Die S-Bahn fährt erst seit Anfang der 1990er Jahre bis nach Herrenberg. Foto: Stefanie Schlecht

2023 feiert der Landkreis Böblingen in seiner jetzigen Form das 50-jährige Bestehen. Was ist seit der Neugründung alles geschehen? Welche Themen standen im Fokus?

Die Gebietsreform im Jahr 1973 kürzte die Anzahl der Landkreise von 63 auf 35 in Baden-Württemberg. Auch die Grenzen des Kreises Böblingen veränderten sich enorm. Vor allem kam der größte Teil des aufgelösten Landkreises Leonberg kam dazu – trotz großer Proteste aus dem Leonberger Raum. Zudem gesellten sich vom Landkreis Calw die Gemeinden Dachtel (bereits 1971 durch Eingliederung in die Gemeinde Aidlingen) und Deckenpfronn hinzu; 1975 fielen zudem die Stadt Leinfelden und die Gemeinde Musberg weg.

Neue Schularten entstehen

Welche Themen standen im „neuen“ Landkreis Böblingen im Fokus? Zum Beispiel der weitere Ausbau der Sonder- und Berufsschulen. Es entstanden neue Schularten, darunter technische, kaufmännische sowie haus- und ernährungswissenschaftliche Gymnasien, Berufskollegs und Berufsfachschulen. Ebenfalls wurden Sonderschulen eingerichtet und ausgebaut.

Ein weiteres Kernthema des neu gegliederten Landkreises: Den Umgang mit Müll zu verändern. Es kamen Wertstoffhöfe auf; Kleinsortieranlagen gewannen Wertstoffe aus Gewerbemüll; ein Kompostwerk und eine Vergärungsanlage wurden errichtet.

Der neu gebildete Landkreis mit damals 286 000 Einwohnern musste der wirtschaftlichen Dynamik mit großen Pendlerströmen und überdurchschnittlichem Bevölkerungswachstum durch den Ausbau der Verkehrswege gerecht werden. Neben der Einrichtung eines leistungsfähigen ÖPNV stand zunächst der Ausbau der A 81 sowie der Ausbau des übrigen Straßennetzes an.

Die S-Bahnen verändern im Kreis Böblingen viel

Die S-Bahnen erreichten die Region: 1978 wurde die S 6 von Stuttgart-Schwabstraße nach Weil der Stadt in Betrieb genommen, 1985 die S 1 von Stuttgart nach Böblingen und 1992 die Weiterführung der S 1 von Böblingen nach Herrenberg. 1996 gelang mit der Reaktivierung der Schönbuchbahn von Böblingen nach Dettenhausen ein großer Wurf. Seit 1999 fährt zudem die Ammertalbahn wieder von Herrenberg nach Tübingen. Schließlich gelang auch noch die Reaktivierung der Rankbachbahn – als S 60 im Jahr 2010, zunächst von Böblingen nach Maichingen, und 2012 mit der Weiterführung nach Renningen.

Auch soziale Themen stehen beim Landkreis Böblingen an. Ein Erfolgsmodell sind die HASA-Hauptschulabschlusskurse. Dort können Menschen jeden Alters innerhalb eines Jahres den Hauptschulabschluss nachholen – ein Alleinstellungsmerkmal im Kreis Böblingen, denn die HASA ist bundesweit die einzige Schule, die von einem Jugendamt getragen wird. In gut 40 Jahren HASA steht die Bilanz von über 2000 Hauptschulabschlüssen – und hinter jedem steckt eine schwierige Biografie und ein individueller Erfolg.

Die Landratsämter wuchsen mit der Zeit erheblich. 1994/95 kamen die Gesundheitsämter, die Ämter für Wasserwirtschaft und Bodenkultur sowie die Ämter für das Veterinärwesen hinzu. Mit der Verwaltungsstrukturreform 2005 wurden zudem die Aufgaben der Flur- und Landentwicklung sowie des Vermessungswesens, der Forst- und Landwirtschaftsverwaltung, des Entschädigungsrechts, der Straßenbauverwaltung mit Straßenmeistereien und weitere eingegliedert.

Bevölkerung um 40 Prozent gewachsen

Heute ist der Landkreis Böblingen der siebtgrößte Kreis in Baden-Württemberg und steht auf Platz vier beim Bevölkerungswachstum. Seit den 1970er-Jahren ist die Zahl der Einwohner um 40 Prozent gestiegen. Im aktuellen Zukunftsatlas des Analyseunternehmens Prognos belegt der Kreis Platz eins in Baden-Württemberg und Platz sechs bundesweit.

Die Studie bescheinigt die wirtschaftliche Zukunftsfähigkeit des Landkreises. Man punktet mit dem guten Zusammenspiel der Unternehmen in der Region, der kommunalen Wirtschaftsförderungen sowie den Bildungseinrichtungen – und das genau 50 Jahre nach seiner Neugründung.

Das Kreisarchiv
hat zum Landkreisjubiläum mehrere historische Artikel verfasst, die wir in einer kleinen Serie komprimiert wiedergeben. Dies ist der dritte und letzte Teil.