Joachim Kühn und Michael Wollny (re.) Foto: ACT

Ihr Spiel wird eins: Die beiden Klaviervirtuosen Joachim Kühn und Michael Wollny haben beim Jazzlabel ACT ein Duo-Album veröffentlicht.

Der Jazzpianist Joachim Kühn wird am 15. März achtzig Jahre alt. Sein Geburtstag ist sechs Tage nach dem von Johann Sebastian Bach und sechs Tage vor dem der Improvisationsikone Ornette Coleman. Mittendrin. Beide Musiker sind für Joachim Kühn von großer Bedeutung: Er wurde einst in der Leipziger Thomaner-Kirche konfirmiert, hat 2002 mit dem Thomanerchor Bach-Motetten aufgenommen, und er hat als begnadeter Jazzpianist mit dem Harmolodics-Saxofonist Coleman jahrelang gespielt, weit über hundert Stücke mit ihm aufgenommen und – „One Two Free“ - sechzehn gemeinsame Konzerte gegeben.

Michael Wollny, auch er ein herausragender Jazzvirtuose an den Tasten, der in Leipzig eine Professur innehat, ist vierunddreißig Jahre jünger als Kühn und gibt zu Protokoll: „Klavier spielen heißt für mich immer beides: improvisieren und Bach spielen.“ Wollny, einer der besten Jazzpianisten weltweit, ist – wie Kühn – ein wunderbarer Improvisator mit ebenso großer Affinität zu Bach.

Einer beflügelt den anderen

Da beide Klaviervirtuosen beim renommierten Jazzlabel ACT unter Vertrag sind, lag es nahe, ein Duo-Album aufzunehmen. Am 23. Januar vor einem Jahr traten Joachim Kühn und Michael Wollny in der Alten Oper Frankfurt auf. Das nach einem Jahr erscheinende Album dokumentiert dieses Konzert. Das Publikum hatte sich der Musik hingegeben und war völlig begeistert.

Es lauschte zwei improvisierenden Pianisten, die empfindsam aufeinander hören und sich Zeit füreinander nehmen. Deren Virtuosität drängt sich nicht auf, sie entsteht behutsam aus der Stille. Einer beflügelt den anderen und lässt sich davontragen ins Freie der Improvisation. Wenn die beiden an zwei Steinway-Flügeln einander gegenübersitzen, wird ihr Spiel manchmal so sehr eins, dass es kaum mehr möglich ist, den einen vom anderen zu unterscheiden.

Wie gläserne Murmeln

Joachim Kühn hatte nach seinem melodiösen Balladenalbum „Touch the Light“ wieder Lust, wildere Klangräume zu betreten, radikal, aber nicht planlos. Michael Wollny, der über das Klavierspiel Kühns seine Diplomarbeit geschrieben hatte, ist ein kongenialer Partner. „Seele spricht zu Seele“, wie Berthold Auerbach das formuliert hat. Das trifft zu auf diesen Duo-Jazz, der Formwillen und Offenheit in Einklang bringt. Ob die kristallklaren Klänge wie gläserne Murmeln herunterpurzeln oder bei melodiösen Legatopassagen wie ein samtener Teppich Wärme ausstrahlen – immer leuchtet die Musik der beiden Virtuosen und bereitet nicht nur Jazzfans Freude. Gemeinsam spannen Joachim Kühn und Michael Wollny einen Bogen über ihre Eigenkompositionen zu „Somewhere“ von Ornette Coleman hin zum abschließenden Requiem für Joachim Kühns Bruder Rolf, der vor zwei Jahren gestorben ist.

Mit diesem Album startet das Label ACT eine Kooperation mit dem Grand-Cru-Erzeuger Palmer aus Bordeaux. Martin Luther hätte das in seiner Zeit so kommentiert: „Wer nicht liebt Wein, Weib und Gesang, der bleibt ein Narr sein Leben lang.“ Musiker mit Weinbergen wie die Herren Sting, Cliff Richard oder Bob Geldof würden das wohl unterschreiben.

Duo – Joachim Kühn und Michael Wollny, ACT